Die juristische Presseschau vom 8. bis 10. Oktober 2016: Rosen­burg-Bericht / Kritik an Lohn­ge­rech­tig­keits­ge­setz / Ausch­witz Pro­zess in Neu­bran­den­burg

10.10.2016

Recht in der Welt

Österreich – Bundespräsidentenwahl: Die Samstags-taz (Ralf Leonard) befasst sich jetzt auch mit den Äußerungen des Verfassungsrichters Johannes Schnizer zur Entscheidung seines Gerichtes zur Ungültigkeit der Bundespräsidentenwahl. Der Autor berichtet, dass die FPÖ Schnizer nun wegen Ehrverletzung und Rufschädigung verklagen will.

USA – Schiedsgerichtsverfahren gegen Deutschland: Die SZ (Michael Bauchmüller, Claus Hulverscheidt) berichtet über ein Verfahren zwischen dem schwedischen Energieversorger Vattenfall und der Bundesrepublik Deutschland vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) in Washington. Es geht – wie auch in der entsprechenden Verfassungsbeschwerde des Unternehmens – um den Atomausstieg der Bundesrepublik. Vattenfall ist der Auffassung, Deutschland habe damit gegen die internationale Energiecharta verstoßen, die ausländische Investments im Energiebereich schützt, und verlangt 4,7 Milliarden Euro Schadensersatz.

Türkei – Strafbarkeit von Kindesmissbrauch: Die Montags-taz (Jürgen Gottschlich) berichtet über die derzeitige unklare Situation hinsichtlich der Strafbarkeit von Kindesmissbrauch in der Türkei. Das dortige Verfassungsgericht hatte im Juni festgestellt, dass das geltende Recht, nachdem jede sexuelle Handlung mit Minderjährigen unter 15 Jahren mit mindestens acht Jahren Haft bestraft werden muss, ungültig ist und durch eine Neuregelung ersetzt werden muss. Im Ergebnis wurde jetzt ein 73-jähriger Mann freigelassen, der wegen sexueller Handlungen an einem 12-jährigen Mädchen bereits verurteilt worden war.

Pakistan – Frauenrechte: Pakistan habe mit der Verabschiedung zweier Gesetze gegen Ehrenmorde und Vergewaltigungen die Rechte von Frauen gestärkt, meldet die Samstags-FAZ. Nach dem neuen Gesetz gegen Ehrenmorde sollen Richter verpflichtet sein, Täter zu lebenslanger Haft zu verurteilen, auch wenn die Familien der Opfer dem Täter vergeben. Außerdem sollen künftig bei der Aufklärung von Vergewaltigungen DNA-Tests bei Opfern und Beschuldigten zugelassen werden.

Sonstiges

Abmahnungen: Die Samstags-SZ (Johannes Boie) betrachtet anlässlich einer aktuellen Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes die Auswirkungen des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken, das vor drei Jahren in Kraft trat. Das Resümee: Das Gesetz sei wirkungslos, nach wie vor würden auch geringe Urheberrechtsverstöße viel zu teuer geahndet.

Wilder Streik bei TUIfly?: Die Samstags-FAZ (Marcus Jung) beleuchtet die rechtliche Situation der massenhaften Krankmeldungen bei TUI fly in der vergangenen Woche. Wenn es tatsächlich eine Absprache gegeben habe, sei dies ein unzulässiges Mittel im Arbeitskampf, allerdings sei der Nachweis schwer zu führen. Für Corinna Budras (FAS) ist das kollektive Blaumachen "das unwürdigste Mittel des Widerstands", "illegal und asozial". Das Hbl erinnert daran, dass das Krankfeiern als Mittel des Arbeitskampfes nicht neu ist. 1973 versuchten die damals noch verbeamteten und deshalb mit Streikverbot belegten Fluglotsen, durch verabredetes langsames Arbeiten und haufenweise Krankmeldungen bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld durchzusetzen. Der BGH hat später festgestellt, dass damit die Regeln des fairen Arbeitskampfes verletzt wurden.

Arbeitnehmerdatenschutz: In einem Gastbeitrag für den FAZ-Teil Beruf und Chance widmet sich Rechtsanwalt Tim Wybitul dem Arbeitnehmerdatenschutz. Bisher gilt hier das Bundesdatenschutzgesetz, der Autor weist jedoch darauf hin, dass an dessen Stelle in zwei Jahren die Datenschutzgrundverordnung tritt.

Digitale Kommunikation: netzpolitik.org (Anna Biselli) weist auf zwei Gutachten hin, in denen festgestellt wird, dass eine eindeutige Trennung zwischen deutscher und nichtdeutscher digitaler Kommunikation nicht möglich sei. Eine automatisierte Überwachung und Weitergabe von Kommunikationsdaten an andere Geheimdienste verstoße daher in jedem Fall gegen das Grundgesetz, gerade auch dann, wenn man der Auffassung folge, Artikel 10 GG schütze nur deutsche Staatsbürger. Auch zeit.de (Kai Biermann) berichtet über eines der beiden Gutachten.

Brexit: Mit den Folgen des Brexit für die EU und dem bestehenden Reformbedarf befasst sich Damjan Kukovec auf verfassungsblog.de.

Übergriffe in Köln: spiegel.de zieht Bilanz der bisherigen juristischen Aufarbeitung der Übergriffe in der Silvesternacht in Köln. Bisher habe das Amtsgericht Köln in 19 Verfahren gegen 22 Angeklagte verhandelt – und dabei Strafen zwischen 480 Euro und 20 Monaten Haft ohne Bewährung verhängt.

Terrorabwehr: Anlässlich des Anti-Terror-Einsatzes in Chemnitz am Sonntag erinnert Reinhard Müller (Montags-FAZ) daran, dass offensichtlich rechtsfreie Räume und das Gefühl, mit sogenannter Klein- und Alltagskriminalität alleingelassen zu werden, das Fundament der Republik untergrüben. Der Terror habe jedoch nur dann keine Chance, wenn der Bürger in dieses Fundament vertraue.

 

 

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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. bis 10. Oktober 2016: Rosenburg-Bericht / Kritik an Lohngerechtigkeitsgesetz / Auschwitz Prozess in Neubrandenburg . In: Legal Tribune Online, 10.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20810/ (abgerufen am: 17.05.2024 )

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