Die juristische Presseschau vom 17. September 2014: Maas und der Google-Algorithmus – Keine Eilbedürftigkeit bei Uber – Fehlende Übersetzungen bei EU-Dokumenten

17.09.2014

Recht in der Welt

EGMR zu Meinungsfreiheit im Plenarsaal: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass auch und gerade im Plenarsaal die Meinungsfreiheit gilt. Grundlage war ein Ordnungsgeld, welches der ungarische Parlamentspräsident Mitgliedern der Opposition auferlegte, die ihre ablehnende Haltung der Regierungspolitik gegenüber im Plenarsaal auf Transparenten kund taten. Maximilian Steinbeiß (verfassungsblog.de) berichtet und sieht einen möglichen Einfluss auf Ordnungsmaßnahmen im deutschen Bundestag.

USA – Schadensersatz für Prozess-Trittbrettfahrer: Der Bundesverband Deutscher Industrie, die American Chamber of Commerce in Germany und ihre jeweiligen Britischen Pendants unterstützen mit einem sogenannten Amicus-Brief ("Schriftsatz eines Freundes") den britischen Ölkonzern BP im Prozess vor dem US Supreme Court. Der Konzern klagt, weil von der Entschädigung, die im Vergleichswege im Schadensersatzprozess wegen des "Deepwater Horizon"-Unglücks 2010 gezahlt wurden, Teile auch Klägern zugesprochen wurden, die selbst nicht betroffen waren. Eine solche Ausweitung der Schadenshaftung wollen auch die Freunde aus der Deutschen und Britischen Wirtschaft unbedingt verhindern. Das Handelsblatt (Jürgen Flauer/Carsten Herz/Thomas Jahn) berichtet.

USA – Klage gegen Deutsche Bank: Der US-Bundesstaat Virginia verklagt die Deutsche Bank, weil sie 2004 dem staatlichen Rentenfonds Wertpapiere verkauft habe, die mit stark ausfallbedrohten Immobilienkrediten abgesichert gewesen seien. Das meldet spiegel.de.

Schweiz – Vaterschaftsurlaub: Rechtswissenschaftlerin Irene Grohsmann (juwiss.de) spricht sich für eine gesetzliche Verankerung von Vaterschaftsurlaub in der Schweiz aus. Dass dieser bisher nur Müttern zustehe, stehe nicht nur im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Auch in der Schweizer Verfassung bestehe ein Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Eine solche aber stelle es dar, wenn nur der Mutter Zeit zum ersten Bindungsaufbau mit dem Kind gewährt werde. Auch die Durchbrechung tradierter Geschlechterrollen sei im Sinne dieser Vorschrift.

Belgien – Todesstrafe auf Verlangen? Die Erlaubnis Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu dürfen, die einem wegen Mordes und Vergewaltigung lebenslänglich in Haft sitzenden Belgier erteilt wurde, ist laut SZ und FAZ (Michael Stabenow) harscher Kritik ausgesetzt. Der Betroffene habe zunächst versucht psychiatrische Hilfe durch Verlegung in eine Spezialklinik in den Niederlanden zu erlangen. Dass er nunmehr mangels Behandlungsmöglichkeit die Flucht in den Tod suche, berge die Gefahr einer Einführung der Todesstrafe durch die Hintertür warnt der Vorsitzende der Belgischen Sterbehilfe-Kommission Wim Distelmans.

Schottland – Perspektiven für Anwälte: Auf lto.de schreibt Rechtsprofessor André Niedostadek zur Rolle der Anwaltschaft in der Auseinandersetzung um die Schottische Unabhängigkeit. Er reißt die unterschiedlichen Rechtssysteme im Vereinigten Königreich an, in welchem das Schottische auch kontinentaleuropäisch geprägt ist. Er stellt die Positionen der Anwälte vor, die sich einen Vorteil von der Unabhängigkeit versprechen – bisher werde "der eigentliche Kuchen im fernen London verteilt" – und jener, die ihren Arbeitsmarkt insbesondere durch Unternehmensabwanderung eher gefährdet sehen. Jedenfalls aber blieben für die Juristen die offenen Rechtsfragen zur Umsetzung der Unabhängigkeit zu klären.

Sonstiges

Mangelnde Übersetzung von EU-Dokumenten: Die FAZ (Reinhard Müller) schreibt zu Forderungen Deutscher Politiker nach mehr Übersetzungen von EU-Dokumenten ins Deutsche. Viele Dokumente, ohne deren Kenntnis kein informierter Standpunkt eingenommen werden könne, fehlten. Ausschüsse hätten deshalb schon mehrfach keine Stellungnahmen abgegeben. Das sei auch nicht nur für die deutsche Sprache der Fall und gefährde die Mitwirkung nationaler Parlamente an europäischer Gesetzgebung.

Studie zu Datenschutzerklärung bei Apps: Datenschutzerklärungen bei Apps sind unzutreffend, unverständlich und ungenau. Dies stellt eine Studie des Global Privacy Enforcement Networks fest. 85 Prozent klärten nicht hinreichend auf. Deutsche Betreiber verstoßen damit gegen §§ 13 und 15 des Telemediengesetzes und können mit Bußgeldern belegt werden. Bayern hat dies laut lto.de bereits eingeleitet.

Offenlegung von Rückkehroptionen: Vor dem Hintergrund des Falles der ehemaligen Schleswig-Holsteinischen Wissenschaftsministerin Wara Wende setzt sich Rechtswissenschaftlerin Anna von Notz (verfassungsblog.de) mit der Rückkehroption verbeamteter Politiker auseinander. Sie schildert, warum es im Fall Wende nicht um eine solche Rückkehroption geht und spricht sich für eine Offenlegungspflicht für Rückkehroptionen aus, die gesetzlich weitgehend nicht unmittelbar bestehe, im Gegensatz zu Offenlegungspflichten nicht verbeamteter Politiker.

Das Letzte zum Schluss

Google ist noch kein Cellophan: Im Gegensatz zu anderen Marken, die zu generischen Begriffen geworden sind, wie Cellophan, Thermos oder in einigen Ländern Aspirin, hat Google durch die Nutzung des Verbs "to google" wie die in Deutschland "googeln" seine Markenrechte (noch) nicht verloren entschied ein US-Amerikanisches Gericht laut heise.de. Das generische Nutzung als Verb lasse noch eine Trennung von der spezifischen Marke zu.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/krü

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. September 2014: Maas und der Google-Algorithmus – Keine Eilbedürftigkeit bei Uber – Fehlende Übersetzungen bei EU-Dokumenten . In: Legal Tribune Online, 17.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13203/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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