Die juristische Presseschau vom 27. bis 29. April 2024: Pro­zess­be­ginn in Stamm­heim / Rück­kehr der VS-Regel­an­frage / Klage gegen OpenJur wegen Namens­nen­nung

29.04.2024

Heute beginnt am OLG Stuttgart der Prozess gegen Mitglieder der Verschwörergruppe um Heinrich XIII Prinz Reuß. Brandenburg führt Regelanfrage beim Verfassungsschutz ein. Hat die Urteilsplattform OpenJur gegen den Datenschutz verstoßen?

Thema des Tages

OLG Stuttgart – Umsturzpläne/Reuß: Am heutigen Montag beginnt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart der erste von drei fast parallelen Prozessen gegen Mitglieder der rechtsextremistischen Gruppe um Heinrich XIII Prinz Reuß. Laut Anklage der Bundesanwaltschaft habe es sich die Organisation zum Ziel gesetzt, "die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland insbesondere durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform" zu ersetzen. In Stuttgart sind neun Mitglieder des militärischen Arms der Verschwörergruppe angeklagt. Ihnen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vorgeworfen. Es berichten ausführlich Mo-FAZ (Jonas Wagner), FAS (Rüdiger Soldt) und Sa-taz (Konrad Litschko).

Das, was die Verschwörer um den Frankfurter Immobilienunternehmer Heinrich XIII Prinz Reuß planten, hätte der größte Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik werden können, kommentiert Annette Ramelsberger (Mo-SZ). Das alles habe nichts mehr mit Stammtischgerede zu tun, das sei nicht das abseitige Hobby von frustrierten Bundeswehr-Veteranen oder das Freizeitvergnügen eines gelangweilten Frankfurter Adeligen, der nebenbei seine vor Jahrzehnten enteigneten Güter zurückgewinnen wollte.

Rechtspolitik

Verfassungstreue BB: Der Brandenburger Landtag hat am Freitag eine Gesetzesänderung beschlossen, nach der es für künftige Beamtinnen und Beamte eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz geben soll. "In Zukunft wird es Verfassungsfeinden wesentlich schwerer fallen, unsere Kinder als Lehrerin oder Lehrer zu unterrichten, als Polizist zu arbeiten oder als Richterin oder Staatsanwalt über Schuld und Unschuld zu entscheiden", begründete Landesinnenminister Michael Stübgen (CDU) die Neuregelung. Wie im Bund und in Baden-Württemberg soll die Entfernung von Beamten aus dem Dienst vom Staat zudem künftig direkt angeordnet werden können; eine Entscheidung der Verwaltungsgerichte ist nicht mehr erforderlich. LTO berichtet.

Verfassung Thü: Der Thüringer Landtag hat drei neue Staatsziele in die Landesverfassung aufgenommen: die Förderung des Ehrenamts, die Nachhaltigkeit und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Allerdings gab es keine Zwei-Drittel-Mehrheit, um klarzustellen, dass eine Ministerpräsident:in im dritten Wahlgang nicht mit mehr Nein- als Ja-Stimmen gewählt ist, wenn sie allein antritt. Nicht nur in diesem Punkt sei die Verfassungsänderung hinter den Erwartungen zurückgeblieben, heißt es bei LTO. Expert:innen hatten auch darauf hingewiesen, dass es bisher keinen automatischen Mechanismus für eine Auflösung des Landtags gebe, wenn keine Ministerpräsident:in gewählt wurde.

Abgeordnetenbestechung: Der Bundestag hat am Donnerstagabend einen neuen § 108f StGB beschlossen, der die "Unzulässige Interessenwahrnehmung" durch Abgeordnete unter Strafe stellt. Damit wird die Strafbarkeit auf Fälle ausgeweitet, die nichts mit der eigentlichen Arbeit der Abgeordneten im Parlament zu tun haben. Das Strafgesetzbuch sah bislang nur Strafen vor, wenn Abgeordnete für ein bestimmtes Verhalten bei der Ausübung ihres Mandats Geld oder andere Vorteile kassierten, also etwa für eine Rede oder ein konkretes Abstimmverhalten im Bundestag. spiegel.de berichtet.

Klimaschutz: Der Bundestag hat am Freitag die Änderung des Klimaschutzgesetzes beschlossen. LTO (Franziska Krings) stellt die Neuregelung und die Debatte darum vor.

