Die juristische Presseschau vom 13. Juli 2011: Neuer Generalbundesanwalt? - Neue Ethikkommissionen - Neue Hoffnung für geprellte Anleger

13.07.2011

Wenn die Süddeutsche Zeitung richtig vermutet, dann geht der Koalitionspoker um die Besetzung des Generalbundesanwalts und des Präsidenten am Bundesfinanzhof bald zu Ende. Ansonsten in der heutigen Presseschau: Vorschläge zur embryonenfreundlichen Ausgestaltung von Ethikkommissionen, ein anlegerfreundliches Urteil zu Kombirenten und vieles andere.

Verhandlungen über Justizposten: Michael Steindorfner könnte neuer Generalbundesanwalt werden. Das berichtet die SZ (Wolfgang Janisch) auf ihrer Titelseite. Der ehemalige Ministerialdirektor im Stuttgarter Justizministerium war ständiger Vertreter des jüngst abgewählten FDP-Justizministers Ulrich Goll und gilt deshalb als liberal, obwohl er CDU-Mitglied ist. Die jetzige Amtsinhaberin Monika Harms scheidet im September aus Altersgründen aus. Im Gegenzug könnte Rudolf Mellinghof Präsident des Bundesfinanzhofs werden, spekuliert die SZ. Die Stelle ist seit Ende März verwaist. Mellinghof ist derzeit Bundesverfassungsrichter und wurde einst von der CDU vorgeschlagen.

Weitere Themen - Rechtspolitik

PID und Ethikkommissionen: Nachdem der Bundestag die Präimplantationsdiagnostik (PID) vorige Woche teilweise freigegeben hat, müssen bald Ethikkommissionen darüber entscheiden, ob eine drohende Erbkrankheit "schwerwiegend" im Sinne des novellierten Embryonenschutzgesetzes ist. Die Zusammensetzung dieser Ethikkommissionen müsse die Bundesregierung per Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats klären, berichtet die FAZ (Oliver Tolmein). Der Autor schlägt vor, dass dabei Ärzte keine Mehrheit haben sollten und Menschen einzubeziehen sind, die Erfahrung mit Behinderungen haben.

Transparenz bei Rüstungsexporten: lto.de (Sebastian Roßner) beschreibt, wann der Bundestag nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Anspruch auf Information durch die Bundesregierung hat. Bezogen auf den Export von Panzern nach Saudi-Arabien folgert Roßner, die Entscheidung über den Export könne kaum vor dem Parlament geheimgehalten werden.

Finanzberater: Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat ein Eckpunkte-Papier für die Einführung des neuen Berufsbildes "Finanzberater" vorgelegt. Ein Finanzberater soll nicht an Provisionen der Unternehmen verdienen, sondern vom Kunden bezahlt werden. Dies berichtet das Handelsblatt (Daniel Delhaes). Die Eckpunkte würden derzeit mit anderen Ressorts beraten.

Leiharbeit: Der Handelsblatt-Rechtsblog (Daniela Gunreben) stellt aktuelle Probleme des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vor und beschreibt die im April erfolgte Novellierung des Gesetzes. Unter anderem soll verhindert werden, "dass Arbeitnehmer ausscheiden und als Leiharbeitnehmer zu schlechteren Bedingungen wieder auf ihren ehemaligen Arbeitsplätzen eingesetzt werden".

Weitere Themen - Justiz

Ebay-Urteil des EuGH: lto.de (Richard Dissmann/Fabian Niemann) analysiert ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Danach müssen Online-Marktplätze wie Ebay wirkungsvolle, aber zumutbare Maßnahmen gegen Anbieter gefälschter Markenware treffen. Der EuGH bewege sich dabei auf der Linie des deutschen Bundesgerichtshofs. Beide Gerichte ließen aber offen, welche Maßnahmen von Ebay verlangt werden, kritisieren die Autoren.

Siemens-Vorstand fein raus: Der Ex-Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger kommt ohne Anklage davon. Die Kenntnis schwarzer Kassen bei Siemens konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Im wesentlichen wurde ihm am Ende nur noch vorgeworfen, dass er gegen Bestechung in Nigeria nicht einschritt. Das Verfahren soll gegen Geldauflage eingestellt werden, Neubürger will 400.000 Euro an gemeinnützige Organisationen spenden. Das berichten unter anderem die FAZ (Rüdiger Köhn) und die FTD (Angela Maier). Die Medien stellen auch dar, wie bisherige Verfahren gegen Siemens-Vorstände ausgingen und welche Vorwürfe noch offen sind.

Urteil zu Kombirenten: Das Landgericht Stuttgart hat Anlegern, die beim Abschluss riskanter Kombirenten viel Geld verloren haben, die Rückabwicklung der Verträge erlaubt. Das berichtet das Handelsblatt (Heike Anger). Bei einer Kombirente wird eine kreditfinanzierte Rentenversicherung mit einem Fondsparplan kombiniert. Wenn die Fonds schwächeln, macht der Anleger Verluste. Das Landgericht sah in seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil Aufklärungspflichten des Vertreibers der Kombirente "Sparenta" verletzt.

Prozessauftakt zu Mirco-Mord: Der Telekom-Mitarbeiter und bisher unbescholtene Familienvater Olaf H. steht vor dem Landgericht Krefeld, weil er den zehnjährigen Mirco missbraucht und getötet haben soll. Vom Verhandlungsbeginn, inklusive Geständnis, berichtet unter anderem spiegel.de (Jörg Diehl).

Vergewaltigung vor Gericht: In einem Feuilleton-Text befasst sich Andreas Zielcke (SZ) mit der Frage, warum der Ausgang von Prozessen über sexuelle Gewalt, so oft als Symbol für die Geschlechterbeziehungen gewertet werde. Unter anderem weist er auf die Unschuldsvermutung hin, die den meist männlichen Beschuldigten zugute komme und das mutmaßliche weibliche Opfer im Falle eines Freispruchs wie eine Lügnerin dastehen lasse. Weil es bei einer Vergewaltigung vor allem um Macht gehe, reagiere der Geschlechterdiskurs auf solche Machtasymetrien im Strafprozess empfindlich. Das Urteil über einen Angeklagten dürfe aber nicht so gefällt werden, "als gelte es, an ihm den verbreiteten männlichen Machtmissbrauch insgesamt zu verurteilen", schreibt Zielcke.

Käsemann-Prozess in Argentinien: spiegel.de (Katharina Peters) schildert die Hintergründe des Prozesses in Buenos Aires gegen acht argentinische Männer, denen die Tötung der deutschen Studentin Elisabeth Käsemann vorgeworfen wird. Käsemann soll wegen ihrer linken Aktivitäten während der Militärdiktatur verschleppt, gefoltert und getötet worden sein. Das Auswärtige Amt tritt in dem Prozess als Nebenkläger auf. Das Urteil steht bevor.

Mafia-Morde von Duisburg: Die SZ (Andrea Bachmann) berichtet über das Urteil des Schwurgerichts von Locri in Kalabrien, bei dem der Haupttäter des 2007 verübten sechsfachen Mafiamordes von Duisburg mit lebenslanger Haft bestraft wurde. Bachmann beschreibt eine Clan-Fehde als Hintergrund der Morde. Die Tat werde in Mafia-Kreisen als Fehler gewertet, weil sie für unnötige und geschäftsschädigende Aufmerksamkeit gesorgt habe.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Juli 2011: Neuer Generalbundesanwalt? - Neue Ethikkommissionen - Neue Hoffnung für geprellte Anleger . In: Legal Tribune Online, 13.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3759/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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