Die juristische Presseschau vom 8. Januar 2014: Prinzessin vor Gericht – Lösung für Raubkunst – Auftrittsverbot für Antisemiten

08.01.2014

Premiere in Spanien? Zum ersten Mal könnte ein Mitglied des Königshauses vor Gericht landen. Außerdem in der Presseschau: eine mögliche Lösung für den Fall Gurlitt, legales Streamen, Kirchhof zum Rundfunkbeitrag, Nazis zum NSU-Prozess, Auftrittsverbot für Antisemiten, Staatsanwalt zu Michael Schumacher und ein ganz besonderes Angebot bei Aldi.

Thema des Tages

Prinzessin Cristina: Bereits seit längerem ermittelt die spanische Justiz gegen den Schwiegersohn von König Juan Carlos wegen der Veruntreuung von mehreren Millionen Euro. Diese soll Inaki Urdangarin, so der Name des ehemaligen Handballstars, über eine vorgeblich gemeinnützige Stiftung in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.

Nun hat Ermittlungsrichter Juan Castro dessen Ehefrau, die Infantin Cristina von Borbón und Griechenland, als wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche Verdächtige ebenfalls vor Gericht geladen. Ihr droht damit nach dem Bericht der Welt (Ute Müller) als erstem Mitglied der spanischen Königsfamilie ein Prozess. Nachdem eine Vorladung im vergangenen Jahr noch scheiterte, sei Richter Castro nach weiteren Ermittlungen nun davon überzeugt, dass Cristina vom Geschäftsgebaren ihres Mannes informiert gewesen sei und es aktiv gefördert habe. Die FAZ (Leo Wieland) gibt zu bedenken, dass der Gerichtshof der Balearen die Vorladung auch nun noch annullieren könne.

In seinem Kommentar bemerkt Thomas Urban (SZ), dass Korruption in der spanischen "Elite eher Alltag als Ausnahme" ist. Ermittlungen richteten sich mittlerweile nicht nur gegen das Königshaus, die konservative Regierungspartei sehe sich ebensolchen Vorwürfen der Justiz ausgesetzt wie katalanische Separatisten oder Gewerkschaften. Begründen lasse sich dies mit einem traditionellen Mangel an Transparenz.

Rechtspolitik

Raubkunst: Besitzern von NS-Raubkunst soll die Berufung auf die generelle 30-jährige Verjährung versagt werden, wenn den ursprünglichen Eigentümern Werke "abhandengekommen" sind und sie nachweisen können, dass die aktuellen Besitzer "bösgläubig" in Bezug auf die Herkunft sind. Dies sieht nach Bericht der SZ (Wolfgang Janisch) eine Bundesratsinitiative der bayerischen Landesregierung als Konsequenz des Schwabinger Kunstfunds vor. Heribert Prantl (SZ) hält die Regelung für "pfiffig konzipiert" und "rechtschaffen und originell gedacht." Gerade an der zweiten Voraussetzung dürften aber die meisten Anspruchsteller in der Praxis scheitern. Für eine Lösung des "Falls Gurlitt" bliebe dann nur noch ein Ankauf der Sammlung durch den Freistaat und die anschließende Rückgabe.

Streamen: Das Bundesjustizministerium bewertet das Betrachten eines Video-Streams – im Gegensatz zum Download von Netz-Angeboten – nicht als eine Urheberrechtsverletzung. In einer spiegel.de (Fabian Reinbold) vorliegenden Antwort auf eine Kleine Anfrage verweist das Ministerium jedoch gleichzeitig darauf, dass eine höchstrichterliche Klärung der Frage bislang noch nicht erfolgt sei. Eine Klarstellung im Urheberrechtsgesetz sei nicht geplant. Netzpolitik.org (Leonhard Dobusch) verlinkt in seiner Meldung die Antwort des Ministeriums.

Suizidhilfe: Christian Rath (taz.de) kommentiert den Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) zum Verbot der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung. Der Vorschlag sei "vor allem ein ideologisches Projekt der Konservativen", die versuchten, "den Kirchen ihre Hoheit über das Lebensende zurückzugeben". Ein Regelungsbedarf bestünde tatsächlich nicht. Auch in der Schweiz, "wo organisierte Suizidhilfe gesellschaftlich viel akzeptierter ist als bei uns", sei die Hilfe zur Selbsttötung nicht zum "normalen" Massenphänomen geworden.

Freizügigkeit: Die Grenzen der europarechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit analysiert Daniel Thym für lto.de. Der Rechtsprofessor nimmt hierfür Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und deutscher Sozialgerichte sowie Bestimmungen der Freizügigkeits-Richtlinie in den Blick und konstatiert, dass Beschränkungen durchaus möglich seien: durch Konsequenz bei der Durchsetzung einer Ausreisepflicht und eine Verengung des Leistungszugangs im Sozialrecht.

Kirchhof zu Rundfunkbeitrag: Die SZ (Claudia Tieschky) befragt in ihrem Medien-Teil den ehemaligen Richter am Bundesverfassungsgericht Paul Kirchhof zum Rundfunkbeitrag. Der Staatsrechtler gibt Auskunft zu seinem Fernseh-Konsum, der Notwendigkeit einer von den öffentlich-rechtlichen Sendern zu leistenden Grundversorgung, der Funktion des Beitrags und schlägt vor, die zu erwarteten Mehreinnahmen aus der Beitragserhebung dafür einzusetzen, auf Werbung komplett zu verzichten.

Hamburger Wahlrecht: Die FAZ (Frank Pergande) informiert über das Wahlrecht in Hamburg. Nach zahlreichen, durch einen Volksentscheid im Jahr 2004 bewirkten Änderungen wählen die Einwohner des Stadtstaats zeitgleich mit der Europawahl im Mai auch ihre Bezirksversammlungen erstmals mit jeweils zehn Stimmen, die unterschiedlich auf Parteienlisten und Namen verteilt werden können. Hiermit solle auch eine Aufwertung der "Kommunalparlamente" verbunden sein.

Insolvenzanfechtung: In einem Gastbeitrag spricht sich Rechtsprofessor Ulrich Foerste (FAZ) für eine gesetzgeberische Klarstellung zur Vorsatzanfechtung im Insolvenzrecht aus. Eine überraschende und "rechtspolitisch motivierte" Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2003 hätte den Anwendungsbereich der vorsätzlichen Benachteiligung nach Paragraf 133 der Insolvenzordnung erweitert und damit "die Rechtsprechung weit vom Gesetz entfernt."

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. Januar 2014: Prinzessin vor Gericht – Lösung für Raubkunst – Auftrittsverbot für Antisemiten . In: Legal Tribune Online, 08.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10587/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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