V-Leute: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Regelung des Einsatzes von V-Leuten zur Strafverfolgung wird in seiner jetzigen Form vom Bundesrat als nicht zustimmungsfähig abgelehnt. Laut LTO befürchten die Länder unter anderem wegen der Dokumentationserfordernisse eine Mehrbelastung der Justiz. Außerdem wird kritisiert, dass der vorgesehene Richtervorbehalt einer effektiven Strafverfolgung entgegenstehe.

Schwangerschaftsabbruch: Kritisch setzt sich Rechtsanwalt Patrick Heinemann auf LTO mit den Vorschlägen der Kommission zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches auseinander. Insbesondere überzeuge ihn das abgestufte Schutzmodell nicht – der Schutzbereich sei eröffnet oder eben nicht. Zudem kritisiert er, dass im Bericht wie auch bei der Besetzung der Kommission wichtige gesellschaftliche Stimmen, etwa aus dem Christentum, nicht berücksichtigt wurden.

Digitale Gewalt: Vor einem Jahr hatte das Bundesjustizministerium Eckpunkte für ein Gesetz gegen digitale Gewalt veröffentlicht, einen Gesetzentwurf gibt es auch jetzt noch nicht, schreibt netzpolitik.org (Anne Roth). Ziel des geplanten Gesetzes sollte sein, dass Betroffene von digitaler Gewalt auf Plattformen und Messengern Täter:innen leichter identifizieren und dadurch zivilrechtlich gegen sie vorgehen können. Ob und wann ein Gesetz tatsächlich kommen wird, ist offen.

ZPO-Fristen: Weil die Vorschriften zur Ersatzeinreichung, die zur Anwendung kommen, wenn das beA oder die gerichtliche Infrastruktur ausfallen, zu einem unverhältnismäßigen Mehraufwand in Kanzleien und bei den Gerichten führen, schlagen Peter Bert/Benedikt Windau (ZPO-Blog) einen Verzicht darauf vor. Liegt bei den offiziellen Seiten für das EGVP oder beim beA für einen Werktag eine Störung vor, so sollte für alle an diesem Werktag ablaufenden Fristen der nächste Werktag an die Stelle dieses Tages treten.

Justiz

LG Hamburg – Urteilsanonymisierung/OpenJur: Das Landgericht Hamburg verhandelte über die Klage eines Rechtsanwalts gegen die Rechtsprechungsdatenbank OpenJur. Jene hatte ein Urteil, in dem finanzielle Schwierigkeiten des Anwalts zur Sprache kamen, ohne Anonymisierung des Namens veröffentlicht. Der Kläger fordert nun Schadensersatz. Das Gericht deutete an, dass es die DSGVO für anwendbar hält und dass sich eine Urteilsdatenbank nicht auf das DSGVO-Presseprivileg berufen kann. Möglicherweise komme es aber darauf an, dass OpenJur das Urteil schon ohne Anonymisierung aus einer juristischen Datenbank entnommen hat. Einen vom Gericht angeregten Vergleich lehnte OpenJur ab, Geschäftsführer Benjamin Bremert will grundsätzlich klären lassen, "ob wir das, was wir machen, weiterhin machen können oder nicht". LTO (Max Kolter) berichtet.

EGMR zu Klimaschutz: Der Postdoktorant Jakob Hohnerlein analysiert im Verfassungsblog die Entscheidung des Europäischen Gerichthofs für Menschenrechte zum Klimaschutz, mit der der Klage der schweizerischen "Klimaseniorinnen" stattgegeben wurde. Er beleuchtet dabei insbesondere die Frage, wie das vom Gerichtshof statuierte Recht auf Klimaschutz tatsächlich durchgesetzt werden kann.

EuGH – Klagebefugnis bei DSGVO-Verstößen: Der EuGH-Generalanwalt Maciej Szpunar ist der Auffassung, dass DSGVO-Verstöße nicht nur durch die Betroffenen selbst, sondern auch durch Mitbewerber der Täter gerügt werden können. Die entsprechenden Schlussanträge analysiert Juniorprofessorin Tabea Bauermeister auf beck-aktuell.

