Die juristische Presseschau vom 9. Mai 2012: Künstler und Sharer – Panikowski und Lockermacher – Oracle und Google

09.05.2012

Heute äußern sich ein Dichter, ein Soziologe und ein Musikvideo-Unternehmer zum Urheberrecht im Internet. Außerdem in der Presseschau: filmende Polizisten, unvergessene Mörder, Befangenheit gegenüber einer Lesbe, verminderte Auslagenerstattung, ein Brettspielerfinder, der Legislative spielt, und wie vor 25 Jahren in der Pfalz Jagd auf Rote gemacht wurde.

Urheberrecht im Internet: Drei unterschiedliche Meinungsbeiträge zur Urheberrechtsdebatte werden heute geboten. Michael Krüger (FAZ), Inhaber des Hanser Verlags und Dichter, erklärt Internet-Ökonomie so: "Wenn wir die Bücher nicht ins Netz stellen, werden sie von den Piraten ins Netz gestellt."

Conrad Fritz (zeit.de) betreibt die Musikclip-Plattform tape.tv und schildert, wie er mit der GEMA verhandelte, um keine Probleme mit den Rechten zu bekommen: "Urheber müssen von ihrer Kreativität leben können, auch ohne tagsüber zu kellnern."

Der Soziologe Janosch Schobin (taz) hält es für möglich, dass man Sharern und Künstler gerecht werden kann und nennt als wichtigste Voraussetzung die gegenseitige Anerkennung der Positionen. Trotz der berechtigten Interessen der Urheber gehöre die Zukunft "der wesentlich effizienteren Sharing-Economy."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Justizstandorte im Wettbewerb um Massenklagen: In einem Gastbeitrag untersucht der Juraprofessor Harald Koch (FAZ) von der Berliner Humboldt-Universität den Kampf verschiedener Rechtsstandorte um lukrative Sammelklagen. Da bei Massenschäden der Kläger häufig die Wahl habe, ob er in den USA oder in einem bestimmten EU-Land klagen will, müssten Vorkehrungen getroffen werden, die "die Auswüchse der amerikanischen Klageindustrie" vermieden.

Parteien in NRW zu Freier Software: Matthias Kirschner (netzpolitik.org) stellt die Ergebnisse der Wahlprüfsteine der Free Software Organisation zu den Wahlen in Nordrhein-Westfalen vor. Bis auf die Linkspartei und die CDU hätten alle Parteien geantwortet, Patente auf Software würden dabei durchgängig abgelehnt, ebenso wie Offene Standards in der Verwaltung parteiübergreifend Zustimmung fänden.

Panikowski und Lockermacher: Max Steinbeis (verfassungsblog.de) bringt die beiden idealtypischen Staatsrechtslehrer Panikowski und Lockermacher zu einem Streitgespräch zusammen, um die ungeklärten Fragen und widersprüchlichen Meinungen zu Fiskalpakt und ESM und die verfassungsrechtlichen Bedenken und Entwarnungen pointiert miteinander zu vergleichen.

EU-Subventionen einfacher: Wie FTD (Mark Schrörs) berichtet, beabsichtigt die EU-Kommission, die europäischen Regularien für die staatlichen Beihilfen für Unternehmen zu vereinfachen. Der spanische EU-Kommissar für Wettbewerbsrecht  Joaquin Almunia, habe gestern erste Grundzüge eines vereinfachten Beihilferechts vorgestellt. Erwogen werde unter anderem, mehr Beihilfen von der Anmeldung auszunehmen.

Brettspieldesigner spielt Legislative: Im Nachgang zur re:publica zeigt  netzpolitik.org (Markus Beckedahl) ein Videointerview mit dem Brettspieldesigner Marcel-André Casasola Merkle zum Thema: Wie Brettspielentwickler Gesetze machen (würden).

Weitere Themen – Justiz

BVerfG bestätigt Versammlungsgesetz in Bayern: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat zwölf Klagen, unter anderem von SPD, Grünen und DGB, gegen das Bayerische Versammlungsgesetz in seiner Fassung von 2008 als unzulässig zurückgewiesen, berichtet die taz (Christian Rath). Der Bayerische Landtag habe das alte Gesetz bereits 2009 entsprechend den Vorgaben aus Karlsruhe geändert, insofern fehle es am Rechtsschutzbedürfnis.

Linkspartei klagt gegen Fiskalpakt: Auch die SZ (Daniel Brössler) meldet heute, die Linkspartei werde gegen den Fiskalpakt vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Laut Wolfgang Nescovic, dem Justitiar der Partei, sei mit dem EU-Vertrag "die rote Linie hin zum Bundesstaat" überschritten.

Verfassungsgerichtshof NRW kippt Einheitslastenabrechnungsgesetz: Wie im Handelsblatt (Axel Schrinner) nachzulesen ist, hat der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof in Münster die finanzielle Belastung von Kommunen im Rahmen des Einheitslastenabrechnungsgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Das Land garantiere den Kommunen eine finanzielle Mindestausstattung, die durch die Abwälzung von Kosten, die dem Land durch den Solidarpakt II entstünden, nicht ausgehöhlt werden dürfe.

