Lucas Scupin
Anwalt spielte als Kind bei "Schloss Einstein" mit

"Gelernt, dass es nicht sch­limm ist, auf­zu­fallen"

Interview von Dr. Franziska Kring2025 M10 9, Lesedauer: 8 Minuten

Mit zwölf Jahren stand Lucas Scupin das erste Mal für "Schloss Einstein" vor der Kamera. Jetzt ist er Anwalt. Im Interview erzählt er, inwiefern die Zeit in der beliebten KiKa-Serie ihn geprägt hat und wie er heute davon profitiert.

LTO: "Alles ist, alles ist, relativ normal" – mittlerweile läuft die 28. Staffel von "Schloss Einstein", insgesamt über 1.104 Folgen wurden bislang produziert. Sie haben dort drei Jahre lang Felix Kindermann gespielt, einen Hauptdarsteller der sechsten Generation. Wie sind Sie dazu gekommen?

Lucas Constantin Scupin: Durch einen Zufall. Ich hatte schon vorher in manchen Stücken im Hans-Otto-Theater in Potsdam mitgespielt und mal eine Werbung für meinen Heimatverein Hertha BSC gedreht. Deshalb wusste ich, dass ich gerne auf der Bühne stehe. Und lustigerweise ist das gelbe Haus, in dem bei Schloss Einstein die beliebte Eisdiele ist, nur etwa 100 Meter von meinem Elternhaus entfernt.

Bei allen Drehs war die Zufahrtsstraße zu meinen Eltern zugeparkt, dort standen verschiedene Wägen für Catering, Maske, Garderobe usw. Ich habe oft zugeschaut und fand es spannend, wie viel Aufwand so ein Dreh bedeutet, auch wenn es keine Hollywoodproduktion, sondern eine Sendung im Kinderkanal ist. Dann habe ich mitbekommen, dass Castings für die neue Schülergeneration bei Schloss Einstein geplant waren – und habe meine Eltern überzeugt, dass ich dort hingehe. Dass es tatsächlich klappt, hätte ich nicht gedacht, aber umso mehr habe ich mich dann gefreut.

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"Konnte nicht auf jeden Geburtstag gehen"

Sie waren zwölf Jahre alt, als Sie zum ersten Mal für "Schloss Einstein" vor der Kamera standen, waren erst zwei Jahre vorher aufs Gymnasium gekommen. Andere Kinder machen nach der Schule Hausaufgaben oder treffen Freund:innen, Sie haben stattdessen Folgen gedreht? 

Ich habe mir von Anfang an gesagt, dass ich meine Hobbys oder meine Freund:innen nicht vernachlässigen möchte. Ich habe damals auch Geige gespielt und war im Schulorchester. Natürlich konnte ich nicht auf jeden Geburtstag gehen, aber ich habe nicht alles abgesagt.

Es gab bestimmte Vorgaben der Produktionsfirma, damit wir "Schauspieler:innen" die Schule nicht vernachlässigen. In unseren Verträgen war festgehalten, dass unsere Noten in den Hauptfächern nur geringfügig schlechter werden durften, sonst hätten wir nicht mehr mitspielen dürfen. Bei den Drehs war auch immer ein Kinder- und Jugendpsychologe da, nicht für Krisensituationen, sondern er hat darauf geachtet, dass es uns gut geht und uns nicht alles zu viel wird. Wir hatten auch einen Raum, in dem wir Hausaufgaben machen konnten.

"Teilweise haben wir bis kurz vor 22 Uhr gedreht"

Das klingt für einen Zwölfjährigen aber trotzdem nach einem vollen Programm. Wie haben Sie alles unter einen Hut bekommen?

Es waren oft lange Tage, aber ich brauchte nie viel Schlaf und bin trotzdem sehr energiegeladen. Schloss Einstein lief einmal in der Woche, das heißt, es gab vier Folgen im Monat. Je nachdem, wie wichtig meine Rolle für die jeweiligen Folgen war, hatte ich unterschiedlich viele Drehtage – manchmal zwei Tage im Monat, manchmal sieben oder acht. Ich bin in Berlin-Tiergarten zur Schule gegangen.

Morgens bin ich um sechs Uhr aufgestanden, habe um sieben Uhr den Bus genommen und um 8:15 Uhr ging die Schule los. Teilweise hatte ich bis 16 Uhr Unterricht und wurde dann von der Produktionsfirma abgeholt. Manchmal war ich nach zwei Stunden fertig, aber teilweise haben wir auch bis kurz vor 22 Uhr gedreht. In den Ferien haben wir manchmal auch mehrere Tage hintereinander gedreht. Aber es hat immer sehr viel Spaß gemacht.

