Die juristische Presseschau vom 11. Dezember 2015: Kon­se­qu­enzen aus Ein­las­sung / NPD-Anwalt / MPU-Anord­nung in Bayern

11.12.2015

Justiz

EuGH – Störerhaftung: Nun schreibt auch die SZ (Elisabeth Dostert) über den am Europäischen Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit zur Vereinbarkeit deutscher Haftungsregelungen für WLAN-Anbieter mit EU-Recht. Der Beitrag stellt vor allem den Kläger Tobias McFadden vor. Der Antrag des Generalanwalts ist für den 16. März terminiert.

EuGH – Kältemittel: Weil die Bundesrepublik dem Daimler-Konzern nicht fristgerecht die Verwendung eines klimaschutztechnisch bedenklichen Kältemittels untersagte, wird sie nun von der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Die Berichte von FAZ (Hendrick Kafsack/Susanne Preuß) und SZ (Max Hägler/Alexander Mühlauer) konzentrieren sich auf die unterschiedlichen Auffassungen zu den Wirkungen der betreffenden Chemikalien.

EuGH – Führerscheine: Eine weitere beim Europäischen Gerichtshof anhängig gemachte Klage der EU-Kommission gegen mehrere Mitgliedsstaaten, unter ihnen Deutschland, betrifft die unterbliebene Gültigkeitsbegrenzung von LKW-Führerscheinen. focus.de berichtet.

BVerfG – NPD-Verbot: zeit.de (Astrid Geisler/Tilman Steffen) widmet Peter Richter, Prozessbevollmächtigter der NPD im anstehenden Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, ein ausführliches Porträt. Der junge Anwalt mit Prädikatsexamen und stellvertretende NPD-Vorsitzende im Saarland verstehe es, durch "dreiste Winkelzüge" die Antragsteller in Aufregung zu halten. So habe nach seiner Darstellung ein Blechschaden, den Verfassungsschützer am Fahrzeug seiner Mutter verursachten, den Beleg geliefert, dass der Staat ihn selbst und die von ihm vertretene Partei nach wie vor ausspähe. Daneben gelte Richter "auch außerhalb der rechten Szene inzwischen als ernstzunehmender Gegner und guter Jurist".

BGH zu Rotbäckchensaft: Der Hersteller eines Rotbäckchensafts darf sein Produkt auch weiterhin mit der Botschaft "Lernstark. Mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" bewerben. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs entspricht diese Behauptung zumindest dem Sinn nach einer EU-Verordnung zu spezifischen Angaben zu Inhaltsstoffen. Die SZ (Wolfgang Janisch/Christina Berndt) stellt die Entscheidung und weitere oft umstrittene sogenannten Health Claims bei Nahrungsmitteln vor.

BayVGH zu MPU-Anordnung: Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, im Volksmund Idioten- oder auch Depperltest genannt, ist zumindest im Freistaat Bayern nach einer Entscheidung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs immer dann angezeigt, wenn der Betroffene zu einem alkoholbedingten Führerscheinentzug verurteilt wurde. Die bisherige Rechtsprechung, nach der die Anordnung bei einem festgestellten Blutalkoholwert von bis zu 1,6 nicht für nötig erachtet, wurde damit ausdrücklich aufgehoben, berichtet die SZ (Ekkehard Müller-Jentsch). Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde ebenso ausdrücklich zugelassen.

LG Stuttgart – Wendelin Wiedeking: Im Verfahren zu vermeintlichen Marktmanipulationen durch die damaligen Porsche-Vorstände Wendelin Wiedeking und Holger Härter vor dem Landgericht Stuttgart hat der Vorsitzende Richter eine Einschätzung des bisherigen Prozessverlaufs abgegeben. Nach Bericht der FAZ (Susanne Preuß) sei es demnach schwierig, bei den fraglichen damaligen Mitteilungen "eine Täuschungsabsicht sicher festzustellen".

LG Arnsberg – Stalking: Eine Berufungsverhandlung gegen eine 72 Jahre alte Stalkerin eines Pfarrers vor dem Landgericht Arnsberg brachte am gestrigen Donnerstag nicht die erwartete Entscheidung. Anders als noch in der Vorinstanz habe eines von mehreren psychologischen Gutachten der Angeklagten nun auch deren eingeschränkte Steuerungs- und Schuldfähigkeit ergeben, schreibt die FAZ (Reiner Burger). Der von den oft obszönen Annäherungsversuchen der Rentnerin geplagte Pfarrer werde sich demnach wohl weiter mit der Situation abfinden müssen. Ein Urteil ist für den kommenden Mittwoch geplant.

LG München zu Facebook-Hetze: Vor dem Landgericht München ist eine Facebook-Nutzerin mit dem Versuch gescheitert, der Bild-Zeitung die Veröffentlichung ihres Bildes im Zusammenhang mit einem fremdenfeindlichen Posts verbieten zu lassen. Dieser sei nach Ansicht des Gerichts schließlich selbst öffentlich, so bild.de (A.-K. Gerke).

VG Köln zu Feiertagsruhe: Das behördliche Verbot einer am Karfreitag geplanten muslimischen Beschneidungsfeier ist nach Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln rechtmäßig. Der besondere Schutz des Karfreitags durch das nordrhein-westfälische Feiertagsgesetz entspreche seinem Charakter als "einer der höchsten christlichen Feiertage", gibt die FAZ (Helene Bubrowski) das Gericht wieder. Zudem sei er anders als die geplante Feier kalendergebunden. Auch lto.de berichtet.

Immunität von Parlamentariern: Aus Anlass eines Berichts zur Aufhebung der Immunität des Präsidenten der bremischen Bürgerschaft, Christian Weber (SPD), wegen des Vorwurfs der Fahrerflucht stellt die taz-Nord (Henning Bleyl) Überlegungen von Parlamentariern dar, die Immunitätsaufhebung ihrerseits abzuschaffen. Entgegen dem ursprünglichen Zweck eines Schutzes für Volksvertreter bewirke die regelmäßig öffentlichkeitswirksame Aufhebung eine besondere Prangerwirkung auch in solchen Fällen, in denen Ermittlungen schließlich eingestellt werden.

In einem separaten Kommentar begrüßt Henning Bleyl (taz-Nord) die Idee und verweist auf eine in Hamburg gezogene Konsequenz. Dort gelte Immunität "nicht a priori", vielmehr als "Kann-Regelung". Nur bei echtem Bedarf und entsprechendem Antrag würden Abgeordnete Schutz genießen und also "nicht jeder Blechschaden" zu einer "Staatsaffäre".

Hartmuth Horstkotte: In einem Nachruf würdigt der Tsp (Jost Müller-Neuhof) den im November verstorbenen früheren Bundesrichter Hartmuth Horstkotte, der in den 1960er Jahren als Leiter der Strafrechtsabteilung beim Bundesjustizministerium die Große Strafrechtsreform maßgeblich mitgeprägt hatte.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. Dezember 2015: Konsequenzen aus Einlassung / NPD-Anwalt / MPU-Anordnung in Bayern . In: Legal Tribune Online, 11.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17829/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

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