Kurze Berichte online finden sich auch bei welt.de und ftd.de.

BGH – Sedlmayr-Mörder: Thomas Stadler (internet-law.de) stellt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Persönlichkeitsschutz vor. Die Namen der Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr dürften weiterhin veröffentlicht werden.

Auch die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet auf ihrer Medienseite über die Entscheidung, die Berichterstattungsrechte gegenüber der Privatsphäre erneut stärke.

BGH kappt Auslagenerstattung für Banken: Der Bundesgerichtshof hat die unbeschränkte Erstattung der Auslagen von Banken durch deren Kunden gekippt, berichtet spiegel.de (Nicolai Kwasniewski). Eine bundesweit verwendete Klausel sei ungültig. Damit komme die gesetzliche Regelung zum Tragen, die nur die erforderlichen Auslagen erstattungsfähig mache.

Auch die FAZ (Joachim Jahn) stellt die Entscheidung vor.

BFH-Präsident Mellinghoff zu Software: Der Präsident des Bundesfinanzhofs, Rudolf Mellinghoff, habe sich auf dem 50. Deutschen Steuerberaterkongress dafür stark gemacht, die Anwendung von Steuerrecht nicht allein Computerexperten zu überlassen, berichtet die FAZ (Joachim Jahn). Der Gesetzgeber habe für verständliche Vorschriften zu sorgen.

BFH - Schenkungssteuer bei Eheleuten: Der Bundesfinanzhof bejaht bei der Einzahlung von größeren Beträgen durch einen Ehepartner auf das gemeinsame Konto den Anfall von Schenkungssteuer, berichtet die FTD (Mareeke Buttjer).

LG Leipzig – kino.to: Die SZ (Sophie Crocoll) berichtet über den Prozess gegen den Betreiber von kino.to vor dem Landgericht Leipzig, der mit seiner Plattform für den Download von Spielfilmen mehr als 6,6 Millionen Euro eingenommen haben soll.

handelsblatt.com berichtet online.

Rechtsanwälte und Risikohinweise: In welchem Umfang die Pflicht für Rechtsanwälte und Steuerberater besteht, unaufgefordert auf Risiken hinzuweisen, dieser Frage geht Rechtsanwalt Frank Süß (FAZ) nach. Ein Berater dürfe seine Leistungen nicht mit Scheuklappen erbringen.

Totschlagverdacht in Sittensen: Der Rentner, der in Sittensen einen jugendlichen Einbrecher erschossen haben soll, wird jetzt doch wegen Totschlags angeklagt, berichtet Udo Vetter (lawblog.de). Zunächst sei die Staatsanwaltschaft von Notwehr ausgegangen, ein Klageerzwingungsverfahren der Angehörigen des Toten sei jetzt aber erfolgreich gewesen.

Kammergericht – Befangen gegenüber einer Lesbe: Ein Gutachter in einer Familiensache hatte einer lesbischen Frau eine Therapie empfohlen und war von dieser erfolgreich für befangen erklärt worden. Das Kammergericht bestätigte die Entscheidung. Hans-Otto Burschel (blog.beck.de) dokumentiert die wesentlichen Passagen.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Oracle und Google: Die FTD (Helene Laube) sieht die Jury des Bezirksgerichts in San Francisco im Patentstreit zwischen Google und Oracle in der Sackgasse. Zwar sei die Urheberrechtsverletzung durch Google bei seinem Handy-Betriebssystem Android eindeutig, uneins sei die Jury allerdings über die Anwendung des "Fair-Use"-Prinzips. Dieses sehe vor, dass bestimmte Elemente der Programmiersprache Java genutzt werden dürften, wenn sie der Allgemeinheit beispielsweise durch die Entstehung neuen Wissens dienten.

Die FAZ (Roland Lindner) sieht unter diesen Voraussetzungen wenig Erfolgsaussichten für Oracle. 

Sonstiges

Zwangsarbeiter für IKEA: spiegel.de (Nicolai Kwasniewski) porträtiert einen der ehemaligen DDR-Strafgefangenen, die im Rahmen ihrer Haft Möbel für IKEA fertigen mussten.

Das Letzte zum Schluss

Jagd auf Rote: Die FAZ (Peter Badenhop) porträtiert den Winzer Heinrich Vollmer, der vor 25 Jahren zu einer Haftstrafe zu 72 Tagen verurteilt wurde, weil er Cabernet Sauvignon angebaut hatte. Der Anbau dieser Rebsorte war im Jahr 1987 in der Bundesrepublik noch illegal.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)

lto/ro

(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. Mai 2012: Künstler und Sharer – Panikowski und Lockermacher – Oracle und Google . In: Legal Tribune Online, 09.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6158/ (abgerufen am: 08.05.2024 )

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