Die juristische Presseschau vom 14. - 16. Juni 2014: Helm oder Freiheit - Maas für TTIP - grün und liberal

16.06.2014

Müssen Radler künftig Helm tragen, um vollen Schadensersatz zu bekommen? Das muss jetzt der BGH entscheiden. Außerdem in der heutigen Presseschau: Justizminister Heiko Maas (SPD) wirbt für das Freihandelsabkommen TTIP, die grüne Rechtspolitikerin Katja Keul will regulieren und trotzdem liberale Politik machen, fast jede zweite Hartz IV-Klage ist erfolgreich - und warum die Polizei nach einer missglückten Festnahme keinen Schadensersatz bekommt.

Thema des Tages

BGH - Helmpflicht für Radfahrer: Am kommenden Dienstag verhandelt der Bundesgerichtshof über die Frage, ob sich Radfahrer nach § 254 BGB ein Mitverschulden an ihren eigenen Kopfverletzungen vorwerfen lassen müssen, wenn sie ohne Fahrradhelm fahren. Grundlage ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig, das einer Radfahrerin, die von einer grob fahrlässigen Autofahrerin schwer verletzt wurde, den Schadensersatz um 20 Prozent kürzte, weil die Radlerin auf einen Helm verzichtete. Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) und der Focus (Petra Hollweg/Ansgar Siemens - Zusammenfassung) bringen Vorberichte.

Rechtspolitik

Maas zu TTIP: Justizminister Heiko Maas (SPD) wirbt im Interview mit der FAS (Ralf Bollmann/Inge Klöpfer)  für das geplante euro-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP. Das Abkommen sei eine "riesige Chance", das zu niedrigeren Preisen führen werde. Die Bundesregierung werde dafür sorgen, dass die Rechte der Verbraucher "an keiner Stelle" eingeschränkt werden. "Die Vereinigten Staaten und die EU dürfen in allen Bereichen die jeweils besten Standards behalten." Über kommunale Daseinsvorsorge und Kultur werde erst gar nicht verhandelt. Schiedsgerichte für Investorenschutz werde es nicht geben, wenn es nach der Bundesregierung geht. Am Ende müsse nicht nur das Europaparlament zustimmen, sondern auch die 28 nationalen Parlamente.

Grüne Rechtspolitik: Im Interview mit der taz (Christian Rath) erläutert die rechtspolitische Sprecherin der Grünen, Katja Keul, wie sich grüner Liberalismus von FDP-Politik unterscheidet: "Regulierung und Freiheit sind kein Widerspruch. Oft kann die Freiheit nur mit Hilfe des Staates gesichert werden." Konkret geht es um grüne Positionen zur organisierten Suizidhilfe, zu bloßstellenden Photos und zur Kontrolle der Prostitution.

Inklusion: Heribert Prantl (Montags-SZ) proklamiert im Leitartikel "ein Behindertengrundrecht: das Grundrecht auf Inklusion." Prantl folgert: "Inklusion verlangt eine Zeitenwende. Sie wird viel Geld kosten. Aber sie wird die Gesellschaft wunderbar verändern – wenn die Gesellschaft erkennt, dass Hilfebedürftigkeit keine Störung ist, sondern zum Menschsein gehört."

Mord: Die FAS (Julia Schaaf) schildert ausführlich den Anlass der geplanten Reform der Tötungsdelikte. "Es darf nicht sein, dass wir an einer so zentralen Stelle einen Straftatbestand haben, bei dem es immer wieder Umgehungsstrategien braucht, um zu adäquaten Urteilen zu kommen", zitiert sie die Strafrechtlerin Annette Grünwald.

Stalking: lto.de (Annelie Kaufmann) beschreibt einen Gesetzentwurf von Bayern und Hessen zur Verschärfung des Stalking-Paragraphen. "§238 StGB soll demnach von einem Erfolgs- in ein Eignungsdelikt umgestaltet werden. Das heißt, es soll nicht mehr darauf ankommen, ob die Tat eine schwere Beeinträchtigung verursacht hat. Stattdessen soll genügen, dass sie geeignet ist, dies zu tun."  Geschildert werden auch Therapiemöglichkeiten für Stalker.

Promillegrenze für Radfahrer: Der Verkehrsrechtler Dieter Müller referiert auf lto.de neue Untersuchungen zur Fahrtüchtigkeit alkoholisierter Radfahrer. Diese legten zwar keine Absenkung der Promillegrenzen durch die Rechtsprechung nahe, für sinnvoll hält Müller aber die Einführung eines neuen Ordungswidrigkeiten-Tatbestandes durch den Gesetzgeber.

Präsident der EU-Kommission: Im Verfassungsblog streiten zwei Rechtsprofessoren über die Wahl des Präsidenten der EU-Kommission. Matthias Kumm sieht eine rechtliche Verpflichtung des Rates, den Kandidaten vorzuschlagen, der als Spitzenkandidat die Europawahl gewonnen hat. Kenneth Armstrong bestreitet eine solche Verpflichtung nicht nur, sondern hielte ein derartiges Vorgehen des Rates (falls dieser dabei von einer Rechtspflicht ausgeht) sogar für rechtswidrig. Das Europäische Parlament, so Armstrong weiter, habe zwar ein Vetorecht für Vorschläge des Rates, dürfe dieses aber nicht so einsetzen, dass der Rat nur noch den vom Parlament favorisierten Kandidaten vorschlagen kann.

Verbraucherschutz: Am Freitag trat die Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie in Kraft, die zu zahlreichen Änderungen im BGB führte. Diese werden von lto.de ausführlich vorgestellt.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. - 16. Juni 2014: Helm oder Freiheit - Maas für TTIP - grün und liberal . In: Legal Tribune Online, 16.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12267/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen