VG Köln zu den Äußerungen des Verfassungsschutzes: Bezeich­nung der AfD als "Prüf­fall" unzu­lässig

26.02.2019

Im Januar gab BfV-Chef Thomas Haldenwang bekannt, dass seine Behörde die AfD als "Prüffall" einstuft. Das VG Köln entschied nun, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gab und die Bezeichnung als solcher unzulässig ist.

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) untersagt, die Partei Alternative für Deutschland (AfD) als "Prüffall" zu bezeichnen (Beschl. v. 26.02.2019, Az. 13 L 202/19). Das Gericht gab damit einem Eilantrag der AfD statt. Für die Mitteilung, eine Partei werde als Prüffall bezeichnet, bestehe keine Rechtsgrundlage.

BfV-Chef Thomas Haldenwang gab Mitte Januar auf einer Pressekonferenz bekannt, dass die Gesamtpartei AfD als Prüffall bearbeitet werde, die "Junge Alternative" (JA) und die Teilorganisation der AfD "Der Flügel" hingegen zum Verdachtsfall erklärt würden. Eine Partei kann zum Prüffall werden, wenn die Behörden erste Anzeichen für extremistische Bestrebungen erkennen. Die Voraussetzungen für einen Verdachtsfall, der die Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln wie V-Leuten ermöglicht, seien hinsichtlich der Gesamtpartei AfD aber noch nicht gegeben. Es lägen nur "Verdachtssplitter" vor. Das BfV teilte dies unter anderem in einer deutsch- sowie englischsprachigen Pressemitteilung, in einem Tweet und über die Homepage der Behörde mit.

Der Eilantrag der AfD richtete sich nicht dagegen, dass der Verfassungsschutz die AfD prüft, sondern dagegen, dass das Amt das öffentlich gemacht hatte. Dies habe "einen stigmatisierenden Charakter", hatte ein Parteisprecher gesagt. Dieser Einschätzung stimmte das VG Köln nun zu und gab dem Eilantrag der Partei statt. Die inhaltliche Bewertung der Positionen der AfD war dabei nicht verfahrensrelevant, teilte das Gericht mit.

AfD spricht von "politisch motivierter Instrumentalisierung" des BfV

Bei Äußerungen von Hoheitsträgern, durch die in die Rechte einer Partei eingegriffen wird, bedürfe es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung, entschied das VG. Das Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) enthalte aber für die öffentliche Mitteilung, eine Partei werde als Prüffall bearbeitet, keine Rechtsgrundlage. Der Eingriff in die Rechte der AfD sei daher rechtswidrig und unverhältnismäßig. Dem Antrag sei zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes schon im Eilverfahren stattzugeben gewesen, weil im Mai 2019 die Europawahl und im Mai, September und Oktober Landtagswahlen anstehen, an denen die AfD teilnehmen will.

Dr. Sebastian Roßner von der Kölner Anwaltskanzlei LLR Legerlotz Laschet hält die Entscheidung des VG für schlüssig. Die Mitteilung des BfV greift auch nachh Ansicht des Verwaltungs- und Verfassungsrechtlers in die Rechte der Partei ein: "Zwar ermöglicht § 16 BVerfSchG eine Information der Öffentlichkeit, aber dafür muss wohl die Verdachtsschwelle von § 4 I 3 BVerfschG überschritten sein", so Roßner gegenüber LTO. Letztendlich müsse zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Tätigkeit des Verfassungsschutzes und der Parteienfreiheit abgewogen werden. "Ohne konkrete Verdachtsmomente spricht mehr für eine Abwägung zugunsten der Parteienfreiheit", so Roßner.

Die AfD feierte die Entscheidung als Sieg auf ganzer Linie. Parteichef Jörg Meuthen erklärte: "Die Entscheidung belegt eindrucksvoll, dass das Vorgehen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und insbesondere seines Präsidenten Haldenwang nicht im Einklang mit den Prinzipien des Rechtsstaates steht." Damit sei die "politisch motivierte Instrumentalisierung" des Verfassungsschutzes gegen die AfD vorerst gescheitert.

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser sagte: "Auch wenn der Verfassungsschutz sie nicht mehr so nennen darf: Die AfD bleibt ein Prüffall für die Demokratie."

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

VG Köln zu den Äußerungen des Verfassungsschutzes: Bezeichnung der AfD als "Prüffall" unzulässig . In: Legal Tribune Online, 26.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34081/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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