Die juristische Presseschau vom 18. Dezember 2012: Debatte um Videoüberwachung – EuGH ermahnt BVerfG – Verteidiger für Zschäpe benannt

18.12.2012

Nach dem Bombenanschlag in Bonn melden sich Befürworter und Gegner einer Ausweitung der Videoüberwachung zu Wort. Außerdem in der Presseschau: Neues Polizeigesetz für Sachsen-Anhalt, Kampf gegen die kommerzielle Hilfe zur Selbsttötung, EU-Finanzmarktregulierung, Beate Zschäpes Verteidiger und wieso ein Arbeitgeber im Arbeitszeugnis kurz angebunden sein darf.

Debatte um Videoüberwachung: Nach dem Bombenanschlag in Bonn plädieren Bundesinnenminister Friedrich und der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, für eine Ausweitung von Videoaufzeichnungen auf Bahnhöfen, berichtet die SZ (Daniela Kuhr). Ulrich Lepper, der nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte, halte dies dagegen nicht für erforderlich. Unterstützung, so die FAZ (Peter Carstens), erhalte Friedrich vom Bund Deutscher Kriminalbeamter, während Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger die existierenden gesetzlichen Grundlagen für ausreichend halte.

Die taz (Christian Rath) zeigt an ausgewählten Beispielen, wie unterschiedlich die Videoüberwachung geregelt ist. Die Bahn zeichne nur auf, wenn sie von der Bundespolizei entsprechend beauftragt werde.

Ulrike Winkelmann (taz) spricht sich für eine Ausweitung der Überwachung aus, da sie zur Aufklärung von Straftaten diene. Christian Jakob (taz) lehnt eine Ausweitung ab, da dadurch Persönlichkeitsrechte verletzt würden. Steffen Hebestreit (FR) kritisiert die reflexhafte Debatte, stellt fest, dass Kameras keine Straftaten verhindern, bestätigt aber ihre Brauchbarkeit beim Auffinden der Täter.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Polizeigesetz Sachsen-Anhalt: Der Entwurf für das neue Polizeigesetz von Sachsen-Anhalt sieht vor, dass die Polizei nach eigenem Ermessen die Kommunikation über Handys und drahtlose Netzwerke unterbinden dürfen soll. Darüber berichten die SZ (Jan Bielicki) und die FR (Jennifer Zimmermann).

Heribert Prantl (SZ) meint, es sei besonders dreist, wenn der Gesetzesentwurf behaupte, mit dieser Maßnahme werde nicht in Grundrechte eingegriffen, weshalb ein Richtervorbehalt nicht erforderlich sei: "Das geschundenste Grundrecht in Deutschland ist der Artikel 10."

Pseudonyme bei Facebook: Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein hat eine Verfügung erlassen, die es Facebook-Nutzern aus diesem Bundesland ermöglichen soll, sich unter Pseudonym bei diesem sozialen Netzwerk anzumelden. Darüber berichtet zeit.de (Kai Biermann). Das ULD berufe sich dabei auf § 13 des deutschen Telemediengesetzes, demzufolge Nutzer Dienste unbeobachtet nutzen dürften. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein US-Portal wie Facebook unbeanstandet und ohne Aussicht auf ein Ende gegen deutsches Datenschutzrecht verstoße, so Thilo Weichert, der Leiter des ULD.

Überwachung von Cloud-Daten: netzpolitik.org (Matthias Monroy) berichtet über Bestrebungen der Bundesregierung, die technischen und juristischen Voraussetzungen für den Zugriff auf Daten in der Cloud zu schaffen. Wie aus einer Antwort auf eine Anfrage von SPD und Linkspartei im Bundestag hervorgehe, seien das Zollkriminalamt (ZKA) und das Bundesamt für Verfassungsschutz im Rahmen internationaler Arbeitsgruppen mit der Ausforschung von Cloud-Daten befasst. Gemeinsam mit der Bundesnetzagentur seien die Behörden im "European Telecommunications Standards Institute" (ETSI) organisiert. ETSI betreibe zur Telekommunikationsüberwachung zwei eigene Arbeitsgruppen, wobei dem "Technischen Komitee Lawful Interception" Behörden ihren Bedarf für Abhörtechnologie vortragen könnten.

Kritik am Rundfunkbeitrag: In einem Gastbeitrag für die FAZ kritisiert Ermano Geuer den neuen Rundfunkbeitrag, der zum 01.01.2013 eingeführt wird. Geuer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Passau und hat vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen den neuen Rundfunkbeitrag geklagt.

Kommerzielle Beihilfe zur Selbsttötung: In einem Gastbeitrag für lto.de kritisiert Rechtsprofessor Frank Saliger, einer der Gutachter im Rechtsausschuss des Bundestages, den Gesetzentwurf, mit dem die kommerzielle Hilfe zur Selbsttötung kriminalisiert werden soll als "symbolisches Strafrecht".

EU-Finanzmarktregulierung: Im Handelsblatt-Rechtsboard erläutert Rechtsanwalt Markus Lange die Standpunkte des Europaparlaments zu den Plänen für eine Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID2) sowie die ergänzende, unmittelbar anwendbaren Verordnung (MiFIR), die unter anderem den Hochfrequenzhandel regeln sollen.

EU-Gesellschaftsrecht: In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt diskutiert Rechtsprofessor Klaus J. Hopt den von der EU-Kommission vorgestellten Aktionsplan "Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance" und zeigt sich positiv überrascht vom Mut der politisch Verantwortlichen.

Steuerabkommen Schweiz: In einem Gastbeitrag für die FAZ weist Rechtsanwalt Karsten Randt darauf hin, dass die besondere Herausforderung bei einem Steuerabkommen mit der Schweiz die Regulierung der Vergangenheit sei. Ziel müsse es sein, dem Steuersünder keine überproportionale, sondern eine ausgewogene Privilegierung unter Berücksichtung der sich verändernden Rechtsprechung und Auffassung des Gesetzgebers zukommen zu lassen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. Dezember 2012: Debatte um Videoüberwachung – EuGH ermahnt BVerfG – Verteidiger für Zschäpe benannt . In: Legal Tribune Online, 18.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7812/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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