Die juristische Presseschau vom 13. August 2013: Daten und Drohnen – Plädoyers bei Jonny K. – Werbung mit Mollath

13.08.2013

Kein Tag ohne den Datenüberwachungsskandal. Heute die Freude eines Ministers über Post aus Washington und London und Pläne für ein "no spy"-Abkommen. Außerdem in der Presseschau: LG Berlin zu Jonny K., verrückte Werbung für Mietwagen, 25 Jahre Geiseldrama von Gladbeck und süchtig machende Arbeit.

Datenüberwachung: Die FAZ (Peter Carstens) berichtet über eine Erklärung des Kanzleramtsministers Ronald Pofalla (CDU), nach der ranghohe Vertreter US-amerikanischer und britischer Geheimdienste der Bundesregierung schriftlich versichert hätten, dass sie sich bei ihrer Arbeit in Deutschland an deutsches Recht hielten. Auch würden Deutsche nicht flächendeckend überwacht. Ein zukünftiges "No-Spy-Abkommen" zwischen der Bundesrepublik und den USA könne zudem sicherstellen, dass amerikanische Stellen in Deutschland nicht spionierten. Markus Beckedahl (netzpolitik.org) vermutet, dass der Minister "wahrscheinlich" auch sonst an Märchen glaube.

Drohnentötungen: Die am Wochenende aufgeflammte Debatte um Tötungen mutmaßlicher Terroristen durch Drohneneinsätze und die Beteiligung deutscher Geheimdienste kommentiert Heribert Prantl (SZ). Die Argumentation des BND, die an US-amerikanische Stellen weitergeleiteten Daten erlaubten keine zielgenaue Ortung von Verdächtigen und eine derartige Verwendung der Daten sei durch Vereinbarungen ohnehin ausgeschlossen, die Weitergabe also auch nicht kausal für die Exekution von Menschen, bezeichnet Prantl als "entweder blauäugig oder frech." Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügten für eine Beihilfe auch nichtkausale Förderungshandlungen. Die Vollstreckung einer Todesstrafe ohne Verfahren behandele das deutsche Strafrecht als Totschlag oder Mord. Der Einsatz von Drohnentechnologie zu diesem Zweck begünstige eine Entwicklung, "die extralegale Tötungen von moralischen und juristischen Skrupeln befreit." Dies zu thematisieren, sei Aufgabe des Parlamentarischen Kontrollgremiums.

Weitere Themen – Rechtspolitik

PKW-Maut: Den Vorschlag zur Einführung einer PKW-Maut kommentiert Joachim Käppner (SZ). Zwar habe es Horst Seehofer (CSU) mit seiner Idee, eine derartige Abgabe von Ausländern zu fordern, geschafft, "eine im Grunde richtige Forderung" mit einem "Stammtischgefühl zu verquicken", unfreiwillig aber eine Debatte angestoßen, die "längst überfällig" sei. Denn die Maut "wäre ein Weg, die Autofahrer gerechter zu beteiligen." Nach dem Bericht der FAZ (Michaell Stabenow/Henrike Roßbach) stellte die EU-Kommission umgehend klar, dass eine ausschließlich von Ausländern zu entrichtende Gebühr gegen ein "grundlegendes Prinzip des EU-Rechts" verstoße. Auch eine mögliche Kompensation von Inländern durch eine Senkung der Kfz-Steuer widerspreche europäischen Vorgaben.

Unterbringung nach § 63 StGB: Der Fall Mollath bietet nach Einschätzung von Jakob Augstein (spiegel.de) die Gelegenheit, über das "Unwesen" des § 63 StGB, der eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ermöglicht, nachzudenken. Zwar habe die Einführung der Bestimmung als "Fortschritt des Rechtes, der Moral, der Zivilität" gegolten, weil Kranke fortan behandelt und nicht mehr bestraft werden sollten. Diesem hehren Anspruch sei in der Praxis aus vielfältigen Gründen aber nicht entsprochen worden, die Psychiatrie habe sich "in ihrer unglücklichen Ehe mit der Justiz eingerichtet." Derweil würden Betroffene oftmals ohne absehbares Ende weggesperrt.

Gewalt gegen Polizisten: Den Vorschlag zur Erhöhung des Strafrahmens bei Angriffen auf Polizisten kommentiert Udo Vetter (lawblog.de). Er erinnert an die erst Ende 2011 erfolgte Erhöhung der Strafdrohung bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und bezweifelt, dass sich mangelnder Respekt gegen Polizisten mit den Mitteln des Strafrechts erhöhen lässt. Zudem habe sich schon "seit jeher erwiesen", dass höhere Strafen keinen Abschreckungseffekt besäßen.

Digitaler Nachlass: Im Todesfall gehen Online-Konten und andere Daten für die Erben oft verloren. Nach Darstellung des Handelsblatts (Catrin Gesellensetter) weigerten sich viele Provider unter Hinweis auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen, Zugangscodes an die Erben herauszugeben. Eine hierzu vom Deutschen Anwaltverein geforderte Novellierung des Telekommunikationsgesetzes würde von den betroffenen Ministerien derzeit nicht in Angriff genommen. Deshalb müssten Nutzer eigenmächtig Vorsorge treffen, etwa durch Hinterlegung von Passwörtern bei einem Notar oder Vereinbarungen mit Providern.

Kostenrecht: Die kürzlich erfolgte Anhebung von Gerichts- und Anwaltsgebühren kommentiert Rechtsanwalt Christian Harmsen (Handelsblatt) in einem Gastbeitrag. "Weite Teile der Welt" würden Deutschland wegen seiner Gerichtsbarkeit "beneiden", das Kostenrecht sei ein wichtiger Teil derselben. So denke man in den USA über eine Einführung einer dem deutschen Recht vergleichbaren zivilrechtlichen Kostentragungspflicht der unterlegenden Partei nach.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. August 2013: Daten und Drohnen – Plädoyers bei Jonny K. – Werbung mit Mollath . In: Legal Tribune Online, 13.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9340/ (abgerufen am: 18.05.2024 )

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