BVerfG – Bundestags-Wahlrecht: Vom zweiten Tag der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht um die Reform des Bundestags-Wahlrechts berichten die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter Yannik Breuer und Jannik Klein im Verfassungsblog. Dem BVerfG komme nun die schwierige Aufgabe zu, nicht nur ein dogmatisch fundiertes und verfassungsrechtlich überzeugendes, sondern zugleich ein gesellschaftlich integrierendes Urteil zu sprechen, schreiben die Autoren. Leisten könnte das vor allem eine – im Gegensatz zur knappen Mehrheit des Gesetzgebers – einstimmige Entscheidung des Gerichts, die einen Ausgleich zwischen den verschiedenen rechtlichen wie auch politischen Ansichten trifft.

Während die Deckelung der Zweitstimmen durch die Reform des Bundestags-Wahlrechts rechtlich nicht zu beanstanden sei, sei es schwer vorstellbar, wie der Wegfall der Grundmandatsklausel zu rechtfertigen sein soll, kommentiert Marlene Grunert (FAS) den Rechtsstreit in Karlsruhe. Ohne Grundmandateklausel würden noch mehr Stimmen als bisher schon durch die Sperrklausel unter den Tisch fallen.

BVerfG zu Klimaschutzgesetz/Parlamentsrechte: Die Sa-taz (Christian Rath) prüft die Frage, ob die Ampel-Koalition Abgeordnetenrechte verletzte, nachdem das Bundesverfassungsgericht in einem "kryptischen" Beschluss den Eilantrag von MdB Thomas Heilmann (CDU) gegen die Abstimmung zum Klimaschutzgesetz ablehnte. Einerseits ändere die Ampelkoalition immer wieder ihre Gesetzentwürfe kurz vor der Abstimmung und lasse dann wegen ihrer inneren Labilität keine ausreichende Beratung zu. Andererseits denke auch das Bundesverfassungsgericht darüber nach, seine Anforderungen an ordnungsgemäße Parlamentsverfahren zu verschärfen. Die Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren zum Heizungsgesetz fallen.

BGH zu nicht geringer Cannabis-Menge: LTO (Hasso Suliak) widmet sich noch einmal der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur nicht geringen Menge von Cannabis. Für mehr Verwunderung als die Entscheidung selbst habe eine zunächst kommentarlose Korrektur der Entscheidung durch den BGH gesorgt. Der BGH begründete das Vorgehen damit, dass zunächst eine falsche Fassung der Entscheidung verschickt und veröffentlicht worden sei.

BGH zu Rechtsmittel mit VKH-Antrag: Hat ein Mittelloser trotz Anwaltszwangs ohne Anwalt ein Rechtsmittel eingelegt und dafür Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragt, darf das Gericht nicht einfach das Rechtsmittel als unzulässig verwerfen, sondern muss erst über den VKH-Antrag entscheiden. Das hat laut beck-aktuell der Bundesgerichtshof entschieden. Fehlt dabei ein Vordruck, muss das Gericht den Antragsteller entsprechend darauf hinweisen.

BAG zu Rückgruppierung: Dass eine Höhergruppierung beim Entgelt kein gesteigertes Vertrauen begründet und auch im Nachhinein zurückgenommen werden kann, hat das Bundesarbeitsgericht im Fall einer Ergotherapeutin entschieden. beck-aktuell berichtet.

LG Berlin I zu Tötung durch Kardiologen: Im Prozess gegen einen Kardiologen, der zwei Patienten durch eine Überdosis des Narkosemittels Propofol getötet hat, hat das Landgericht Berlin I den Angeklagten wegen Totschlags im minderschweren Fall zu vier Jahren Haft verurteilt. Die Mo-SZ (Verena Mayer) und beck-aktuell berichten vom Prozess und über die Hintergründe.

LG Hamburg zu Kindesentziehung/Block-Kinder: Im Streit um die Kinder der Hamburger Familie Block soll es nun doch einen Strafprozess gegen den in Dänemark lebenden Vater geben, hat LTO erfahren. Das Landgericht Hamburg hob einen Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichts zu einer Anklage wegen Entziehung Minderjähriger auf. Die Kinder waren 2021 von einem Besuch beim Vater nicht zurückgekehrt.

