Die juristische Presseschau vom 20. Januar 2012: Razzia bei Wulff-Intimus – Schickedanz will Geld zurück – RAF-Gefangene ungebeugt

20.01.2012

Der ehemalige Sprecher von Christian Wulff, Olaf Glaeseker, steht unter dem Verdacht der Bestechlichkeit. Der Bundesgerichtshof äußert sich zur Gründung von Rechtsanwaltsgesellschaften, Madeleine Schickedanz will gegen ihre Finanzberater klagen, Norwegens Geheimdienstchefin tritt zurück und die Internationale der Hedgefonds will das Menschenrecht auf Gewinn erkämpfen.

Razzia bei Glaeseker: Über die Hausdurchsuchung beim im Dezember entlassenen Sprecher von Christian Wulff, Olaf Glaeseker, berichtet unter anderem spiegel.de (Severin Weiland, Philipp Wittrock). Der Verdacht auf die Bestechlichkeit Glaesekers begründe sich unter anderem darin, dass er als Regierungssprecher Niedersachsens dreimal mit seiner Ehefrau kostenlos in Immobilien des Eventmanagers Manfred Schmidt Urlaub gemacht haben soll. Schmidt habe unter anderem Wulffs private Feier nach dessen Wahl zum Bundespräsidenten organisiert.

Laut focus.de (Martina Fietz) soll Glaeseker die Veranstaltung und Finanzierung der Veranstaltungsreihe Schmidts "Nord-Süd-Dialog" "gefällig" gefördert haben. Glaeseker sei mehr als nur ein Sprecher Wulffs gewesen, sondern habe dessen Weg nach oben organisiert.

Weitere Themen – Rechtspolitik

EU-Datenschutz-Richtlinie: Thomas Stadler (internet-law.de) gibt einen Überblick über die weitreichende Kritik an dem geleakten Entwurf für eine EU-Datenschutzrichtlinie. Es fehlt eine ehrliche und offene Analyse des Ist-Zustands. Impulse kämen derzeit aus der Rechtswissenschaft und Teilen der Internet-Community, aber nicht aus der Politik und noch weniger von den Datenschutzaufsichtsbehörden.

Die FTD (Claus Hecking) berichtet über die Bestrebungen der US-Regierung, die Datenschutzrichtlinie abzuschwächen, die sie in dieser Form für eine Gefahr für den Welthandel halte.

Freie Werkstattwahl für Autobesitzer: Die FTD (Michael Gassmann) untersucht die Praxis von Autoherstellern, mit fragwürdigen Hinweisen auf den "Verlust von Garantie oder Kulanz" Autobesitzer unter Druck zu setzen, eine Vertragswerkstatt aufzusuchen. In ihrem Leitartikel kommentiert die Zeitung, die Konzerne könnten nicht einfach entgegen ständiger einhelliger  Rechtsprechung gegenüber Kunden behaupten, sie dürften nur in Vertragswerkstätten Garantiereparaturen durchführen lassen.

Weitere Themen – Justiz

Schickedanz will Geld zurück: Madeleine Schickedanz baut laut FTD (Henning Hinze) juristischen Druck gegen ihre Finanzberater bei Sal. Oppenheim auf. Der Entwurf einer Klage sei dem Zuständigkeitsfestlegungsantrag an das Oberlandesgericht Köln beigelegt worden, das zunächst das Landgericht Köln oder das Landgericht Bonn als Gerichtsstand zu bestimmen habe. Laut Schickedanz-Anwalt Peter Rath werde primär ein Vergleich angestrebt. Die in manchen Medien genannte Summe von zwei Milliarden sei zu hoch, wird Rath bei ftd.de zitiert.

Laut SZ (Uwe Ritzer) hat sich Madeleine Schickedanz von der Milliardärin zur Millionärin heruntergewirtschaftet. Das Blatt beschreibt ihr langjähriges Desinteresse am ererbten Vermögen und ihr Verhältnis zu verschiedenen Beratern.

Rechtsanwaltsgesellschaften: Der Bundesgerichtshof hat die Einrichtung einer Rechtsanwaltsgesellschaft bestehend aus zwei Patentanwälten und einem Rechtsanwalt abgelehnt. Mit der Entscheidung vom November 2011 setzt sich Rechtsanwältin Sabine Pitrof (blog.handelsblatt.com) auseinander. Da die GmbH bei drei einzeln zur Vertretung berechtigten Geschäftsführern mehrheitlich nicht von Rechtsanwälten vertreten worden sei, seien die fachlichen Anforderungen im Rahmen des Berufsrechts nicht erfüllt. Das Gericht bestätigte die geltende Rechtslage und habe eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht für nicht erforderlich erachtet.

Christa Eckes ungebeugt: Die schwer krebskranke ehemalige RAF-Terroristin Christa Eckes darf im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Ermordung Siegfried Bubacks nicht in Beugehaft genommen werden. Wie unter anderem der SWR-Terrorismus-Blog (Holger Schmidt) mitteilt, hat der Bundesgerichtshof eine derartige Zwangsmaßnahme für unverhältnismäßig erklärt. Dabei sei es weniger auf die weitreichenden Aussageverweigerungsrechte im Rahmen der Mosaik-Theorie, sondern vor allem auf den schlechten Gesundheitszustand von Christa Eckes angekommen.

Bundesanwaltschaft und Völkerstrafgesetzbuch: lto.de (Christian Rath) setzt sich mit der aktuellen Diskussion zur Rolle der Bundesanwaltschaft als Anklagebehörde nach dem Völkerstrafgesetzbuch auseinander. Während Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger die Behörde unlängst als "global player" der Strafjustiz bezeichnet habe, habe der Präsident des Bundesgerichtshofs, Tolksdorf, vor einer Überlastung der Anklagebehörde durch die neue Rechtsmaterie gewarnt.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Norwegens Geheimdienstchefin zurückgetreten: Weil sie im Rahmen einer Anhörung geheime Informationen zur Tätigkeit in Pakistan preisgegeben hat, ist die Chefin des norwegischen Geheimdienstes, Janne Kristiansen, zurückgetreten. Laut taz (Reinhard Wolff) hat Justizministerin Grete Faremo ein Verfahren wegen möglichen Geheimnisverrats eröffnet.

Auch die FAZ (Sebastian Balzter) weist darauf hin, dass Kristiansen durch ungeschickte Einlassungen bezüglich der Ermittlungen gegen Anders Breivik bereits angeschlagen war.

Das Letzte zum Schluss

Das Menschenrecht auf Gewinn: Wie die FAZ (Joachim Jahn, Bettina Schulz) unter Berufung auf einen Beitrag in der New York Times berichtet, drohen verschiedene Hedgefonds mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), sofern Griechenland zu einem Schuldenschnitt gezwungen wird. Anknüpfungspunkt könne das Recht auf Eigentum sein, dessen Verletzung von den Richtern in Straßburg bisher allerdings nur selten festgestellt worden sei.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)

lto/ro

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. Januar 2012: Razzia bei Wulff-Intimus – Schickedanz will Geld zurück – RAF-Gefangene ungebeugt . In: Legal Tribune Online, 20.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5352/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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