Lucas Scupin als "Felix Kindermann". Foto: Askania Media Filmproduktion GmbH

Wollten Sie früher einmal Schauspieler werden?

Nein, tatsächlich nie. Ich habe bei Schloss Einstein nicht mit dem Ziel angefangen, eine Schauspiel-Karriere einzuschlagen. Robert Schlupp zum Beispiel hat früher auch bei Schloss Einstein mitgespielt, man kennt ihn jetzt aus seiner Rolle als Hauptkommissar Krüger im Dortmunder Tatort. Als meine Zeit bei Schloss Einstein endete, weil die nächste Schülergeneration an der Reihe war, hat die Produktionsfirma mich auch gefragt, ob sie mir ein Demotape aus der Zeit zusammenschneiden soll, das man für Schauspielagenturen braucht. Aber das wollte ich nicht. Mir hat die Zeit viel Spaß gemacht, aber das reichte mir. Ich glaube auch nicht, dass ich der talentierteste Schauspieler bin.

"Habe darüber nachgedacht, zur Hotelfachschule in Lausanne zu gehen"

Stattdessen haben Sie Jura studiert. Wieso?

In der Schule war ich immer in allem gut, was mit Sprache zu tun hatte. Ich mochte auch Fremdsprachen und wollte etwas mit Menschen machen. Ich habe tatsächlich auch darüber nachgedacht, zur Hotelfachschule in Lausanne zu gehen. Während des Studiums habe ich viel in der Gastronomie und auf Messen gearbeitet, auch das Internationale hat mich gereizt. Mir war es aber wichtig, dass ich mich nicht festlege, 40 Jahre einen bestimmten Beruf machen zu müssen. Und mit Jura kann man schließlich "alles" machen: Ich kenne wenig Berufsbilder, in denen man so unterschiedliche Abzweigungen nehmen kann – auch nach zehn oder 20 Jahren im Beruf.  

"Meine Oma hat immer gesagt, ich wäre ein guter Strafrichter"

Nun sind sie Anwalt und seit gut drei Jahren Associate im Bereich Prozessführung bei RSM Ebner Stolz in Stuttgart.

Ja. Im Studium hatte ich verschiedene Phasen. Am Anfang dachte ich, ich will möglichst schnell fertig werden, meinen Freischuss machen, nach dem zweiten Examen direkt promovieren und dann in einer Großkanzlei viel Geld verdienen. Meine Oma hat mir aber immer gesagt, ich wäre ein guter Strafrichter. Da ich immer einen guten Draht zu ihr hatte, habe ich mich erst einmal mit diesem Gedanken angefreundet. Nach einigen Jahren ist das wieder verflogen und mir war dann schon vor dem Referendariat klar, dass ich in die Anwaltschaft gehen möchte.  

Nach dem ersten Examen habe ich neun Monate in Vollzeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer internationalen Großkanzlei in Frankfurt im Bereich Dispute Resolution gearbeitet. Da ich mich auch für das IP/IT-Recht interessiere, habe ich auch dort mitgearbeitet. Dort war ich anschließend im Referendariat in Nebentätigkeit und dann auch in beiden Anwaltsstationen im Disputes -Team tätig. Das war spannend, weil ich dadurch manche großvolumigen Projekte über die gesamte Zeit verfolgen konnte.

Wie kam es dann, dass Sie sich beim Berufseinstieg gegen eine Großkanzlei entschieden haben?

Ich wollte schon früh viel eigenverantwortlich arbeiten und nicht über Jahre am Tag zehn oder zwölf Stunden am Schreibtisch sitzen und Schriftsätze verfassen, die dann am Ende des Tages der Partner unterschreibt. Das ist natürlich nicht in jeder Großkanzlei so, aber dieses Berufsbild hat mich abgeschreckt. Ich habe deshalb bewusst nach einer Kanzlei gesucht, in der ich schon früh viel Verantwortung bekomme und viel lernen kann – und mit RSM Ebner Stolz habe ich genau das gefunden.  

Ich schreibe gerne Schriftsätze, aber bin auch sehr gerne vor Gericht. Ich habe im August 2022 bei RSM Ebner Stolz angefangen. Wegen der Corona-Pandemie musste ich bis Mitte September auf meine Anwaltszulassung warten. In der ersten Oktoberwoche war ich dann schon alleiniger Prozessvertreter unserer Mandantin in einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht.

"Ich mache klassisches Jura, aber auch viel Strategie"

Was mögen Sie an Ihrem Job am liebsten?

