Altersvorsorge für Juristen

Ver­sor­gungs­werk vs. Ren­ten­ver­si­che­rung

von Martin W. HuffLesedauer: 5 Minuten

Angestellte und Syndikusrechtsanwälte sind grundsätzlich erst einmal Mitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung. Und Pflichtmitglied im Versorgungswerk. Martin W. Huff über die Folgen und Lösungen für eine vernünftige Altersvorsorge.

Wer heute als Rechtsanwältin oder als Rechtsanwalt, egal ob als niedergelassener Rechtsanwalt oder als Syndikusrechtsanwalt, von der jeweiligen Rechtsanwaltskammer zugelassen wird, wird zugleich Pflichtmitglied in einem der anwaltlichen Versorgungswerke. Dieser Pflichtmitgliedschaft kann sich kein Rechtsanwalt entziehen, so dass es sinnvoll ist, sich mit den verschiedenen Punkten der eigenen Altersvorsorge zu befassen. 

Die anwaltlichen Versorgungswerke sind in der Regel Mitte der 1980er Jahre geschaffen worden, um der deutschen Anwaltschaft eine eigene Altersversorgung unabhängig von der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermöglichen. Im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung finanzieren sich die Versorgungswerke alleine aus Mitgliedsbeiträgen, die von den Versorgungswerken sicher angelegt werden und aus dem angesparten Kapital dann die entsprechenden Renten gezahlt werden. Entweder sind es Altersrenten, die mit Abschlägen schon ab dem 60. Lebensjahr in Anspruch genommen werden können, oder aber auch eine Absicherung für die Berufsunfähigkeit, die allerdings in der Regel die Rückgabe der Anwaltszulassung, sei es auch nur für einige Zeit, verlangt.

Dies bedeutet aber auch, dass sich die anwaltlichen Versorgungswerke aus ihren Kapitalerträgen finanzieren müssen und keine staatlichen Zuschüsse o. ä. erhalten. So können die Berechnungen für die zu erwartende Rente im Laufe einer Mitgliedschaft, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben, durchaus schwanken. Und auch Rentenerhöhungen müssen sich finanzieren und können nicht, wie in der gesetzlichen Rentenversicherung, durch Gesetzesbeschluss vorgenommen werden.

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Gesetzliche Rentenversicherung oder Versorgungswerk?

Heute sind die meisten deutschen Rechtsanwälte im Angestelltenverhältnis tätig, sei es als niedergelassener Rechtsanwälte oder als Syndikusrechtsanwalt. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 75 Prozent der deutschen Anwaltschaft nicht selbstständig beschäftigt sind. Nur rund 25 Prozent sind als selbstständige Rechtsanwälte oder als Partner und damit als Gesellschafter tätig.

Niedergelassene Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte, die im Angestelltenverhältnis tätig sind, sind grundsätzlich gemäß § 7 Sozialgesetzbuch (SGB) IV nichtselbstständig beschäftigt und damit in der Deutschen Rentenversicherung Bund versicherungspflichtig. Sie können sich aber von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten des anwaltlichen Versorgungswerks befreien lassen. Dies ermöglicht die Vorschrift des § 6 SGB VI. Wenn diese Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt, dies ist sowohl für niedergelassene Rechtsanwälte wie auch für Syndikusrechtsanwälte mit der Zulassung problemlos möglich, dann werden die Rentenversicherungsbeiträge, die aus dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil bestehen, statt in die gesetzliche Rentenversicherung in das anwaltliche Versorgungswerk eingezahlt. Die jeweiligen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile sind dabei in der gleichen Höhe abzuführen, wie in die gesetzliche Rentenversicherung. 

Berechnet werden diese Zahlungen nach dem jeweiligen Einkommen. Zurzeit (2024) liegt die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze bei 7550 Euro monatlich. Diese Grenze ist der Höchstbetrag, bis zu dem Einkommen bei der Berechnung des Beitrags für die gesetzliche Rentenversicherung bzw. dem Versorgungswerk berücksichtigt werden. Für über diesen Betrag hinausgehendes Einkommen sind keine Beiträge zu zahlen. Aktuell liegt der Höchstbeitrag damit bei insgesamt 1404,30 Euro im Monat, von dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte bezahlen.

Wer in jungen Jahren als Rechtsanwalt zugelassen und Pflichtmitglied einem Versorgungswerk wird, der fährt, bei allen unsicheren Prognosen für die Zukunft, im Regelfall mit der Absicherung im anwaltlichen Versorgungswerk besser, weil er dort in der Regel höhere Leistungen erhält. Dies betrifft sowohl die Altersrente als auch die Absicherung der Berufsunfähigkeit.

Allerdings gewähren die meisten anwaltlichen Versorgungswerke keine zusätzlichen Leistungen wie etwa Rehabilitationsmaßnahmen. Auch eine teilweise Erwerbsunfähigkeit ist in der Regel nicht möglich, wie es in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall ist. Zudem werden in den meisten Versorgungswerken keine Erziehungszeiten für Kinder berücksichtigt, hier sind die Regelungen allerdings sehr unterschiedlich.

