Achtsamkeit im Arbeitsleben

Vier Tipps, wie Sie Ihren Anwalt­salltag ent­sch­leu­nigen

Gastbeitrag von Anja SchäferLesedauer: 5 Minuten

Anwälte sorgen gut für ihre Mandanten. Die eigenen Bedürfnisse werden häufig hintenangestellt. Anja Schäfer verrät vier Tipps, wie Sie Ihren Arbeitsalltag entschleunigen, um immer häufiger gelassen und leistungsfähig zugleich zu agieren.

Anwälte stehen die meiste Zeit unter Erfolgsdruck und kennen, dass der Tag zu wenige Stunden hat. Die vorhandene Zeit reicht häufig für die zu erledigenden Aufgaben nicht aus, weder für einen ausführlichen Austausch mit den Mandanten noch für eine tiefgründige Bearbeitung von Mandaten, die Führung von Mitarbeitern oder den Ausbau des eigenen Netzwerkes usw. Besonders dann, wenn man zu viel zu tun hat, scheint der Tag häufig nur so zu verfliegen.

Folglich bleibt fürs Innehalten, Nachdenken oder Fokussieren im Berufsalltag oft keine Zeit. Anwälte berichten, dass sie immer mehr im Autopilot- oder im Multitasking-Modus agieren. Die eigenen Bedürfnisse finden sich dann schnell an letzter Stelle wieder. Die Konsequenzen sind je nach Persönlichkeit unterschiedlich: eingefahrene Verhaltensmuster, schlechte Stimmung im Team, Dauerstress, Krankheitsanfälligkeit oder gar ein Burn-out.

Immer mehr Menschen sind darauf aus, den Autopiloten anzuhalten und wieder mehr Herr ihrer Lage und damit auch ihrer Zeitplanung zu werden. Methoden und Werkzeuge aus der Achtsamkeit (Mindfulness) unterstützen dabei, bewusst oder zumindest bewusster zu agieren, reflektiert zu reagieren, den Fokus zu verändern, das eigene Ressourcenpotential auszubauen, Stressfaktoren zu reduzieren und gelassener zu werden. Der wichtigste Aspekt bei Achtsamkeit besteht darin, die Aufmerksamkeit auf eine konkrete Situation zu richten. Durch den Fokus auf das "Hier und Jetzt" gelingt es, bewusster zu entscheiden und zu handeln und damit eben nicht wie bislang einfach nur zu reagieren.

Eine solche Verhaltensänderung passiert jedoch nicht über Nacht. Achtsamkeit will geübt werden. Nur dann gelingt es, neue Routinen zu entwickeln, um bspw. mit Stresssituationen entspannter umzugehen und auf diese Weise den Alltag immer mehr zu entschleunigen, wozu die nachfolgenden vier Tipps einladen wollen.

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Tipp 1: Konzentrieren Sie sich nur auf eine Sache

Versuchen Sie häufig, alles auf einmal zu erledigen, um möglichst effizient zu sein oder auch nur, um irgendwie das Tagespensum zu schaffen? Kein Wunder, dass Sie sich an diesen Tagen abends besonders erschöpft fühlen.

Aus der Hirnforschung weiß man, dass sich die Gehirnleistung reduziert, wenn mehrere Dinge gleichzeitig erledigen werden. Wenn Sie sich stattdessen nur auf eine Sache konzentrieren, werden Sie schnell merken, dass sie auf diese Weise fokussierter und zudem auch stressfreier arbeiten. Manch einer wird sogar feststellen, dass er mit "Mono- statt Multitasking" mehr Sachen und in höherer Qualität erledigt bekommt.

Wann immer Sie merken, dass Sie gerade wieder mehrere Dinge gleichzeitig tun wollen, halten Sie kurz inne. Entscheiden Sie sich dann bewusst dafür, zu entschleunigen, und auch im Interesse Ihrer Mandanten erst die eine und dann die andere Sache zu tun.

Tipp 2: Pausieren Sie, um fokussiert zu bleiben

Heute fühlen sich Menschen doppelt so häufig bei der Arbeit gestört als noch vor 20 Jahren. Etwa alle drei Minuten werden wir im Arbeitsalltag durch eintreffende Emails, Telefonanrufe oder persönliche Ansprache usw. aus dem Arbeitsfluss gerissen. Nach einer Ablenkung kann es bis zu 25 Minuten dauern, bis die ursprüngliche Aufgabe wieder fokussiert angegangen wird. Häufige Störungen führen dazu, dass sich die einzelne Person irgendwann nur noch überflutet oder gestresst fühlt und zudem auch deutlich weniger erledigt bekommt.

