Die juristische Presseschau vom 17. Juni 2014: Rechtspolitisches WM-Fieber - Gebührenschneiderei mit Hartz IV - Argentinische Schulden in den USA

17.06.2014

Die Fußball-WM erweist sich als günstiger Zeitpunkt für unpopuläre Maßnahmen. Außerdem in der Presseschau: neue Abstimmungsregeln bei der EZB, Elbvertiefung vor dem BVerwG, Abschlussverfügung im Fall Fitschen, gebührenschneidende Hartz-IV-Anwälte, britische Skilehrerlizenz in Frankreich, Argentiniens Schulden und CR7 als Marke.

Thema des Tages

WM: Die allgemeine Fußballbegeisterung lädt Regierende immer wieder dazu ein, im Windschatten einer Weltmeisterschaft quasi unbemerkt unpopuläre Maßnahmen durchzubringen. So wurde 2006 die Mehrwertsteuererhöhung beschlossen, 2010 der Anstieg der Krankenkassenbeiträge. Das auch die jetzigen, durch Brasilien 2014 geprägten Wochen von der Regierungskoalition eifrig zu diesem Zweck genutzt werden, belegt die Welt (Mathias Kamann u.a.) mit mehreren Beispielen. So plane Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Vorstellung der Pkw-Maut für Anfang Juli, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) habe den vom Bundestag zu beschließenden Ankauf bewaffneter Drohnen auf Ende Juni terminiert. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) versuche derweil, die von ihm betriebenen Reform der Lebensversicherungen im Eiltempo umzusetzen. Und schließlich soll das neue Tätigkeitsfeld des vormaligen Kanzleramtsministers Ronald Pofalla an diesem Mittwoch vom Aufsichtsrat seines neuen Arbeitgebers, der Bahn AG, festgelegt werden.

Rechtspolitik

Gesellschaftsrecht: Ulrich Noack (Handelsblatt-Rechtsboard) berichtet über eine Veranstaltung des Instituts für Unternehmensrecht, auf der Rechtsprofessor Ulrich Seibert für das Bundesjustizministerium aktuelle Gesetzesvorhaben vorstellte. Als Beispiele werden Entwürfe etwa zur Frauenquote in Aufsichtsräten oder zur Vorstandsvergütung genannt.

Geheimdienste: In einem Kommentar zur NSA-Überwachungs-Affäre bezeichnet Hans Leyendecker (SZ) die Erklärungen eines "Teils des politischen Betriebs", die Verlautbarungen des Whistleblowers Edward Snowden seien nicht überprüfbar und man selbst besäße nur "Zeitungswissen," als entweder "puren Zynismus oder eine Kapitulation". Träfe diese Einschätzung zu, müsse die Bundesregierung als Dienstherr der deutschen Spionageabwehr die Konsequenzen ziehen. Sie wolle dies aber nicht, wie die "zum Teil noch ausgebaute Zusammenarbeit" von Verfassungsschutz und BND mit amerikanischen Diensten belege.

Google und Kartellrecht: In einem Kommentar zum laufenden Kartellverfahren der EU-Kommission gegen die Suchmaschine Google warnt Werner Mussler (FAZ) vor der Vermengung mit datenschutzrechtlichen Aspekten. Diese seien entgegen anders zu verstehender Wortmeldungen vieler Politiker mitnichten Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens. Dieses müsse klären, ob Google seine unstreitig marktbeherrschende Position tatsächlich missbrauche. Weiter sei zu fragen, ob sich diese Marktbeherrschung vergleichbar zum Internet Explorer von Microsoft statt durch Eingriffe der Wettbewerbsbehörde nicht viel eher durch die "Dynamik des Marktes" beseitigen lasse.

EZB: Mit dem Beitritt Litauens zur Währungsunion im kommenden Jahr tritt auch eine neue Abstimmungsregel für die Europäische Zentralbank (EZB) in Kraft. Stimmrechte im Rat der Bank würden künftig "rotieren," schreibt die FAZ (Philip Plickert) und berichtet über Kritik an dieser Regel, nach der auch der Chef der Bundesbank alle fünf Monate auf sein Stimmrecht verzichten müsse.

Nach Philip Plickert (FAZ) überschatte die jetzt im Streit stehende Regelung aus einer "Schönwetterphase" der Währungsunion vor gut zehn Jahren die ohnehin "krasse" Unterrepräsentation Deutschlands im EZB-Rat. Die Bundesregierung scheue vor einer Auseinandersetzung hierüber aber zurück, weil sie keine neue EU-Vertragsdebatte wolle. Claus Hulverscheidt (SZ) macht dagegen ein "fundamentales Missverständnis" jener Kritiker aus, nach denen der EZB-Rat als "Dachverband nationaler Partikularinteressen" diene. Stattdessen bedeute Währungsunion "den beinahe unwiderruflichen Ersatz nationaler Souveränität durch ein neu zu definierendes gemeinschaftliches Interesse".

Prostitution: Das Bundesfamilienministerium arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf, nach dem die Betreiber von Bordellen künftig gewerberechtlicher Aufsicht unterworfen werden sollen. Der Vorstoß diene der Bekämpfung von Zwangsprostitution, schreibt die taz (Christian Jakob). Eine Anhebung der Altersgrenze für die Ausübung von Prostitution sei dagegen in der Koalition umstritten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. Juni 2014: Rechtspolitisches WM-Fieber - Gebührenschneiderei mit Hartz IV - Argentinische Schulden in den USA . In: Legal Tribune Online, 17.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12278/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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