Wer bei seiner Zulassung zur Anwaltschaft bereits Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, etwa durch eine langjährige Angestelltentätigkeit außerhalb der Anwaltschaft und zum Beispiel auch Kindererziehungszeiten erworben hat, der muss genau rechnen, welche Versorgung für ihn günstiger ist. Eine allgemeine Aussage, welche Absicherung die bessere ist, ist hier schwer zu treffen. Hier sollte man sich von den Versorgungswerken oder einem Rentenberater beraten lassen, wenn man sich hier unsicher ist.

Freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt

Bei der freiberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt werden die Beiträge zum anwaltlichen Versorgungswerk anhand der Einkünfte aus der jeweiligen Steuererklärung ermittelt, dies meist zwei Jahre rückwärts. Dabei werden aber in der Regel nicht nur anwaltliche Einkünfte, sondern alle Einkünfte aus einer Tätigkeit der Beitragspflicht unterworfen. Hier lohnt sich ein Blick in die jeweilige Satzung des Versorgungswerks, was der Beitragspflicht unterliegt.

Zusätzliche freiwillige Zahlungen ins Versorgungswerk

Die meisten Versorgungswerke ermöglichen es ihren Mitgliedern, zusätzlich zu den Beiträgen, die sich aus der Angestelltentätigkeit oder aus der freiberuflichen Tätigkeit ergeben, zusätzlich freiwillige Beiträge in das Versorgungswerk einzuzahlen. Damit soll eine bessere Altersversorgung ermöglicht werden. So ist in der Regel eine Aufstockung bis zu 700 Euro im Monat (5/10tel der Beitragsbemessungsgrenze) möglich. Auch hier sind die Satzungen durchaus unterschiedlich. Die Einzahlung zusätzlicher Beiträge kann aber eine sinnvolle Absicherung der Altersrente und auch der Berufsunfähigkeit darstellen.

Wechsel des Versorgungswerks bei Kammerwechsel

Besondere Sorgfalt ist geboten, wenn der niedergelassene Rechtsanwalt oder der Syndikusrechtsanwalt das Versorgungswerk wechseln will oder wechseln muss. Die Mitgliedschaft im jeweiligen Versorgungswerk knüpft an die Zulassung bei einer Rechtsanwaltskammer, die im Bezirk des Versorgungswerks liegt, an. So gehören etwa zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Nordrhein-Westfalen die drei Kammern in Hamm, Düsseldorf und Köln. Zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg zählen etwa die Kammern Stuttgart, Karlsruhe Tübingen und Freiburg.

Wer in eine Rechtsanwaltskammer außerhalb des Einzugsbereichs seiner bisherigen wechselt, muss hier besondere Sorgfalt walten lassen. Es ist zunächst zu prüfen, ob wirklich ein Wechsel der Rechtsanwaltskammer außerhalb des bisherigen Bezirks des Versorgungswerks nötig ist, oder ob sich berufsrechtliche Fallkonstellationen finden lassen, die einen Verbleib im Versorgungswerk ermöglichen.

Zwar haben einige Versorgungswerke sogenannte "Überleitungsabkommen" geschlossen. Dann werden die Beiträge von einem Werk zum anderen in voller Höhe übergeleitet und ab dem Wechsel die Beiträge ins neue Versorgungswerk eingezahlt. Solche Abkommen gibt es aber nicht zwischen allen Instituten. Dann kann es passieren, dass die Beiträge nicht in voller Höhe übertragen werden. Andere Wechsel führen dazu, dass die Beiträge sich nicht weiter aufaddieren, sondern die Beträge im alten Versorgungswerk verbleiben und auch von dort später die Rente ausbezahlt wird. Im neuen Versorgungswerk beginnen die Beitragszahlungen dann ganz neu. So beginnt man etwa bei einem Wechsel von Baden-Württemberg nach Bayern in der Regel wieder von vorne. Dies ist nicht immer sinnvoll, insbesondere, weil es in einigen wenigen Versorgungswerken auch noch Wartezeiten bis zum Erwerb von Anwartschaften für die Altersversorgung gibt. 

Aus der Praxis stellt man fest, dass viele Rechtsanwälte, gerade diejenigen, die aufgrund eines Angestelltenverhältnisses die Beiträge statt in die gesetzliche Rentenversicherung in das anwaltliche Versorgungswerk einzahlen, hier nicht die nötige Sorgfalt walten lassen und es immer wieder zu Schwierigkeiten kommt, in welchem Versorgungswerk man nun Mitglied ist und wohin man die Beiträge bezahlt. Hier sollte man sich vor jedem Wechsel beraten lassen.

Altersaufwendungen relevant für die Steuererklärung

Zahlungen in das anwaltliche Versorgungswerk sind Altersaufwendungen, die egal, ob im Angestelltenverhältnis oder freiberuflich, als Altersvorsorgeaufwendungen in der Steuererklärung geltend gemacht werden können, wenn auch nur bis zu einem gewissen Höchstbetrag.

Es zeigt sich also, dass man die Rechtsfragen der Pflichtmitgliedschaft im anwaltlichen Versorgungswerk nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte, sondern hier auch eine besondere Sorgfalt für die eigene Altersvorsorge wichtig ist.

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