EnBW: Ex-Ministerpräsident gegen Gleiss Lutz: Kein Scha­dens­er­satz für Mappus

von Tanja Podolski

22.07.2016

3/3: Situation von Mappus fällt nicht unter die Fallgruppen

Damit sei der Beratungsvertrag des Landes mit der beklagten Anwaltskanzlei nicht vergleichbar, urteilte der Senat. Gegenstand des Anwaltsvertrags sei die Beratung des Landes zu einer vom Land zu treffenden Entscheidung gewesen. Die Beratung eines Anwalts für Entscheidungen des Mandanten begründet regelmäßig kein Näheverhältnis für den Vertreter des Mandanten. Außerdem habe der Mandant in solchen Fällen im Allgemeinen kein Interesse an einer Einbeziehung seines Vertreters in den Schutzbereich eines Anwaltsvertrags, soweit der Vertreter seinerseits die ihn selbst gegenüber dem Mandanten treffenden Pflichten einzuhalten habe. 

Zur Begründung hat der Senat unter anderem darauf abgestellt, dass in diesen Fällen eine Gefahr von Vermögensschäden für den Vertreter typischerweise nur bestehe, wenn diesem eigene Pflichtverletzungen aus dem Rechtsverhältnis zum Mandanten ob zu Recht oder Unrecht vorgeworfen werden. Insoweit erhalte der Vertreter des Mandanten aber schon dadurch ausreichenden Schutz, dass bereits der dem Mandanten erteilte Rechtsrat zu einer Verbesserung der Position des Vertreters führe.

Befolge der Vertreter den dem Mandanten erteilten Rat, mindere dies das Haftungsrisiko des Vertreters bis hin zu einem möglichen Ausschluss eines Verschuldens des Vertreters. Regelmäßig bestünden keine Schutzpflichten des Mandanten zugunsten seines Vertreters für dessen rechtsgeschäftliches Handeln; vielmehr habe in Vertretungsfällen typischerweise der Vertreter die Aufgabe, die Vermögensinteressen des von ihm vertretenen Mandanten zu schützen. Deshalb habe das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Schutzwirkung des Anwaltsvertrags zugunsten des Klägers verneinen können.

"Stefan Mappus passt nicht in die Fallgruppen, in denen ein Anwaltsvertrag Drittschutz entfalten kann", sagt Uwe Hornung von Clifford Chance, Vertreter in den Vorinstanzen, "und es ist konsequent, dass der BGH keine neue Fallgruppe konstruiert hat."

Wer mit wem gesprochen hat, war vor dem BGH irrelevant

Die anderen Aspekte rund um den Deal – etwa, was vor dem Deal zwischen Gleiss Lutz-Partner Martin Schockenhoff und Mappus' Berater und Freund Dirk Notheis von der Investmentbank Morgan Stanley besprochen wurde – spielen faktisch vor dem BGH keine Rolle mehr. Dennoch war Gleiss Lutz-Partner Dr. Marcus Dannecker für Gleiss Lutz vor Ort, ebenso wie Mappus.

Mappus hatte auch gegenüber dem baden-württembergischen Finanzministerium die Übernahme sämtlicher Anwaltskosten, die ihm im Zusammenhang mit dem umstrittenen EnBW-Milliardendeal entstanden sind, geltend gemacht.

Der Politiker hatte im Mai 2011 die Landtagswahl in Baden-Württemberg verloren. Schon als Opposition im Landtag hatte rot-grün gegen den EnBW-Deal protestiert. Die neu gewählte Landesregierung bewertete den Kaufpreis als überteuert und forderte von EDF rund 830 Millionen Euro zurück. Das Schiedsgericht beim Gerichtshof der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) wies jedoch sowohl die Forderungen von EnBW als auch eine Gegenklage der EDF zurück.

Auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte zwischenzeitlich wegen des Verdachts der Untreue u.a. gegen Mappus ermittelt, das Verfahren aber im Juli 2012 eingestellt. Den Beschuldigten hätte kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden können, so die Staatsanwaltschaft.

Und nur, um das noch einmal klarzustellen: Mappus war seinerzeit Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und hat den Aktienrückkauf politisch vorangetrieben. Unterzeichnet hat er die Verträge nicht. Das war der damalige Finanzminister Willi Stächele. Gekauft hatte die Aktien eine eigens gegründete Mantelgesellschaft, die Neckarpri GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Landes.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, EnBW: Ex-Ministerpräsident gegen Gleiss Lutz: Kein Schadensersatz für Mappus . In: Legal Tribune Online, 22.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20081/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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