Die juristische Presseschau vom 2. Oktober 2015: Beschlag­nahme von Immo­bi­lien – Haft bei Ein­rei­se­verbot – Staats­an­walt­schaft kor­ri­giert sich

02.10.2015

Justiz

EuGH zu EU-Rückführungsrichtlinie: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Mitgliedstaaten der Europäischen Union Drittstaatenangehörige inhaftieren dürfen, welche trotz Einreiseverbots in das jeweilige Hoheitsgebiet eines Staates eingereist seien. Nationale Regelungen, welche hierfür Haft vorschreiben, verstoßen nicht gegen die EU-Rückführungsrichtlinie, welche das in allen Mitgliedstaaten geltende Verfahren für Abschiebungen von illegal eingereisten Drittstaatenangehörigen festlegt. Ein albanischer Staatsangehöriger, mit Einreiseverbot nach Italien eingereist, hatte geklagt, schreiben lto.de und zeit.de.

EuGH zu Datenübermittlung: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die EU-Datenschutzrichtlinie einer nationalen Praxis entgegenstehe, wonach personenbezogene Daten zwecks Verarbeitung zwischen Verwaltungsbehörden verschiedener Mitgliedstaaten übermittelt werden, ohne die betroffenen Personen zuvor davon zu unterrichten. Dies meldet lto.de.

EuGH – Steuerberater: Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof plädiert dafür, auch ausländischen Steuerberatungsgesellschaften eine Tätigkeit in Deutschland zu erlauben, meldet die FAZ. Die Steuerberater in Deutschland würden dadurch ihr "Quasi-Monopol" verlieren. Der Bundesfinanzhof hatte die Frage, ob das entsprechende Verbot mit dem Europarecht vereinbar sei, dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, nachdem eine niederländische Firma geklagt hatte.

BGH zu Metro: Metro hat im Streit mit Media-Saturn-Minderheitseigner Erich Kellerhals einen wichtigen Teilerfolg erzielt. Der Bundesgerichtshof wies eine Beschwerde der Kellerhals-Investmentgesellschaft Convergenta gegen die Einrichtung eines Beirats bei Media-Saturn ab, mit dem Metro die umfassenden Vetorechte des Minderheitseigners Kellerhals aushebeln wollte, meldet das Handelsblatt.

BSG zu Sozialversicherung und Familien: Landessozialrichter Jens Blüggel bespricht auf lto.de das Urteil des Bundessozialgerichts zur nicht verfassungswidrigen Benachteiligung von Familien im Sozialversicherungsrecht. Er geht der Frage nach, ob der Gesetzgeber seine "Hausaufgaben" gemacht habe, die ihm vom Bundesverfassungsgericht 2001 im Bereich der sozialen Pflegeversicherung aufgegeben wurden.

BGH - Terrorvorbereitung: Der Bundesgerichtshof muss im Fall der "Allgäuer Islamistin" entscheiden, ob bereits darin die "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" liegt, dass sie in syrischen Rebellengebieten Waffen zur Selbstverteidigung gegen die syrische Armee besaß. Das Urteil ist für den 17. Oktober angekündigt. taz.de (Christian Rath) schildert die mündliche Verhandlung.

VG München zu Tabakwerbung: Eine Marlboro-Werbung wurde zu Unrecht wegen Jugendgefährdung vom Landratsamt München 2013 verboten, dies entschied das Verwaltungsgericht München und hob den Verbotsbescheid des Amtes auf. "Die Kammer könne allein in der Wortkombination aus 'Be' und 'Maybe' keine 'besondere Ansprache der Jugend erkennen' - und nur dann hätte die Kampagne dauerhaft verboten werden können", melden die SZ (Vivien Timmler) und lto.de.

LG Frankfurt – S&K-Prozess: Am dritten Prozesstag um die mutmaßlichen Millionenbetrügereien der Kapitalanlagefirma S&K vor dem Landgericht Frankfurt "...liefern sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft scharfe Scharmützel", berichtet die SZ (Markus Zydra), so dass noch nicht einmal mit dem Verlesen der 1.700-seitigen Anklage begonnen werden konnte. Das Verfahren wird mindestens noch ein Jahr dauern; die Öffentlichkeit hingegen habe ihr Urteil bereits weitgehend gefällt, nachdem Filme aufgetaucht waren, welche die beiden Hauptangeklagten mit 500 Euro-Scheinen posierend zeigten.