LG Karlsruhe – Radio Dreyeckland: Vom Prozess gegen einen Journalisten von Radio Dreyeckland, dem die Unterstützung der verbotenen Internetplattform Linksunten.Indymedia durch einen Link vorgeworfen wird, berichtet die Sa-taz (Peter Nowak). Die bisherigen Prozesstage bestätigten die Anklage keineswegs, heißt es in der taz. So erschütterten mehrere Zeug:innen die Annahme der Staatsanwaltschaft, dass das Erstellen und Hochladen des Archivs ein Beweis für die Fortführung der verbotenen Internetplattform Indymedia linksunten sei. tazblog.de (Detlef Georgia Schulze) hat Minh Schredle, Redakteur der Wochenzeitung Kontext, der den ersten Prozesstag beobachtet hatte, interviewt.

VG Berlin – Waffenexporte nach Israel: Die Sa-SZ (Ronen Steinke/Dunja Ramadan) hat mit dem palästinensischen Taxifahrer Maher Arouq gesprochen, einem der Kläger, die jetzt vor dem Verwaltungsgericht Berlin die Bundesrepublik verklagen. Es handele sich bei der Klage um eine juristische Konstruktion, die bisher noch nie erprobt worden sei, schreibt die SZ: "Deutsche Anwälte ziehen derzeit in Berlin gegen deutsche Waffenlieferungen vor Gericht und berufen sich darauf, dass diese Waffenlieferungen die Rechte von Kriegsopfern im fernen Gaza verletzen würden".

AG Tübingen zu Missbrauch durch Therapeuten: Ein Arzt, der viele Monate ein Verhältnis mit seiner Patientin hatte, ist vom Amtsgericht Tübingen wegen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. In der Urteilsbegründung beschreibt der Richter das Verhältnis als "toxische Verbindung" und "nicht auf Augenhöhe ausgelegt". Zu dem ebenfalls erhobenen Vergewaltigungsvorwurf seien allerdings "Restzweifel" geblieben, insofern wurde der Arzt freigesprochen. spiegel.de (Christine Keck) berichtet.

AG Berlin-Tiergarten zu antisemitischem Angriff: Verena Mayer (SZ) erinnert in ihrer Kolumne "Vor Gericht" an den Prozess gegen einen jungen Syrer, der in Berlin-Neukölln vor fünf Jahren zwei jüdische Männer antisemitisch beschimpft und mit seinem Gürtel geschlagen hatte. Das Traurigste an dem Prozess sei es, dass die Tat, um die es ging, auch in diesen Tagen hätte stattfinden könnte, schreibt die Autorin. Oder sich vor zehn Jahren hätte zutragen können. Oder in fünf Jahren passieren kann.

Überlastete Staatsanwaltschaften: Über den Verfahrensrückstau bei den nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften berichten die Sa-SZ (Christian Wernicke) und LTO. 242.000 Ermittlungsfälle liegen dort auf Halde – Ursachen seien "Personalmangel, unattraktive Gehälter, marode Büros". Um Abhilfe zu schaffen, will Landesjustizminister Benjamin Limbach (Grüne) die Belastung zwischen Staatsanwaltschaften und Gerichten ausgleichen, indem 100 Richterstellen bis Ende des Jahres an die Staatsanwaltschaften übertragen werden. Außerdem sollen zunächst befristet bis Ende 2025 die Einstellungsvoraussetzungen für Staatsanwälte flexibilisiert werden. Dass nicht nur bei den Staatsanwaltschaften in NRW die Eingangszahlen steigen, berichtet spiegel.de. So seien nach Angaben des Deutschen Richterbundes im vergangenen Jahr 906.536 Verfahren offen gewesen.

Richterin: Die Sa-FAZ (Anna-Sophia Lang) porträtiert eine junge Juristin, die erläutert, warum sie sich für den Richterdienst statt, wie ursprünglich geplant, für eine Anwaltskarriere entschieden hat.

Recht in der Welt

USA – Weinstein-Prozess: In der vergangenen Woche hat der Supreme Court von New York eine der Verurteilungen des Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgehoben. Sa-FAZ (Christiane Heil) und spiegel.de (Alexander Sarovic) erläutern die Entscheidung und die FAS (Frauke Steffens) widmet sich der Frage, welche Auswirkungen sie auf die "Me Too"-Bewegung hat. Nach dem Weinstein-Urteil am Donnerstag hatte die "Me Too"-Gründerin Burke gesagt, dass es Ziel sei, die Strafverfolgung bei Sexualdelikten zu verbessern, ungeachtet aller Rückschläge.