Ich mag am liebsten, dass ich auf der einen Seite klassisches Jura mache, viel Zivilrecht und vor allem Zivilprozessrecht. Auf der anderen Seite ist aber die Strategie entscheidend. Prozessführung heißt nicht immer, Prozesse führen und gewinnen. Manchmal kann es sinnvoll sein, Gerichtsprozesse zu vermeiden. Den "forensischen" Teil der Arbeit mag ich auch sehr. Man gewinnt nicht nur mit den besten juristischen Argumenten, sondern auch mit der besseren Sachverhaltsdarstellung, den besseren Beweisen.  

Und – das ist eine Eigenart des Prozessrechts – ich finde es spannend, dass wir Einblicke in die unterschiedlichsten Branchen haben, etwa Pharma, Chemie oder Automobil.  Wir lernen aber auch die verschiedensten Geschäftsmodelle und Unternehmen kennen. Es gibt Familienunternehmen mit 20 Angestellten und 10 Familienmitgliedern, aber auch solche mit Milliardenumsätzen.

Hinzu kommt, dass mir bei RSM Ebner Stolz die Möglichkeit gegeben wird, auch abseits meines eigentlichen Jobs spannende Veranstaltungen zu besuchen und mitzuorganisieren, mich fachlich und persönlich weiterzubilden und z.B. in meiner Rolle als "Corporate Influencer" die Sichtbarkeit der Kanzlei – und meine eigene – zu erhöhen.

"Durch die Zeit bei Schloss Einstein habe ich ein gutes Zeitmanagement"

Ihre Zeit bei Schloss Einstein liegt zwar schon lange zurück, aber gibt es etwas, das Sie aus dieser Zeit für Ihr Berufsleben mitnehmen?

Ich würde zwei Bereiche unterscheiden. Zum einen geht es um messbare Faktoren wie Struktur, Organisationsvermögen und Zeitmanagement, zum anderen um Persönlichkeitsentwicklung. Natürlich haben meine Eltern auch nachgefragt, aber ich musste mir immer selbst überlegen, was ich wann am besten mache und welche Hausaufgaben ich im Bus zur Schule oder der Fahrt zu Studio erledigen kann.  

Von einem guten Zeitmanagement profitiert man in jedem Beruf, aber gerade im Prozessrecht hilft das sehr. Litigation gilt ja als planbarer als andere Bereiche in Wirtschaftskanzleien. Die Gerichte setzen Fristen, aber die enden in der Regel nicht morgen oder übermorgen. Wenn eine Frist in ferner Zukunft liegt, ist man natürlich versucht, diese auch erst in ferner Zukunft anzugehen. Wenn man die Kapazitäten hat, kann es aber hilfreich sein, eine Aufgabe frühzeitig zu erledigen, anstatt sie aufzuschieben. Natürlich gibt es auch im Prozessrecht kurzfristige Mandantenanfragen, die sofort erledigt werden müssen. Aber es hilft, wenn man einen Überblick über seine sonstigen – auch längerfristigen – To-dos hat.

"In der Schule war ich der 'bunte Hund', den alle Schüler kannten"

Und wie hat die Zeit bei Schloss Einstein Sie persönlich geprägt?

Die Zeit war sehr intensiv. An meinem Gymnasium mit 800 anderen Schüler*innen gab es auch andere, die an Film- oder Fernsehproduktionen, zum Beispiel bei den "Wilden Hühnern", mitgewirkt haben. Aber dennoch war ich der bunte Hund, den auch die Mitschüler*innen aus den anderen Jahrgängen kannten. Das ist einerseits schön, andererseits führt es aber auch zu Neid.  

Und jeden Tag, als ich in den Bus oder die Bahn zur Schule gestiegen bin, hat jemand das Schloss-Einstein-Titellied "Alles ist relativ" gesungen und sich damit auch über mich lustig gemacht. Durch diese Zeit habe ich gelernt, dass es nicht schlimm ist, anders zu sein und aufzufallen, und auch damit umzugehen, wenn mich jemand nicht mag oder nicht gut findet, was ich mache. Davon profitiere ich auch jetzt noch im Beruf: Ich bin Interessenvertreter für eine Partei in einem Prozess und natürlich hält die Gegenseite dagegen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Lucas Scupin ist seit August 2022 Anwalt im Bereich Prozessführung bei RSM Ebner Stolz. Im Alter von zwölf Jahren stand er das erste Mal vor der Kamera. Bei "Schloss Einstein" spielte er drei Jahre lang die Rolle des Felix Kindermann, eines Schülers der sechsten Generation. Er wirkte in den Folgen 285 bis 426 mit. 

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