Die juristische Presseschau vom 18. August 2011: Milliardengeschenk für Studierende - Anti-Terror-Gesetze verlängert - Tabakindustrie gegen Schockbilder

18.08.2011

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, Ausbildungskosten als steuerlich absetzbar anzuerkennen, ist heute das diskutierte Thema Nummer Eins. Außerdem in der Presseschau: Das Bundeskabinett verlängert die Anti-Terror-Gesetze, die US-Tabakindustrie geht juristisch gegen geplante Schockbilder vor, Kritik an Ex-Ministerpräsident Peter Müller und vieles andere.

Milliardengeschenk für Studierende: Mit seiner Entscheidung, die Kosten einer beruflichen Ausbildung als steuerlich absetzbar anzuerkennen (Presseschau vom 12. August), hat der Bundesfinanzhof nach Auffassung von Elke Spanner und Jens Tartler (FTD, auch ftd.de) den Studierenden ein Milliardengeschenk gemacht. Studierende könnten nun die Kosten ihrer Erstausbildung künftig in voller Höhe mit dem Gehalt der ersten Berufsjahre verrechnen und so ihre Steuerlast senken. Der Leitartikel der FTD (auch ftd.de) sieht die Verantwortlichkeit beim Gesetzgeber: "Das Bundesfinanzministerium hat wieder einmal ein schlampiges Steuergesetz gezimmert." Eine Übersicht zu den absetzbaren Einzelposten gibt es bei spiegel.de (Yasmin El-Sharif, Sven Böll). Joachim Jahn (FAZ) macht den Studierenden dagegen wenig Hoffnung, er rechnet mit einem Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministeriums. Dieses Instrument gibt der Finanzverwaltung die Möglichkeit gibt, unerwünschte höchstrichterliche Rechtsprechung zu ignorieren.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Anti-Terror-Gesetze verlängert: Wie unter anderem focus.de und die FR berichten heute die meisten Medien über den Kabinettsbeschluss zur Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze. Heribert Prantl (SZ) kritisiert die nochmalige Verlängerung des Gesetzespakets von 2001 als Perpetuierung des Notstands: "Aus Gesetzen, die vor zehn Jahren als Notgesetze für eine vermeintliche Notzeit gemacht waren, wird also jetzt ohne Not Alltag."

Mit Vorratsdatenspeicherung 0,01 Prozent sicherer: lawblog.de (Udo Vetter) verweist auf einen Beitrag, in dem die schleswig-holsteinische Landesregierung den Anstieg der Aufklärungsquote durch Vorratsdatenspeicherung bei Ermittlungen gegen Kinderpornografie als kleiner als 0,01 Prozent beziffert.

Maßregelvollzug durch Private: verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) befasst sich mit der Ankündung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, über die Grenzen der Privatisierung im Bereich des Maßregelvollzugs mündlich verhandeln zu wollen. Gegenstand sei das entsprechende hessische Gesetz und die Frage, ob es den Maßstäben des Art. 33 IV GG, des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips, des Gewaltmonopols und der grundrechtlichen Schutzpflichten genüge.

Schuldenbremse und Verfassungsgericht: Christian Rath (taz, auch taz.de) sieht in der 2009 in Deutschland eingeführten Schuldenbremse kein Modell, das zur Stärkung der Haushaltsdisziplin auf andere EU-Länder mit einer gänzlich anderen Verfassungstradition übertragbar wäre. Nur die Ausnahmestellung des Bundesverfassungsgerichts garantiere im deutschen Kontext, dass eine permanente Überschreitung der erlaubten Obergrenzen unterbliebe. Sinnvoller wäre es vielmehr, die Regeln im Stabilitäts- und Wachstumspakt zu verschärfen.

Weitere Themen - Justiz

Kritik an Peter Müller: Das Handelsblatt (Heike Anger) berichtet über Kritik an den Plänen von Peter Müller, bald Richter am Bundesverfassungsgericht werden zu wollen. Der Staatsrechtler Christoph Degenhart (Leipzig) fordere eine angemessene zeitliche Distanz, der Verfassungsrechtler Joachim Wieland (Speyer) befürchte die Möglichkeit der Befangenheit. Beispielsweise bei der Frage des Länderfinanzausgleichs könne der ehemalige Regierungschef des Saarlandes, stets Empfänger von Transferleistungen, als Richter mit seinen vormaligen politischen Positionen in Konflikt geraten.

Bundesarbeitsgericht zu Feiertagszuschlägen: Wie lto.de berichtet, hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom gestrigen Mittwoch entschieden, dass Feiertagszuschläge nur für gesetzliche Feiertage, und damit nicht für Arbeit am Oster- und Pfingstsonntag gezahlt würden (Az. 10 AZR 347/10).

Bundesgerichtshof schützt Unicredit: Wie ftd.de (Georg Hegmann) berichtet, steht die seit gut drei Jahren anhängigen Klagen über knapp 17 Milliarden Euro Schadenersatz wegen des Umbaus der Münchner HypoVereinsbank (HVB) vor dem Aus. Ein Beschluss des Bundesgerichtshofs lasse sich so verstehen, dass der 2007 von Kleinaktionären gewählte "besondere Vertreter" der HVB, der Bonner Rechtsanwalt Thomas Heidel, die 2008 gestellten Klagen gegen den heutigen Alleinaktionär der HVB nicht mehr werde weiterverfolgen können.

Solar Millenium gegen Utz Claasen: Laut zeit.de (Kevin P. Hoffmann) kommt der Streit zwischen Solar Millennium und Utz Claassen um neun Millionen Euro Prämie nun vor Gericht. Ab dem 9. September werde sich das Landgericht Nürnberg-Fürth damit beschaffen, ob dem vormaligen EnBW-Chef Claasen 9 Millionen Euro Antrittsgeld für 74 Arbeitstage bei einem Unternehmen mit damals 180 Mitarbeitern zustünden. Zugleich werde gegen Hannes Kuhn, den Solar-Millennium-Gründer, größten Anteilseigner und heute Aufsichtsratsmitglied wegen Insider-Geschäften ermittelt, da er durch sein Wissen über die bevorstehende Verpflichtung Claasens unerlaubte Einkünfte erzielt haben soll.

Weitere Themen – Recht in der Welt

England: Die Verurteilung von zwei zwanzigjährigen, nicht vorbestraften Männern zu jeweils vier Jahren Haft, wird kontrovers diskutiert. Die beiden hatten auf Facebook zu Krawallen aufgerufen. Die FAZ (Johannes Leithäuser) untersucht die Konflikte innerhalb der britischen Regierung, die taz (Ralf Sotschek, auch taz.de) spricht von "Eilverfahren zur Abschreckung" mit fragwürdiger juristischer Plausibilität. Wie FTD (Sebastian Borger, auch ftd.de) berichtet, seien die beiden Männer aufgrund eines 2007 verabschiedeten Strafrechtsparagrafen verurteilt worden, der sich bisher vor allem gegen islamistische Extremisten gerichtet habe.

USA: Wie die FR, spiegel.de (Stefan Schultz) und die SZ (Nikolaus Piper) berichten, haben vier Tabakkonzerne Klage gegen die US-Arznei- und Lebensmittelaufsicht FDA (Food and Drug Administration) wegen neu vorgeschriebener Warnhinweise auf Zigarettenpackungen, beispielsweise durch Fotos von Raucherlungen, eingereicht. Nach Auffassung des drittgrößten Tabakunternehmens in den USA, Lorillard, sind die neuen Warnhinweise über die Gefahren des Rauchens ein "verfassungswidriges Mittel", um die Tabakindustrie dazu zu zwingen, die Anti-Raucher-Botschaft der Regierung zu verbreiten.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)

lto/ro

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. August 2011: Milliardengeschenk für Studierende - Anti-Terror-Gesetze verlängert - Tabakindustrie gegen Schockbilder . In: Legal Tribune Online, 18.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4050/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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