Dass jetzt eines der Urteile gegen Harvey Weinstein aufgehoben wurde, sei hart für viele mutmaßlich betroffene Frauen – und es bedeute keineswegs, dass er unschuldig ist, kommentiert Alexander Haneke (Sa-FAZ). Aber es sei eine wichtige Erinnerung daran, dass der Rechtsstaat auch bei den schwersten Vorwürfen gegen einen Menschen Maß halten müsse. Auch Lena Kampf (Sa-SZ) meint, die Entscheidung sei "kein Schlag" für die "Me Too"-Bewegung, sondern eine Entscheidung, die im Rechtsstaat unabdingbar gewesen sei.

Sonstiges

Grundgesetz: Der Jurist und Historiker Dieter Gosewinkel beschreibt auf zeit.de, wie das Grundgesetz "weltweit zu einem der erfolgreichsten Modelle eines liberalen Verfassungsstaats" wurde. Kopiert wurde auch die Funktion des Bundesverfassungsgerichts und das Gebot der Verhältnismäßigkeit von Grundrechtseingriffen. Allerdings, so Gosewinkel, stagniere die globale Rezeption des Grundgesetzes seit der Jahrtausendwende, nicht zuletzt, weil sich – beispielsweise in Polen und Ungarn - politische Gegenbewegungen entgegenstellen. Gestützt auf das Konzept einer "antiliberalen Demokratie", das intellektuell in der Kritik am Liberalismus zwischen den Weltkriegen wurzele, hätten die Regierungen in beiden Ländern liberale Verfassungsprinzipien verletzt, die Bindungskraft der Verfassung geschwächt und unter Berufung auf eine unmittelbare Demokratie grundrechtlich gesicherte Freiheitsräume verengt, schreibt Gosewinkel.

Anwaltsnetzwek: Über ein Netzwerk von zehn in Asien tätigen Wirtschaftsanwälten berichtet die Sa-FAZ (Nadine Bös/Marcus Jung). Die Juristen der "Allianz Deutscher Wirtschaftsanwälte" arbeiteten nicht in einer, sondern in zehn voneinander unabhängigen Kanzleien, jeder der zehn praktiziere in einem anderen asiatischen Land. Die Idee, so heißt es in der FAZ: "Wir stellen uns gegenseitig Mandanten vor, machen Veranstaltungen, wir machen sogar auch Kaltakquise, indem wir einfach Unternehmen anrufen."

Einschüchterungsklagen: Warum die Androhung einer Klage in der Regel keine Cancel Culture, also die Unterdrückung unliebsamer Meinungen, darstellt, erläutern die Rechtsprofessoren Christian F. Majer, Holm Putzke und Kyrill-Alexander Schwarz im FAZ-Einspruch. Denn, wer die Grundsätze einer argumentativen Auseinandersetzung beachte, könne einem Rechtsstreit ohnehin gelassen entgegensehen und müsse auch nicht fürchten, wenn ihm ein Rechtsstreit in Aussicht gestellt wird. Wer allerdings die Grenzen der Meinungsfreiheit ablehne und Andersdenkende persönlich attackiere und mit unwahren, ehrenrührigen Tatsachenbehauptungen und Schmähungen überziehen möchte, werde in einem Rechtsstaat damit leben müssen, dass die Geschädigten ihre Rechte geltend machen.

Plagiate in Bibliotheken: Der Journalist Jochen Zenthöfer hat für LTO untersucht, wie Bibliotheken mit Büchern umgehen, in denen Plagiate enthalten sind. Juristische Bibliotheken, etwa an Universitäten, sonderten ein solches Werk mehrheitlich aus und machten Gewährleistungsansprüche geltend. Verbleibe das Buch im Bestand, werde es seit neuestem standardmäßig im Katalog als Plagiat gekennzeichnet – jedenfalls in den meisten Bundesländern.

Forum Recht: Cord Brügmann wird neuer Direktor der Stiftung Forum Recht, entschied das Kuratorium der Stiftung laut LTO. Brügmann ist Rechtsanwalt und war lange Zeit Hauptgeschäftsführer des Deutschen Anwaltvereins.

 

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LTO/pf/chr

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. bis 29. April 2024: Prozessbeginn in Stammheim / Rückkehr der VS-Regelanfrage / Klage gegen OpenJur wegen Namensnennung . In: Legal Tribune Online, 29.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54441/ (abgerufen am: 15.05.2024 )

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