Die juristische Presseschau vom 2. September 2016: Met­hadon im Gefängnis / Ermitt­lungen gegen Becken­bauer / Voßhoff kri­ti­siert BND

02.09.2016

Straßburg kritisiert rigide Linie der bayerischen Justiz bei Drogensubstitution von Häftlingen. Außerdem in der Presseschau: Die Schweiz geht gegen Franz Beckenbauer vor und die Datenschutzbeauftragte rüffelt den Bundesnachrichtendienst.

Thema des Tages

EGMR zu Methadon im Gefängnis: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Deutschland verurteilt, weil einem heroinabhängigen Häftling in einem bayerischen Gefängnis die Substitutionstherapie mit Methadon verweigert wurde. Der Fall sei nicht gründlich genug geprüft worden. Bayern ist unter allen Bundesländern in dieser Frage am restriktivsten. Es berichten FAZ (Reinhard Müller), SZ (Ruth Eisenreich) und Badz (Christian Rath).

Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) kritisiert die bayerische Justiz. Sie sehe die Drogensucht von Strafgefangenen zu sehr als Normverstoß und nicht als Krankheit. Ruth Eisenreich (SZ) fordert: "Die bayerische Justiz sollte dieses Urteil zum Anlass für ein Umdenken nehmen." Denn: "ein substituierter Süchtiger ist nicht mehr ständig auf der Suche nach Stoff, kann eher arbeiten gehen – und wird nicht so leicht wieder straffällig."

Rechtspolitik

Kameras im Gerichtsaal: Frank Bräutigam (blog.tagesschau.de) erläutert, wie die ARD und Phoenix von der geplanten Möglichkeit, Urteile der obersten Bundesgerichte zu übertragen, Gebrauch machen würden. So verfahre man heute schon am Bundesverfassungsgericht. Diese Praxis sei kein "Zirkus" und nicht der "Niedergang des Rechtsstaats", wie am Vortag ein FAZ-Kommentar befürchtet hatte.

Leistungsschutzrecht: Die Europaabgeordnete Julia Reda (Piraten) kritisiert im Interview mit spiegel.de (Markus Böhm) die Pläne der EU-Kommission zur Einführung eines EU-weiten Leistungsschutzrechts für Zeitungsverlage. Die EU-Pläne gingen weit über das jüngst in Deutschland eingeführte Leistungsschutzrecht hinaus. Es solle 10 Jahre (statt 1 Jahr) und nicht nur im Internet gelten. Nicht einmal kurze Snippets seien erlaubt.

Grenzsicherung und Flüchtlinge: Reinhard Müller (FAZ) greift noch einmal die Frage auf, ob Deutschland Flüchtlinge, die über sichere Drittstaaten ankommen, einreisen lassen darf. Er referiert dabei zustimmend das Gutachten, das Ex-Verfassungsrichter Udo di Fabio zur Vorbereitung einer bayerischen Verfassungsklage angefertigt hatte. Der Bund bleibe im Falle des "nachweisbaren Leistungsverlusts europäischer Systeme" in der Verantwortung für die "wirksame Kontrolle von Einreisen in das Bundesgebiet". Das Handeln der Regierung, insbesondere der Kanzlerin, sei aber nicht justiziabel.

Dreielternschaft: Der Autor Jochen König plädiert in einem taz-Gastbeitrag für die Zulassung einer Elternschaft zu dritt. In der Geburtsurkunde sollten drei Personen eingetragen werden können, auch das Sorgerecht solle von drei Personen ausgeübt werden können. Dies werde nicht im Chaos enden, sondern ermögliche Mehrheitsabstimmungen.

Medien-Schiedsgericht: Auf Initiative der sächsischen Staatskanzlei ist in Leipzig das erste Medienschiedsgericht Deutschlands eingerichtet worden. Getragen wird das Gericht von einem Verein, dem u.a. ZDF, MDR und der Verband der Zeitungsverleger angehören, melden die SZ (Wolfgang Janisch) und die taz. Aus einem Pool von 21 Schiedsrichtern sollen sich die Beteiligten jeweils ihre Richter auswählen, die dann einen neutralen Vorsitzenden wählen. Das Schiedsgericht soll Konflikte zwischen Medienunternehmen schneller klären als die staatliche Justiz.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. September 2016: Methadon im Gefängnis / Ermittlungen gegen Beckenbauer / Voßhoff kritisiert BND . In: Legal Tribune Online, 02.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20457/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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