Neue Referendariatskommission gegründet

"Der juris­ti­sche Vor­be­rei­tungs­di­enst ist ver­bes­se­rungs­be­dürftig"

Interview von Marcel SchneiderLesedauer: 4 Minuten

Der Dachverband der Jura-Fachschaften will sich künftig auch für die Belange von Referendaren einsetzen. Die neue "RefKo" soll die Interessenvertretung professionalisieren. Daran scheitere es bisher nämlich, sagt Anne Kuckert im Interview.

LTO: Frau Kuckert, welches Interesse hat der studentische Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) daran, sich für einen besseren juristischen Vorbereitungsdienst einzusetzen?

Anne Kuckert: Da gibt es gleich mehrere Gründe. Zum einen werden die meisten Jurastudierenden, deren Interessen der BRF bis zur ersten Prüfung ebenfalls vertritt, selbst irgendwann ins Referendariat gehen. Wer würde sich da nicht über verbesserte Zustände freuen? Zum anderen kann die Referendariatskommission (RefKo) von den Strukturen und dem Netzwerk profitieren, das sich der BRF über die vergangenen Jahre erarbeitet hat.

Wie strukturiert sich die Interessenvertretung für Referendarinnen und Referendare denn bisher?

Das ist genau der Knackpunkt: Auf Bundesebene gibt es praktisch keine Vertretung, obwohl die Missstände, die sich im Referendariat auftun, in allen Bundesländern herrschen. Leider gibt es aber nicht einmal in jedem Bundesland eine Personalvertretung. Und die, die es gibt, sind in ganz unterschiedlichem Maße aktiv und in ihrem Erfolg vom Engagement der jeweiligen Vertreterinnen und Vertreter abhängig.

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"Wir brauchen eine länderübergreifende und vor allem professionelle Struktur"

Das haben Sie und die anderen RefKo-Mitglieder zu spüren bekommen, als Sie versucht haben, die Personalräte aller 16 Bundesländer an einen Tisch zu bekommen.

Richtig: Nur sechs Personalvertretungen haben überhaupt auf unsere Anfrage reagiert und Vertreterinnen bzw. Vertreter zu dem Treffen geschickt, in dessen Rahmen wir die Idee einer bundesweiten, einheitlichen Interessenvertretung besprochen haben. Das zeigt eindrücklich, dass wir eine länderübergreifende und vor allem professionelle Struktur mehr als gut gebrauchen können. Dazu können uns die Kontakte des BRF in die Politik, zu den Verbänden und in die juristische Branche allgemein sehr nützlich sein.

An der Juristenausbildung gibt es nicht gerade wenig Kritik. Wie erklären Sie sich, dass das Engagement trotzdem so bescheiden ausfällt?

Zunächst einmal sind die Leute regelmäßig nur zwei Jahre im Referendariat. Neben den Stationswechseln und der damit verbundenen Organisation, der Vorbereitung auf die zweite Staatsprüfung und womöglich noch Nebenjob bleibt da nicht viel Zeit. Und dann wäre da noch der – menschliche, aber dennoch unglückliche – Denkansatz, der sehr häufig bei Reformdebatten und so auch bei denen, die das Jurastudium betreffen, zu Tage tritt: "Warum sollte ich mich einsetzen, wenn es mir persönlich nicht mehr nützen wird, weil eine Reform Zeit braucht? Jetzt ist es ja sowieso gelaufen." Denn die Missstände fallen meist während der Stationen, die nur wenige Monate dauern, oder rückblickend auf.

"Mit belastbaren Daten aufzeigen, was im Referendariat schief läuft"

Was will die RefKo anders machen?

Wir sind gerade in dem Stadium, unsere Agenda festzuzurren und uns bekannter zu machen. Erst dann sehen wir uns in der Lage, schließlich als Sprachrohr für die Masse der Referendarinnen und Referendare aufzutreten.

Die größte Aufgabe, die wir uns als nächstes Ziel gesteckt haben, ist neben der Vernetzung der Referendarinnen und Referendare die Datenerhebung. In Anlehnung an die regelmäßige Absolvent:innenbefragung des BRF zur ersten Prüfung wollen wir durch eine Erhebung belastbare Daten zu Verbesserungswünschen für das Referendariat gewinnen. Wenn wir für die Referendarinnen und Referendare sprechen, wollen und sollten wir unsere Anliegen mit belastbaren Daten untermauern können.

Wie viele Mitglieder hat die RefKo?

Laut der Satzung des BRF "bis zu sechs", davon bis zu zwei Jurastudierende und bis zu vier Personen, die momentan den juristischen Vorbereitungsdienst absolvieren bzw. gerade erst hinter sich gebracht haben. Die derzeitigen Mitglieder haben überwiegend bereits Erfahrung in der Verbandsarbeit des BRF, was der Arbeit der RefKo zugutekommt. Das ist aber natürlich kein Muss!

"Dürftige Unterhaltsbeihilfe und Streichung der Ruhetage – die Arbeit wird uns nicht ausgehen"

Kann man bei der RefKo mitmachen?

Sehr gerne sogar! Zum Beispiel, indem man sich ins Gremium wählen lässt, schon Ende November besteht dazu die nächste Möglichkeit. Wir freuen uns aber grundsätzlich über konstruktiven Input aller Art – Verbandsarbeit ist nur mit entsprechendem Engagement erfolgreich.

Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Welche Themen werden die RefKo wohl in einiger Zeit beschäftigen?

Da der juristische Vorbereitungsdienst an vielen Stellen verbesserungsbedürftig ist, wird uns die Arbeit nicht ausgehen. Länderübergreifende Themen werden aller Voraussicht nach etwa die dürftige Unterhaltsbeihilfe, die Streichung der Ruhetage oder die unterschiedliche Qualität in den Arbeitsgemeinschaften sein, die sehr von der Motivation der Dozentin oder des Dozenten abhängen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Gesprächspartnerin Anne Kuckert war während ihres Jurastudiums in Münster im Fachschaftsrat und zwei Jahre lang im Vorstand des BRF aktiv, von 2018-2019 als Vorsitzende. 2021-2023 hat sie ihr Rechtsreferendariat am LG Wuppertal gemacht und dort wieder einen Personalrat ins Leben gerufen, zudem war sie im Bezirkspersonalrat des OLG Düsseldorf aktiv. Seit August 2023 ist sie Mitglied der neu gegründeten RefKo des BRF. Wer Fragen oder Interesse hat, sich bei der RefKo zu engagieren, schreibt einfach eine E-Mail: refko@bundesfachschaft.de

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Thema:

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