Die juristische Presseschau vom 14. April 2015: Haftung im Internet – Fortsetzung im NSU-Verfahren – Vor-Urteil am FG Köln

14.04.2015

Justiz

BVerfG – Betreuungsgeld: Vor der am heutigen Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht anstehenden mündlichen Anhörung zur Verfassungsmäßigkeit des 2013 eingeführten Betreuungsgeldes fassen Beiträge der SZ (Wolfgang Janisch) und der FAZ (Dietrich Creutzburg/Joachim Jahn) die Argumente des klagenden Hamburger Senates zusammen. Gerügt werde zum einen die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, der sich auf eine Maßnahme der öffentlichen Fürsorge berufe. In materieller Hinsicht verstoße das Gesetz gegen den Gleichberechtigungs-Grundsatz. Die Bezieher seien fast ausschließlich weiblich. Faktisch würde so eine traditionelle Rollenverteilung verfestigt.

Die SZ (Constanze von Bullion) porträtiert zudem Ralf Kleindiek (SPD), Staatssekretär im Bundesfamilienministerium. Als Staatsrat in Hamburg hatte der Jurist die Verfassungsklage maßgeblich vorangetrieben, in seinem Amt falle ihm nun die Vertretung der beklagten Bundesregierung zu.

BGH zu Piraterie: Der Bundesgerichtshof hat die von einem verurteilten Piraten gegen seine Verurteilung durch das Landgericht Osnabrück eingelegte Revision verworfen. Die Verurteilung des Somaliers zu zwölf Jahren Haft wegen erpresserischen Menschenraubs und besonders schwerer räuberischer Erpressung bei dem Überfall auf den Tanker "Marida Marguerite" im Jahr 2010 ist damit rechtskräftig, meldet taz.de.

OLG München – NSU: Am heutigen Dienstag wird das Verfahren gegen Beate Zschäpe u.a. vor dem Oberlandesgericht München fortgesetzt, thematischer Schwerpunkt werden dabei die mutmaßlich von den männlichen Mitgliedern verübten Banküberfälle sein. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) fasst bisherige Zeugenaussagen zum Komplex zusammen. Das Gericht müsse zudem zu einem von der Verteidigung Zsschäpes erhobenen Widerspruch gegen eine Beweisverwertung entscheiden. Unter Umgehung des informationellen Trennungsgebotes habe der thüringische Verfassungsschutz unmittelbar vor dem Untertauchen des Trios dem Landeskriminalamt Amtshilfe geleistet, die bei einer Durchsuchung sichergestellten Schriftstücke dürften somit nicht verwertet werden.

LG Hamburg – Heinrich Maria Schulte: Das Handelsblatt (Gertrud Hussla) berichtet zum Plädoyer der Verteidigung im Verfahren gegen den früheren Chef des Investitionshauses Wölbern, Heinrich Maria Schulte, vor dem Landgericht Hamburg. Die Vertreter des wegen Veruntreuung von fast 150 Millionen Euro an Einlagen Angeklagten hätten dem Gericht unterstellt, an einer Wahrheitsfindung nicht interessiert gewesen zu sein, was sich etwa darin geäußert habe, dass dem Angeklagten keine einzige Frage gestellt worden sei. Die Staatsanwaltschaft habe eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren beantragt.

LG Bonn – Teldafax: Im Verfahren gegen ehemalige Vorstände des insolventen Energieanbieters Teldafax belastete ein nur kurz im Unternehmen tätiger ehemaliger Finanzvorstand seine früheren Kollegen schwer. Diese seien nach Darstellung des Zeugen "spätestens Anfang Oktober 2009" über die drohende Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens informiert gewesen, der Insolvenzantrag erging jedoch erst zwei Jahre später. Das Handelsblatt (Sönke Iwersen) berichtet

FG Köln – vorgefertigtes Urteil: Über "Merkwürdigkeiten" in einem beim Finanzgericht Köln anhängigen Verfahren zu einer finanzamtlichen Festlegung der Grunderwerbssteuer für ein erworbenes Grundstück schreibt die SZ (Uwe Ritzer). Anwälte des Klägers hätten beim Studium der Gerichtsakten ein vorgefertigtes und weitgehend ausformuliertes Urteil gefunden, nach dem die Klage abgewiesen würde. Eine mündliche Verhandlung sei bislang noch nicht durchgeführt worden. Der umgehend gestellte Befangenheitsantrag sei abgewiesen worden. Nach Darstellung der mit dem Fall befassten Vorsitzenden Richterin habe diese – unter Verwendung einer entsprechenden Urteils-Vorlage des gerichtlichen EDV-Systems – den Sachverhalt nach Aktenlage lediglich zusammengefasst.

StA Karlsruhe – JVA-Tod: Ein von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe in Auftrag gegebenes medizinisches Gutachten ist zu dem Schluss gelangt, dass der Hungertod eines Häftlings der JVA Bruchsal im vergangenen Jahr durch Behandlung mit Psychopharmaka und gegebenenfalls eine Zwangsernährung hätte verhindert werden können. Die Anklagebehörde ermittle weiterhin gegen den suspendierten JVA-Leiter, schreibt die FAZ (Rüdiger Soldt). Könne ihm nachgewiesen werden, dass er die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung des psychisch gestörten Verstorbenen erkennen hätte müssen, sei eine Verurteilung wegen Tötung durch Unterlassen denkbar.

Kostenübernahme im Strafrecht: Aus Anlass der jüngst erfolgten Verfahrenseinstellung des Amtsgerichts Dresden im Fall des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) weist Udo Vetter (lawblog.de) darauf hin, dass die dort entschiedene Kostenübernahme durch die Staatskasse nach § 467 Abs. 4 Strafprozessordnung der Regelfall sei. Die negative Kostenfolge für den Angeschuldigten, dessen Verfahren eingestellt worden sei, bedürfe dagegen besonderer Gründe.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. April 2015: Haftung im Internet – Fortsetzung im NSU-Verfahren – Vor-Urteil am FG Köln . In: Legal Tribune Online, 14.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15222/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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