Themenwoche Unternehmensjuristen

Was Justiziare umtreibt

von Johanna Strohm, LL.M.Lesedauer: 5 Minuten
Ebenso wie ein Unternehmen, muss sich auch eine Rechtsabteilung immer weiterentwickeln, die eigene Position stärken und Abläufe optimieren. Dabei gibt es trotz aller Unterschiede vom Mittelstand bis zum Großkonzern viele vergleichbare Aufgaben und Herausforderungen. Aktuell beschäftigt alle das Thema Compliance, doch es wird auch schon an die Zukunft gedacht.

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In mittelständischen Unternehmen gibt es häufig nur eine relativ kleine Rechtsabteilung, die mit den wichtigsten rechtlichen Feldern gut vertraut ist, bei Spezialproblemen jedoch die Expertise externer Anwälte hinzuziehen muss. In Großkonzernen hingegen ist die Inhouse-Beratung oft in mehrere Abteilungen untergliedert, deren Mitarbeiter zum Teil genauso stark spezialisiert sind wie die Kollegen aus den Großkanzleien. Doch trotz der beträchtlichen Unterschiede in Mitarbeiterzahl, Organisationsstruktur und Aufgabenspektrum teilen viele Rechtsabteilungen die gleichen Sorgen und Nöte. Eine davon besteht darin, der Geschäftsführung den eigenen Wert vor Augen zu führen, ihr insbesondere zu zeigen, dass die Rechtsdienstleistungen aus dem eigenen Hause schneller, besser und günstiger sind als jene, die man von einer Kanzlei einkaufen könnte. Diese Werbung in eigener Sache ist nicht ganz einfach, denn oft besteht die Aufgabe eines Justiziars gerade darin, nein zu sagen: zur geplanten Werbemaßnahme, die wettbewerbsrechtlich unzulässig wäre, zur Kündigung, die vor dem Arbeitsgericht keinen Bestand hätte, zu allen möglichen ambitionierten Plänen, die sich nicht, oder jedenfalls nicht in der gewünschten Form mit geltendem Recht vereinbaren lassen. Dass er dem Unternehmen dadurch eine Menge künftigen Ärger und Kosten erspart? Sicher, aber dieser Verdienst lässt sich kaum beziffern. Im Gegensatz etwa zum Einkauf oder Vertrieb kann man den Erfolg der Rechtsabteilung nicht in Zahlen messen. Umso wichtiger, sich im Alltagsgeschäft eine starke und positive Präsenz zu sichern. Das weiß auch Dr. Michael Niggemann, General Counsel der Deutsche Lufthansa AG: "Mir ist es besonders wichtig, dass unsere Rechtsabteilung eine proaktive Beratung anbietet. Eine Beratung, die Projekte früh begleitet, über Risiken informiert, Abschlüsse mitgestaltet, Fragen beantwortet bzw. schlicht löst, und sich nicht auf die Prüfung von bestehenden Schriftstücken beschränkt."

Rechtsabteilung oft in Vorstandsnähe angesiedelt

Offenbar gelingt ihm und seinen Berufskollegen die eigene Positionierung gut, denn viele Rechtsabteilungen sind in der Unternehmensstruktur hoch aufgehängt. Laut dem vom Bund der Unternehmensjuristen in Kooperation mit der Otto-Hennig GmbH erstellten Rechtsabteilungs-Report 2013/2014 berichten fast zwei Drittel der Rechtsabteilungs-Leiter direkt an den CEO, jede zehnte Rechtsabteilung ist in einem eigenen Vorstandsressort organisiert. Auf die Frage, welche strategischen und organisatorischen Herausforderungen für sie die höchste Priorität einnehmen, nannten 86 Prozent der befragten Legal Counsel die Beratung und Betreuung von Management und Unternehmensorganen. Als weitere wichtige Aufgaben wurden die Optimierung von Arbeitsabläufen und Prozessen (67 Prozent) und die Bewältigung einer höheren Arbeitsbelastung mit gleicher Belegschaft (63 Prozent) genannt. Um letzterer Herr zu werden, wird auch in den Rechtsabteilungen verstärkt auf den Einsatz von Technik und standardisierten Abläufen gesetzt. Und das mit Erfolg: Seit 2009 ist im Schnitt ein Rückgang der internen Kosten um 14 Prozent zu verzeichnen.

