Die juristische Presseschau vom 13. Oktober 2015: Reform der StPO - Asyl­ver­fahren in der Tran­sit­zone - BAG-Prä­si­dentin Sch­midt

13.10.2015

Justiz

BVerfG zu Tarifeinheitsgesetz: Die vom Bundesverfassungsgericht am vergangenen Freitag ergangenen Beschlüsse zur Ablehnung der beantragten Aussetzung des Tarifeinheitsgesetzes unterzieht nun Rechtsanwalt Manfred Löwisch (Handelsblatt-Rechtsboard) einer Analyse.

BGH zu Digitalisierung von Bibliotheksbeständen: In einem Gastbeitrag für das Feuilleton der FAZ kritisiert der Editionsphilologe Roland Reuß das nun veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs vom April zur Digitalisierung von Bibliotheksbeständen als "Kriegserklärung an das Buch". Der Initiator des Heidelberger Appells bemängelt vor allem eine zu Lasten von Produzenten einseitig an Nutzerinteressen orientierte Entscheidung. Die zur Begründung angeführten §§ 52a, 52b des Urheberrechtsgesetzes bildeten hierfür keine tragfähige Grundlage, eine Verfassungsbeschwerde sei "unbedingt notwendig".

BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt: Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, äußert sich gegenüber der FAZ (Joachim Jahn) zu zahlreichen anstehenden Entscheidungen ihres Gerichts. So sei zu erwarten, dass das BAG bis zum Ende des kommenden Jahres die grundlegenden Fragen zum Mindestlohngesetz geklärt habe. Dagegen sei sie skeptisch gegenüber der Forderung nach einer gesetzlichen Festschreibung des Rechts des Arbeitskampfes. Im Hinblick auf häufig unterschiedliche verwaltungsgerichtliche Vorgaben in Eilverfahren zu Konkurrentenklagen bei Bundesrichterstellen wäre es nach Schmidt sinnvoll, wenn dem Bundesverwaltungsgericht durch den Gesetzgeber das Letztentscheidungsrecht zu Beurteilungsmaßstäben erteilt werde.

BayVGH – Rechtspopulist: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof setzt sich der Bundesvorsitzende der Partei "Die Freiheit", Michael Stürzenberger, in einer Berufungsverhandlung gegen seine Einordnung als Rechtspopulist im bayerischen Verfassungsschutzbericht 2013 zur Wehr. Über den Fall berichtet die SZ (Ekkehard Müller-Jentsch).

LG Köln zu Jörg Kachelmann: Nach der Volltextveröffentlichung der Urteile des Landgerichts Köln zu Schmerzensgeldansprüchen Jörg Kachelmanns gegen die Bild-Zeitung und bild.de weist internet.law.de (Thomas Stadler) darauf hin, dass ein noch höheres Schmerzensgeld am fehlenden Unterlassungsverlangen Kachelmanns gegenüber weiteren Artikeln gescheitert sei. Die hierzu vom Gericht abgegebene Begründung sei "zumindest diskutabel", erhöhe aber auch die Wahrscheinlichkeit einer Berufung.

SG Berlin – Leistungsbezug für Asylbewerber: Nach Meldung der taz-Berlin haben rund 20 Asylbewerber beim Sozialgericht Bericht Eilanträge gegen das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales eingereicht. Die Antragsteller wollen von der Landesbehörde die umgehende Zahlung von Leistungen erzwingen.

VG Lüneburg zu Immobilienbeschlagnahme: In einem vom Immobilieneigentümer angestrengten Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Lüneburg der Stadt die geplante Beschlagnahme zugunsten der Unterbringung von Flüchtlingen untersagt. Wie lto.de schreibt, lägen nach Ansicht des Gerichts die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstandes nicht vor. Vielmehr hätten wegen des erheblichen Eingriffs in das grundrechtlich garantierte Eigentumsrecht vorrangig städtische Unterbringungsmöglichkeiten geprüft werden müssen.

GBA – CIA-Agentin: Die SZ (Hans Leyendecker/Nicolas Richter) berichtet zu einem auf Betreiben des ECCHR beim Generalbundesanwalt angelegten Prüfvorgang wegen der Entführung Khaled el-Masris. Nach dem im vergangenen Dezember im US-Senat veröffentlichten Bericht zu Folterpraktiken des CIA sei zu vermuten, dass die Entführung auf eine als "Folterkönigin" bezeichnete CIA-Agentin, deren Name "Insidern bekannt" sei, zurückzuführen sei. Die tatsächliche Eröffnung von Ermittlungen sei dagegen zweifelhaft.

StA Aachen – Phantom-Nebenklägerin: Nach Meldung von spiegel.de hat die Staatsanwaltschaft Aachen gegen Rechtsanwalt Ralph Willms ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Betruges eingeleitet. Der Anwalt hatte bis vor kurzem die offenbar nicht existierende Nebenklägerin Meral Keskin im NSU-Verfahren vor dem Oberlandesgericht München vertreten. Die für die Mandatsübernahme mutmaßlich geleistete Provision sei zudem Gegenstand eines von der Kölner Anwaltskammer beantragten Ermittlungsverfahrens bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln.

StA Hagen – Brandanschlag: Dass die Staatsanwaltschaft Hagen bei dem geständigen Tatverdächtigen eines Brandanschlags auf eine Flüchtlingsunterkunft im Sauerland keine Fluchtgefahr erkennen will, hält Annette Ramelsberger (SZ) für "juristisch nicht zu beanstanden und dennoch verheerend". In einer "politischen Naivität, die man im Osten über Jahrzehnte kritisiert hat", entpolitisiere die Anklagebehörde das Motiv des Täters, indem sie eine "dubiose Angst" vor Flüchtlingen und eben nicht rechtsradikale Ansichten erkennen wolle. Wer verkenne, wie tief sich Fremdenfeindlichkeit "in die Gesellschaft gefressen" habe, "schützt den Rechtsstaat nicht, er gefährdet ihn".

StA Traunstein – Ermittlungen gegen Polizei: Im Juli des vergangenen Jahres erschoss ein Polizist in Burghausen/Bayern einen Flüchtenden. Die SZ (Heiner Effern) gibt nun ausführlich die Kritik des Anwalts der Mutter des Opfers an der Dauer der nach wie vor laufenden Ermittlungen wieder. Der Schusswaffeneinsatz gegen den eines Drogendelikts Verdächtigen in einem Wohngebiet sei unter allen Gesichtspunkten unverhältnismäßig gewesen. Dass die Staatsanwaltschaft den Schützen unmittelbar nach der Tat als Zeuge und nicht als Beschuldigten vernommen habe, belege deren Absicht, "mit allen Mitteln einen Prozess gegen den Beamten vermeiden" zu wollen, wird der Anwalt zitiert.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Oktober 2015: Reform der StPO - Asylverfahren in der Transitzone - BAG-Präsidentin Schmidt . In: Legal Tribune Online, 13.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17180/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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