Es gibt jedoch ein einfaches Mittel, was dabei hilft, fokussiert zu bleiben: Pausen. Erst durch regelmäßige und gut genutzte Auszeiten werden Arbeitsphasen produktiv, schöpferisch, fokussiert und damit befriedigend. Pausen einfach wegzulassen oder gar eine andere Arbeit in die Auszeit hineinzuzwängen, ist gesundheitsschädigender Dauerstress, welcher nur für sehr kurze Zeit zu mehr Produktivität führt.  

Nicht jeder nimmt jedoch wahr, dass er eine Pause braucht. Dann kann es helfen, sich vom Mobiltelefon bspw. nach 50 Minuten an eine zehnminütige Pause erinnern zu lassen und nach zwei oder drei solcher Arbeitseinheiten eine längere Auszeit einzulegen. Nutzen Sie diese Arbeitsunterbrechung, um bewusst etwas zu tun, was nicht mit der vorherigen oder üblichen Arbeitstätigkeit zu tun hat, wie bspw. eine Tasse Tee zu trinken oder sich nach längerer sitzender Tätigkeit etwas zu bewegen.

Tipp 3: Priorisieren Sie, statt zu perfektionieren

Nur zu schnell haben wir im Arbeitsalltag so viel um die Ohren, dass wir nicht mehr wissen, wo uns der Kopf steht. Dann hilft nur eins: Managen Sie sich selbst, nicht Ihre Zeit. Unterteilen Sie Ihre Aufgaben in dringende, wichtige und weniger wichtige Dinge. Auf diese Weise gelingt es Ihnen, Ihren Arbeitstag besser zu organisieren und sich auf die wirklich entscheidenden Projekte zu konzentrieren.

Gehen Sie zuerst die dringenden Dinge an, d. h. die Aufgaben, die noch heute oder zeitnah erledigt werden müssen. Terminieren Sie wichtige Dinge, um sie später in Angriff zu nehmen. Nachdem Sie die dringenden Aufgaben erledigt haben, überlegen Sie, was Sie gegebenenfalls jetzt schon für die Erledigung der bevorstehenden wichtigen Arbeiten vorbereiten können.

Notieren Sie sich die weniger wichtigen Dinge. Prüfen Sie gleichzeitig, wer diese Aufgaben an Ihrer Stelle übernehmen kann. Delegieren Sie diese Arbeiten zeitnah an die entsprechenden Personen und kontrollieren Sie bei Bedarf deren Ausführung. Auf diese Weise vermeiden Sie, dass sie irgendwann als dringend wieder bei Ihnen "aufpoppen".

Tipp 4: Setzen Sie Grenzen

Wenn Sie als Anwalt anderen keine Grenzen setzen und alles selbst erledigen wollen, machen Sie nichts richtig und Sie erreichen, schneller Ihnen lieb ist, Ihre Belastungsgrenze. Für den Erhalt Ihrer Leistungsfähigkeit ist es daher wichtig, dass Sie zum einen die Grenzen Ihrer Belastbarkeit bewusst wahrnehmen und zum zweiten diese anderen kommunizieren.

Die Herausforderung bei Abgrenzung dabei ist, eine "selbstverständliche Nein-Haltung" zu entwickeln und gleichzeitig freundlich und klar zu agieren. Sonst ist jedes Nein für Sie ein Kraftakt und für Ihr Gegenüber eine Enttäuschung.

Deshalb kann es hilfreich sein, sich für häufige Vorkommnisse einzelfallabhängig Absagestrategien zurecht zu legen. Wenn Sie bspw. leicht zu begeistern sind und häufig vorschnell unter Missachtung der eigenen Belastbarkeit anderen zusagen, kann ein zeitlicher Abstand, wie bspw. eine kurze oder auch längere Bedenkzeit, sinnvoll sein.

Ihre innere Balance ist es wert, anderen zeitnah und respektvoll mit wenigen unmissverständlichen Worten abzusagen. Dies fällt leichter, wenn Sie sich bewusst machen, dass Sie auf diese Weise entweder Energie für dringende bzw. wichtige Aufgaben gewinnen oder etwas Gutes für sich selbst tun. Auch wenn es nicht jedes Gegenüber akzeptieren kann: Ein freundliches und direktes "Nein." ist ein ganzer Satz.

Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer unterstützt und berät als Business Coach und Mentorin bei Fragen zur strategischen Ausrichtung, zur beruflichen und persönlichen Neuorientierung bzw. Weiterentwicklung und zur Kommunikation im Businessumfeld. Zum Erfolgsfaktor "Führe dich selbst durch schwierige Phasen und Herausforderungen" bietet sie aktuell eine 5-Tages-Challenge an.

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