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2/2: Compliance, das Gebot der Stunde

Der Rechtsabteilungs-Report 2013/2014 fragte auch, in welchen Rechtsgebieten die Unternehmensjuristen derzeit eine erhebliche Zunahme der Arbeitsbelastung sehen. Mit Abstand am häufigsten (62 Prozent) wurde dabei der Bereich Compliance benannt. Darunter wird allgemein die Einhaltung von gesetzlichen und unternehmensinternen Regelungen verstanden. Compliance Management befasst sich mit präventiven, aufdeckenden und reaktiven Maßnahmen gegen rechtswidrige Handlungen. Das Feld dürfte auch mit Blick auf die geplante Einführung eines Unternehmensstrafrechts weiter an Bedeutung zulegen. Im Einzelnen zeigen sich beim Thema Compliance jedoch deutliche Unterschiede zwischen mittelständischen Unternehmen und größeren Konzernen. Bei Ersteren existieren oft nur Verhaltenskodizes (Code of Conducts), Hinweisgebersysteme (Whistleblowing Hotlines) oder Ombudsmänner, die sich mit compliancerelevanten Verhaltensweisen und Vorfällen auseinandersetzen. Oft hat nur eine einzige Person die Compliance-Verantwortung, und das neben vielen anderen Aufgaben. Fast alle großen Unternehmen hingegen haben mittlerweile ein in die unternehmensrelevanten Geschäftsprozesse integriertes Risiko- und Compliance Management System (CMS). Aufgabe eines CMS ist es, sicherzustellen, dass Risiken für wesentliche Regelverstöße rechtzeitig erkannt und solche Verstöße verhindert werden. Das ist vor allem bei Großkonzernen keine leichte Aufgabe. Die Linde AG beispielsweise verfügt über knapp 300 Tochtergesellschaften – ein einzelner Mensch kann ohne Unterstützung unmöglich den Überblick behalten, wann und wo in welcher davon möglicherweise etwas aus dem Ruder zu laufen droht. Deshalb haben Dr. Florian Stork, Associate Senior Counsel Compliance EMEA und Maik Ebersoll, Head of Legal Operations, für das Unternehmen ein maßgeschneidertes "Smart Risk Assessment" Programm entwickelt. Dazu filtert das Team zunächst die für Linde entscheidenden Risiken in den Bereichen Kartellrecht, Korruption, Datenschutz und Trade Compliance heraus. Auf dieser Grundlage wird auf einer ersten Stufe die grundsätzliche Risikoexposition der einzelnen Tochtergesellschaften ermittelt. 2014 steht nun die zweite Stufe an, in der dann bei einer hohen ermittelten Risikoexposition entsprechende Dialoge geführt und, wo notwendig, risikomindernde Maßnahmen aktiviert werden. Stork meint, dass der Einsatz eines eigenen Systems zwar ein wenig Mut erfordere, aber auch große Effizienzgewinne mit sich bringen werde: "So können wir uns genau auf die ermittelten Risikobereiche konzentrieren und vergeuden keine unnötigen Ressourcen. Zur Sicherheit wird aber im Fünfjahresabstand trotzdem jede Tochtergesellschaft umfassend geprüft."

Die Rechtsabteilung fit für die Zukunft

Die stetige Verbesserung bestehender Abläufe ist nicht nur für den Bereich Compliance notwendig. In erfolgreichen Unternehmen entwickelt sich die Struktur der Rechtsabteilung parallel zur strategischen Ausrichtung des operativen Geschäfts. Dr. Rainer Linke, General Counsel bei der Körber AG, hält dabei vor allem in Umbruch- und Wachstumsphasen, wie etwa einer Erweiterung der Unternehmensgruppe, eine definierte Aufgabenstellung für wichtig. "Entscheidend ist die Festlegung der Themengebiete, die von unserer Rechtsabteilung inhouse betreut werden sollen. Nur, wenn ich Klarheit über die intern zu betreuenden Themen habe, ist es mir auch möglich zu entscheiden, ob neue Stellen geschaffen werden müssen bzw. in welchen Rechtsgebieten wir uns von externen Partnerkanzleien beraten lassen." Ebenfalls wichtig ist es, inhaltliche und strukturelle Veränderungen zu analysieren und für die eigene Abteilung wirtschaftlich umzusetzen. Für Michael Niggemann ist dabei ein entscheidender Faktor die ortsübergreifende Zusammenarbeit der Rechtsabteilung(en) des Unternehmens: "Auch wenn nicht alle Abteilungen zentral an einem Ort präsent sind, so bilden sie doch, auf Basis eines gemeinsamen Verständnisses und Richtlinien zu personellen und inhaltlichen Fragen, eine einheitliche virtuelle Rechtsabteilung."

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