StA Braunschweig – Martin Winterkorn: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig dementiert Meldungen, wonach gegen Martin Winterkorn ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sein soll: "Gegen Prof. Dr. Winterkorn besteht kein Anfangsverdacht", melden zeit.de und spiegel.de. Es seien lediglich Anzeigen gegen den ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden eingegangen und demnach entsprechende Vorgänge bei der Ermittlungsbehörde angelegt worden. Die SZ (Hans Leyendecker/Klaus Ott) geht der Frage nach, wie es zu der ursprünglich falschen Pressemitteilung der Braunschweiger Staatsanwaltschaft kommen konnte.

Google – Microsoft: Wie spiegel.de meldet, haben Google und Microsoft ihren Patentstreit beendet und wollen rund 18 Patentklagen in den USA und Deutschland beilegen. Streit habe vor allem um das Android-Betriebssystem, aber auch um Patente für die Spielkonsolen Xbox oder Windows-Produkten von Microsoft geherrscht.

LG Köln zu Jörg Kachelmann/Bild: Die FAZ (Oliver Tolmein) weist auf das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshof vor fast 60 Jahren zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht hin. Dem lag der sogenannte "Herrenreiter-Fall" zu Grunde, wonach das Konterfei eines Dressurreiters ohne seine Einwilligung zur Werbung für ein potenzsteigerndes Mittel genutzt und vom Landgericht Köln in Folge 1.000 Mark Entschädigung zugesprochen wurde. Daneben zeigt er die Diskrepanz zwischen Schmerzensgeldzahlungen und Entschädigungszahlungen bei Persönlichkeitsverletzungen von Prominenten auf.

Stuttgart 21: Die Kontext-Wochenzeitung/Beilage der taz (Jürgen Bartle) zeichnet nach, wie der Vorsitzende Richter a.D. Dieter Reichert und der Oberstaatsanwalt a.D. Bernhard Häußler von einer "stets tadellos[en]" Zusammenarbeit zu Feinden wurden. Nun habe der Richter a.D. gegen den Oberstaatsanwalt a.D beim Generalstaatsanwalt Anzeige wegen falscher uneidlicher Aussage und Strafvereitelung im Amt erstattet. Dem Ganzen liegen die Ereignisse zu "Stuttgart 21" zu Grunde, bei welchen Häußler zur Hassfigur des Widerstands wurde, unter anderem deshalb, weil er es unterlassen habe, auch gegen Polizeibeamte zu ermitteln.

Mietrecht: Die Rechtsanwältinnen Simone Engel und Antonia Koch gehen in der FAZ wichtigen Mietrechtsfragen nach und stellen vier Urteile und Beschlüsse vor. Vermietet der Mieter von Gewerbeimmobilien zum Beispiel ohne Erlaubnis des Vermieters unter, verletze er zwar seine vertraglichen Pflichten, dies reiche aber nach Ansicht des Oberlandesgerichts Dresden regelmäßig nicht aus, um eine fristlose Kündigung auszusprechen. Auch in der Mietmarkt Beilage der SZ werden zwei Urteile zum Mietrecht vorgestellt: zum einen ebenfalls eine unberechtigte Untervermietung, hier zur Wohnungsmiete, sowie zur Schonfrist des Mieters bei Kündigung wegen verspäteter Mietzahlung. Dabei sei darauf zu achten, dass die nachträgliche Überweisung dem Mieter ausdrücklich zuzuordnen sei, andernfalls seien die Ansprüche nicht ausgeglichen und die Kündigung wirksam.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. Oktober 2015: Beschlagnahme von Immobilien – Haft bei Einreiseverbot – Staatsanwaltschaft korrigiert sich . In: Legal Tribune Online, 02.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17083/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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