Die juristische Presseschau vom 17. April 2014: Kein Anspruch auf Ethik in der Grundschule – Ex-Minister Deubel verurteilt – Weniger Verurteilungen wegen Vergewaltigung

17.04.2014

Justiz

LG Koblenz zum Nürburgring-Prozess: Der Ex-Finanzminister von Rheinland-Pfalz Ingolf Deubel (SPD) ist vom Landgericht Koblenz wegen Untreue in 14 Fällen und wegen uneidlicher Falschaussage zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden. Im Verfahren ging es um die gescheiterte Privatfinanzierung des Freizeitparkbaus auf dem Gelände des Nürburgrings. Weil der Deal mit einem privater Investor platzte, musste das Land die Baukosten von 330 Millionen tragen, berichtet die FAZ (Thomas Holl). Deubel habe eigenmächtig Zahlungen vorgenommen und Steuergelder in Millionenhöhe gefährdet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Detlef Esslinger (SZ) hält Deubel zugute, dass er sich - im Unterschied zu vielen anderen Untreue-Tätern - nicht bereichert hat und nur an Selbstüberschätzung gescheitert ist. Arno Frank (taz) begrüßt das Urteil als harte Strafe, die zeige, dass sich "Verantwortung für finanzielle Debakel nicht einfach in Luft auflöst". Für Hannelore Crolly (Die Welt) lässt das Urteil moralisch ein "bitteres Gefühl zurück", weil Deubels damaliger Regierungschef, der ehemalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), unbeschadet davongekommen sei.

BFH zur Konzernbesteuerung im Insolvenzfall: lto.de stellt einen Beschluss des Bundesfinanzhofs im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor, wonach die umsatzsteuerrechtliche Organschaft ende, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Obergesellschaft und der angegliederten Gesellschaften eröffnet werde, weil ein Ausgleichsanspruch der Obergesellschaft nicht mehr durchgesetzt werden könne.

BFH zu Cum-Ex-Geschäften: Wie die SZ meldet, hat der Bundesfinanzhof in einem lange erwarteten Musterfall ein Urteil des Hamburger Finanzgerichts aufgehoben und den Fall zu erneuter Entscheidung zurückverwiesen. Die Begründung ist noch nicht bekannt. Es geht dabei um zweifelhafte Steuererstattungsgeschäfte mit Aktien.

OLG Hamm zum faktischen Überholverbot: Wer beim Überholen die zulässige Geschwindigkeit überschreitet, muss sich nicht automatisch einen Verstoß gegen das "faktische Überholverbot" vorhalten lassen, entschied das Oberlandesgericht Hamm. Laut lawblog.de (Udo Vetter) hatte ein Motorradfahrer geklagt, der bei überhöhter Geschwindigkeit einen Pkw überholt hatte und dabei von einem anderen erfasst worden war. Ein Verstoß gegen das faktische Überholverbot sei nur anzunehmen, wenn der Unfall bei Einhaltung der Geschwindigkeit hätte vermieden werden können.

OLG München – NSU-Prozess: spiegel.de (Gisela Friedrichsen) berichtet von der Vernehmung der Zeugin Jana J. im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Sie bewegte sich Ende der 90er-Jahre im Umfeld der Angeklagten und habe das Bild einer "geradezu unheimlich und unglaublich heilen rechten Welt" gezeichnet.

Die Zeit (Özlem Töpcu) bringt ein ausführliches Portrait der Strafverteidigerin Anja Sturm, die im NSU-Verfahren die Angeklagte und mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe vertritt. Die Autorin geht der Frage nach, welche Auswirkungen der Prozess nach knapp einem Jahr Verfahrensdauer auf die Anwältin gehabt hat.

LG München - Bernie Ecclestone: Am 24. April beginnt der Prozess gegen den Formel-1-Boss Bernie Ecclestone wegen Bestechung eines Amtsträgers und besonders schwerer Untreue. Die SZ (Christoph Giesen/Uwe Melichar) stellt den Hintergrund der Vorwürfe vor. Die Anklage gehe auf das Geständnis des früheren Bayern LB-Chefs Gribkowsky zurück, der angab, von Ecclestone 44 Millionen Euro Schmiergelder für den Verkauf von Landesbank-Anteile an der Formel I erhalten zu haben.

EuGH: Aus Anlass der Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung widmet sich Heinrich Wefing (Die Zeit) in einer ausführlichen Darstellung der wachsenden Rolle des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg. Er stellt die Zusammensetzung und Arbeitsweise des Gerichts vor und verweist auf die potenziellen Kompetenzverschiebungen im Verhältnis zum Bundesverfassungsgericht.

Selbstanzeigen: Die FAZ (Joachim Jahn) berichtet über eine gestiegene Zahl von Selbstanzeigen. Die von den Finanzministerien veröffentlichten Zahlen wiesen für das erste Quartal dreimal so viele Selbstanzeigen auf, als noch im Vorjahr. Das Strafverfahren gegen Ulli Hoeneß könne als Auslöser gesehen werden, jedoch werde auch der Druck von Seiten der Kreditinstitute höher.

Paralleljustiz: Die FAZ (Eckard Lohse, Zusammenfassung) beschreibt, wie CDU-Politiker und das Bundesjustizministerium versuchen, die von so genannten Friedensrichtern ausgeübte Paralleljustiz unter Einwanderern zu erforschen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. April 2014: Kein Anspruch auf Ethik in der Grundschule – Ex-Minister Deubel verurteilt – Weniger Verurteilungen wegen Vergewaltigung . In: Legal Tribune Online, 17.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11731/ (abgerufen am: 28.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen