Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. Dezember 2011: Bundespräsident am Pranger– Bundesrat beschlussfreudig – Polizei blamiert sich

19.12.2011

Ein Schnäppchen beim Häuserkauf – oder ein Gesetzesverstoß? Der Bundespräsident steht wegen eines Privatkredits in der Kritik. Außerdem in der Presseschau: eine Reihe neuer Gesetze, Personalien am Verfassungsgericht, Streit um die Post und Meinungsverschiedenheiten am Internationalen Strafgerichtshof. Zum Schluss findet die Polizei noch einen Dieb an ganz ungünstiger Stelle.

Kredit-Affäre: Bundespräsident Christian Wulff wird vorgeworfen, bei der Annahme eines Privatkredits während seiner Amtszeit als Ministerpräsident Niedersachsens gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen zu haben. zeit.de fasst die Vorwürfe zusammen. Die Montags-taz (Ulrich Schulte) zitiert den Verfassungsrechtler Hans-Heribert von Arnim mit den Worten: "Das Ministergesetz stellt unmissverständlich klar, dass Mitglieder der Landesregierung keine Belohnungen oder Geschenke annehmen dürfen", darunter fielen auch zinsgünstige Darlehen. Jens Schneider (Montags-SZ) kommt hingegen zu dem Schluss, bei dem Ministergesetz handele es sich um einen "Moralkodex", ein Verstoß würde "keinesfalls sofort zu Konsequenzen führen".

Wulff hat derweil seine privaten Urlaubsreisen offengelegt. Focus Online dokumentiert die Erklärung seiner Anwälte im Wortlaut.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Beschlüsse des Bundesrats: Der Bundesrat hat am Freitag einer Reihe von Gesetzen zugestimmt, von denen einige in der Samstags-SZ knapp zusammen gefasst werden. Neben Gesetzen zum Kinderschutz und zur Löschung von Kinderpornografie wurde auch ein Landarztgesetz verabschiedet, das die medizinische Versorgung auf dem Land verbessern soll. Weiterhin wurden die Senkung des Rentenbeitrages, die Errichtung der Visa-Warndatei und der Bundeshaushalt für das kommende Jahr vom Bundesrat gebilligt.

Illegale Märkte: Verboten, aber profitabel: die FAS (Maximilian Weingartner) beschäftigt sich mit illegalen Märkten. Neben dem Fall um den Kunstfälscher Beltracchi, geht es auch um den Handel mit menschlichen Organen, Drogen, Zigaretten und gestohlenen Autos.

Weitere Themen - Justiz

Udo Di Fabio: Die Montags-FAZ (Reinhard Müller) porträtiert den scheidenden Verfassungsrichter Udo Di Fabio. Er habe "wie kaum ein zweiter Richter in den vergangenen Jahren das deutsche Staatsorganisationsrecht geprägt". Derweil betrachtet Oliver García im De legibus Blog, wie Richterwechsel die Haltung des Gerichts beeinflussen.

Post-Werbung: Der Bundesgerichtshof hat Ende letzter Woche im Streit zwischen Zeitungsverlegern und der Deutschen Post AG entschieden. Dabei erklärte der BGH die Post-Werbesendung "Einkauf Aktuell" für wettbewerbsrechtlich zulässig. Die Hintergründe des Verfahrens erläutert der Rechtsanwalt Markus Ruttig auf lto.de. Demnach habe die Verlegerseite, anders als der BGH, das Reklameblatt als staatliches Presseprodukt angesehen, weil die in Staatseigentum befindliche Kreditanstalt für Wiederaufbau der größte Einzelaktionär der Post ist. Ruttig hält es für "nicht ausgeschlossen", dass sich im Hinblick auf die Pressefreiheit auch das Bundesverfassungsgericht noch mit dem Fall befassen wird.

Stuttgart 21: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat am Freitag die Bauarbeiten für den Stuttgarter Bahnhof teilweise gestoppt. Bei einer Änderung des Grundwassermanagements sei der Artenschutz nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dazu berichtet die Samstags-taz (Nadine Michel).

Inzest-Prozess: Den Fortgang des Prozesses gegen einen Familienvater aus Wilmersbach, der seine Tochter jahrzehntelang missbraucht haben soll, schildert die Samstags-SZ (Katja Auer/Olaf Przybilla).

Breuer-Prozess: Das Verfahren gegen den wegen Prozessbetrug angeklagten früheren Vorstandssprecher der Deutschen Bank Rolf Breuer könnte eingestellt werden. Das berichtet die Montags-SZ (Klaus Ott). "Verlierer" eines solchen Deals seien der verstorbene Medienunternehmer Leo Kirch und dessen Erben.

Selbstgespräche: Der Bundesgerichtshof muss klären, ob ein abgehörtes Selbstgespräch als Indiz in einem Strafprozess verwendet werden darf. Der Spiegel (Dietmar Hipp) erläutert die Hintergründe des Verfahrens, das Urteil werde am kommenden Donnerstag erwartet.

Haftung bei Börsengängen: Ein Arbeitskreis von Banken, Wirtschaftskanzleien und Professoren hat ein Thesenpapier erstellt, mit dem ein Urteil des Bundesgerichtshofes zur Haftung bei der Ausgabe von Aktien ausgelegt werden soll. Dem Handelsblatt (Laura de la Motte) liegt das Papier vor.

Wahn oder Realität: Bayerns Justizministerin Beate Merk hat Spekulationen um einen Justizskandal zurückgewiesen. Die Montags-taz (Christian Rath) berichtet über den Fall. Demnach hatte der Nürnberger Gustl Mollath seiner bei der HypoVereinsbank tätigen Ehefrau vorgeworfen, Schwarzgeldtransfers vorzunehmen. Nachdem er gegenüber der Frau gewalttätig geworden war, wies ihn das Landgericht Nürnberg wegen einer "wahnhaften Störung" in die Psychatrie ein. Ein "Unterstützerkreis" hält die Vorwürfe Mollaths jedoch für begründet und vermutet einen Bankenskandal.

Illegaler Download: Die Samstags-SZ (Daniela Kuhr) befasst sich in einer Reportage mit dem Fall eines Mannes, der wegen des illegalen Downloads eines Computerspiels rechtskräftig zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Der Mann sei sich jedoch sicher, dass der Download nicht über seinen Internetanschluss erfolgt sein könne. Sein Anwalt vermute Softwarefehler als Ursache des Irrtums und gehe davon aus, dass "jedes Jahr einige tausend Menschen zu Unrecht abgemahnt werden", dies jedoch nicht vor Gericht beweisen können.

Vergeltung: Der Essay des Strafrechtlehrers Tonio Walter in der Zeit kann nun auch online nachgelesen werden.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Terrorist Carlos: Der als "Carlos" bekannt gewordene Terrorist Ilich Ramírez Sánchez ist in Paris zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Er soll für vier Anschläge in den 1980er Jahren verantwortlich sein, wie die Samstags-taz (Rudolf Balmer) berichtet. Die Samstags-SZ (Stefan Ulrich) fasst das fünfstündige "fidelcastrophale" Schlussplädoyer Carlos' zusammen.

Kein FDLR-Prozess: Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat die Anklage gegen den Exekutivsekretär der ruandischen FDLR-Miliz Callixte Mbarushimana fallen gelassen. Das berichtet die Montags-taz (Dominic Johnson). Mbarushimana soll nach Ansicht der Anklagebehörde für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kongo verantwortlich sein. Die Vorsitzende Richterin stimmte mit einer Minderheitsmeinung gegen ihre beiden Beisitzer; der Chefankläger am IStGH, Luis Moreno-Ocampo, hat Berufung beantragt. In einem gesonderten Kommentar fragt Dominic Johnson (taz.de): "Wenn der Strafgerichtshof Verbrechen von Milizen nicht ahnden kann, weil die Beweiserhebung schwierig ist, wozu ist ein solches Gericht dann überhaupt da?"

Das Letzte von Heute

Polizeimodel unter Verdacht: Ausgerechnet mit einem mutmaßlichen Dieb als Fotomodel wirbt die Hamburger Polizei für Nachwuchs. Wie bild.de berichtet, werden die Plakate eingestampft, nachdem eine Frau den Mann auf dem Plakat als Dieb erkannt haben will.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ak

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. bis 19. Dezember 2011: Bundespräsident am Pranger– Bundesrat beschlussfreudig – Polizei blamiert sich . In: Legal Tribune Online, 19.12.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5128/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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