Die juristische Presseschau vom 2. bis 4. Juli 2016: Papier­lose Justiz / Kritik an BND-Reform / BRAK und DAV gegen de Mai­zière

04.07.2016

Es dauert noch etwas, aber die papierlose Justiz ist auf dem Vormarsch. Außerdem in der Presseschau: Weiter herrscht Kritik an der BND-Reform und der Sexualstrafrechtsrechtsreform, BRAK und DAV gegen de Maizière und blaumachende Professoren.

Thema des Tages

Papierlose Justiz: Anlässlich der Präsentation eines Pilotprojektes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz am Landgericht Mannheim befasst sich die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) mit der "stillen Kulturrevolution". Die elektronische Kommunikation von Behörden und Anwälten mit Gerichten soll ab 2022 verbindlich werden, nicht aber für Privatpersonen. Elektronische Postfächer für Anwälte soll es ab 2018 geben; die Einführung einer vollelektronischen Aktenführung werde aber noch etwas auf sich warten lassen. Indes würden bereits zahlreichen Sorgen aus der Richterschaft gemeldet, so etwa zu Fragen des Datenschutzes bei elektronischer Leistungskontrolle der Richter und im Hinblick auf die Einhaltung des Beratungsgeheimnisses. Urteilsvorbereitende Schriftstücke seien "nicht für die Augen des Gerichtspräsidenten oder gar für Justizangehörige und Systemadministratoren bestimmt".

Rechtspolitik

Bundesverfassungsgericht – Nachfolge für Herbert Landau: Nach Informationen der Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) soll die Professorin Christine Langenfeld als Nachfolgerin des Verfassungsrichters Heribert Landau gehandelt werden. Der Vorschlag gelte als Kompromissangebot an die Grünen, die im Vorfeld die Aufteilung der Richterstellen zwischen CDU und SPD in Zweifel gezogen und Widerstand angekündigt hatten.

BND-Gesetz: Der Spiegel (Maik Baumgärtner u.a.) befasst sich nun auch mit dem Gesetzentwurf zur Reform des BND-Gesetzes, der am vergangenen Dienstag vom Bundeskabinett beschlossen worden ist. Kritisiert werden die Ausweitung der Befugnisse unter gleichzeitiger Streichung von Kontrollinstrumenten, die in einer früheren Fassung vorgesehen waren. Kritisch sieht die Pläne auch die WamS (Manuel Bewarder/ Florian Flade) unter dem Titel "Legalize it!" und weist auch auf eine personelle und technische Aufrüstung des BND hin. Weiter geht es um den neuen BND-Chef Bruno Kahl, der als langjähriger Vertrauter des Finanzministers Schäuble gelte. Dazu auch internet-law.de (Thomas Stadler).

Sexualstrafrecht: Im Interview mit dem Spiegel kritisiert die Strafrechtsprofessorin Monika Frommel die geplante Reform des Sexualstrafrechts als unnötig und kontraproduktiv. Strafbarkeitslücken könnten durch Auslegung der bisherigen Straftatbestände im Lichte der Istanbul-Konvention geschlossen werden. Die Reform könne mit dem neuen Grundtatbestand "sexueller Übergriff" Rechtsunsicherheit schaffen.

Claudius Seidel (FAS) befasst sich im Feuilleton mit der Reform und resümiert, die Absicht dahinter sei zwar gut, die Wirkungen aber verheerend. Es werde künftig nicht aktives, sondern rezeptives Verhalten sanktioniert und dass vor Strafe künftig eigentlich nur das "Nur ja heißt ja" schützen könne. Auch wenn die Reform im Prinzip richtig sei, warnt Jost Müller-Neuhof (Tsp) vor falschen Hoffnungen, die die Reform wecken könnte: "Weder werden Frauen besser geschützt noch dürfen sie hoffen, dass signifikant mehr Täter als früher verurteilt werden."

Whistleblower: Mitarbeiter von Banken, Versicherungen und anderen Finanzinstituten sollen künftig ohne arbeits- und strafrechtliche Konsequenzen Gesetzesverstöße melden können. Das ermöglicht das neue Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz, erklärt die Samstags-FAZ (Markus Frühauf). Kritikwürdig sei allerdings, dass Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Anwälte ausgenommen seien. So wären Whistleblower, wie die wegen Luxleaks verurteilten PwC-Mitarbeiter, nach dem Gesetz nicht geschützt.

Rehabilitierung von Homosexuellen: Ein Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums sieht die Rehabilitation und Entschädigung von Homosexuellen vor, die aufgrund des abgeschafften Straftatbestandes des § 175 StGB wegen "Unzucht" verurteilt worden waren. Die Urteile der Nachkriegszeit sollen durch das Gesetz aufgehoben und den Betroffenen eine in der Höhe noch nicht festgelegt Entschädigung zugesprochen werden, berichten die Samstags-SZ (Robert Rossmann) und die Samstags-taz (Christian Rath).

Scheinvaterregress: Rechtsprofessor Herbert Grziwotz erläutert auf lto.de die geplante Beschränkungen des Unterhaltsregresses des "Scheinvaters" gegenüber dem biologischen Vater eines Kindes. Der Unterhaltsregress soll nur noch "für den Zeitraum von zwei Jahren vor Einleitung des Verfahrens auf Anfechtung der Vaterschaft bis zum Abschluss dieses Verfahrens" verlangt werden können.

Berufszugangsregelung für Tätowierer: Die Ausübung der Tätigkeit eines Tätowierers erfordert derzeit keine Befähigungsnachweise oder Berufsausbildung. Dies soll sich nun ändern, wie der Rechtsanwalt Urban Slamal auf lto.de schildert. Bundesminister Christian Schmidt habe die Regulierung der Tattoo-Branche und die Schaffung einer Berufszugangsregelung ankündigt.

Selbstverwaltung im Gesundheitswesen: Die Selbstverwaltung der Bundesorganisationen im Gesundheitswesen soll nach Plänen der Regierungskoalition zur Bekämpfung von Missbrauch und Selbstbedienung beschränkt werden, berichtet die Montags-FAZ (Andreas Mihm). Dabei gehe es um die Ausweitung von Aufsichtsrechten etwa in Bezug auf Haushaltsverfahren, Vorstandsverträge oder Vermögensanlagen, auch sollen Klage gegen Aufsichtsmaßnahmen keine aufschiebende Wirkung mehr entfalten.

Maas zu Extremismus: Wie unter anderem zeit.de meldet, äußerte sich Bundesjustizminister Heiko Maas besorgt über die Entwicklungen im deutschen Rechtsextremismus und damit einhergebende Bedrohungen für die Demokratie.

EU-Regierung: In einem Gastbeitrag für die Montags-FAZ schildert EU-Parlamentspräsident Martin Schulz seine Pläne für Europa: U.a. stellt er sich eine EU-Regierung vor, die Verantwortlichkeiten regelt und demokratische Klarheit schafft. Dazu berichtet u.a. spiegel.de.

Erbschaftsteuer: Für focus.de erklärt der Autor Gerd Maas, "warum die Erbschaftsteuer abgeschafft gehört".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. bis 4. Juli 2016: Papierlose Justiz / Kritik an BND-Reform / BRAK und DAV gegen de Maizière . In: Legal Tribune Online, 04.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19872/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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