Die juristische Presseschau vom 3. bis 5. September 2016: Maas unter Druck / Ver­fas­sungs­be­schwerde für drittes Gesch­lecht / Grüne für Mehr­el­tern­schaft

05.09.2016

Maas mit Lüge-Verdacht und Rücktrittsforderung konfrontiert. Außerdem in der Presseschau: Grüne für Mehrelternschaft, Union für gesetzliches Recht auf Kenntnis der Abstammung und Verfassungsbeschwerde für Rechte Intersexueller.

Thema des Tages

Maas unter Druck: Zwar hat die Staatsanwaltschaft Berlin ihre Ermittlungen gegen Heiko Maas (SPD) und seine damalige Staatssekretärin Stefanie Hubig (SPD) wegen Strafvereitelung in Sachen "netzpolitik.org" eingestellt; sie ist allerdings auch zu dem Schluss gekommen, das Bundesjustizministerium habe Harald Range in dieser Angelegenheit doch eine Weisung erteilt. Dies hatte Maas stets verneint. Der Spiegel (Konstantin von Hammerstein – Zusammenfassung) stützt diesen Vorwurf mit Verweis auf einen internen Vermerk aus der Bundesanwaltschaft, welcher belege, dass es besagte Weisung gab. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne) fordert nun, Maas solle sich zu der mutmaßlichen Lüge erklären. Das Bundesjustizministerium hat bereits darauf reagiert: Es stehe weiterhin Aussage gegen Aussage, nachdem der "Beweis" von Seiten der Bundesanwaltschaft kam, die immer eine Weisung beteuert hatte. Der Justizminister sieht sich zudem mit Kritik von Wolfgang Schäuble (CDU) konfrontiert, welcher sich in der Präsidiumssitzung für dessen Rücktritt ausgesprochen hat, da er sich in das Verfahren um Gina-Lisa Lohfink eingemischt habe. Montags-SZ (Stefan Braun) und Tsp (Jost Müller-Neuhof) berichten. Die Montags-taz (Christian Rath) fragt sich, ob die Vorwürfe gegen Maas die Aufregung wert sind.

Jost Müller-Neuhof (Tsp) hält es für naiv, Maas abzukaufen, er habe sich in der Netzpolitik-Affäre "rechtsstaatlich rein" verhalten. Vielmehr habe er sich die Finger schmutzig gemacht, indem er sich törichterweise in ein laufendes Verfahren eingemischt habe. "Pressefreiheit ist ein komplizierteres Geschäft, als einen Generalbundesanwalt zu feuern, weil dessen Ermittlungen politisch nicht willkommen sind."

Maas' Reformen: Unter dem Titel "das Maß verloren" setzt sich die WamS (Thorsten Jungholt) mit der bisherigen Arbeit des Bundesjustizministers auseinander. Er habe mit 76 Gesetzentwürfen mehr Gesetze auf den Weg gebracht, als alle anderen Ressortchefs, sehe sich deswegen allerdings auch Kritik ausgesetzt: So werfe ihm die rechtspolitische Sprecherin der Grünen Katja Keul etwa Hyperaktivität vor.

Rechtspolitik

Mehrelternschaft: Die Bundestagsabgeordneten Volker Beck (Grüne) und Katja Dörner (Grüne) fordern, neben den biologischen Eltern zwei weiteren sozialen Eltern die elterliche Mitverantwortung eines Kindes zu ermöglichen. Vorausgesetzt, sie sind sich einig und es entstünden keine Sorgerechtsstreitigkeiten. spiegel.de resümiert, wie die Rechte sozialer Eltern aussehen sollen.

Recht auf Kenntnis der Abstammung: Rechtspolitiker der Union wollen noch in dieser Wahlperiode das Recht auf Kenntnis der Abstammung von Kindern aus einer Samenspende gesetzlich regeln. Es  soll auch gewährleistet werden, dass Samenspender keine Unterhaltspflicht trifft, meldet der Focus (ack). In der Diskussion sei auch, die Zahl an möglichen Spenden pro Person zu begrenzen.

Kuckuckskinder/Unterhaltsrecht: Anhand der Fälle eines Kuckuckskinds und eines Scheinvaters schildert die WamS (Barbara Kollmann) Kritik an der derzeitigen Rechtslage sowie an der geplanten Reform des Unterhaltsrechts. So sei es etwa eine "schreiende Ungerechtigkeit", dass heimliche Vaterschaftstests vor Gericht nicht als Beweismittel zugelassen seien. Viele der Betroffenen forderten obligatorische Vaterschaftstests für alle Kinder ab der Geburt.

Verbot der Vollverschleierung: Der Professor für Öffentliches Recht Christoph Möllers bringt im Feuilleton der Montags-SZ ausführlich seine verfassungsrechtliche Perspektive zum Verbot von Burka und Niqab zum Ausdruck. Bereits ein legitimer Zweck für das Verbot sei schwer zu finden. Lediglich für Staatsvertreterinnen ließe es sich rechtfertigen.

Geldwäscherichtlinie: "Geldwäsche und Terrorangriffe verschwinden nicht, wenn man einfach sämtliche Transaktionen und Identitäten der Nutzer erfasst und wegspeichert." Constance Kurz (Montags-FAZ) moniert, die mit der Geldwäscherichtlinie der EU-Kommission gewollte Transparenz von Online-Transaktionen greife in das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention ein.

CSU für direkte Demokratie: Deutsche Bürger sollen das Recht erhalten, über Volksbegehren mit einer 2/3-Mehrheit die Verfassung ändern zu können, so ein Entwurf der CSU-Grundsatzkommission, welcher dem Focus (Margarete van Ackeren) vorliegt. Mehr direkte Demokratie fordert sie auch bei grundlegenden Themen der EU-Politik. Das Grundsatzprogramm schlägt weiter vor, die Marktmacht von Google und sozialen Netzwerken zu begrenzen, die Burka für Staatsvertreterinnen zu verbieten und die Ehe weiterhin Mann und Frau vorzubehalten.

Armenien-Resolution: Die Bundesregierung habe vergangenen Freitag beteuert, dass der Bundestag die Armenien-Resolution beschließen durfte, diese allerdings rechtlich unverbindlich sei. Dies betont Christian Bommarius (BerlZ) und hält fest, eine Distanzierung wäre "nicht nur ein Kniefall vor Erdogan, sondern ein Anschlag auf das Selbstverständnis der Bundesrepublik" gewesen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. bis 5. September 2016: Maas unter Druck / Verfassungsbeschwerde für drittes Geschlecht / Grüne für Mehrelternschaft . In: Legal Tribune Online, 05.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20396/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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