Legal Voices - Die LTO-Presseschau: Schnell informiert den Tag beginnen

von Dr. Christian Rath

18.04.2011

Ab heute jeden Morgen bei LTO: Eine Übersicht über die wichtigsten juristischen Nachrichten, Hintergründe und Kommentare der Qualitätszeitungen sowie ausgewählter Portale und Blogs. Am Montag geht es neben der Vorratsdatenspeicherung u.a. um den mutmaßlichen Bodenfelde-Mörder, die ungarische Verfassung und die Perspektiven der Bundesjustizministerin.

Thema des Tages: Wie geht es weiter mit der Vorratsdatenspeicherung?

Heute stellt die EU-Kommission in Brüssel ihren mehrfach verschobenen Evaluations-Bericht vor. Wie der Spiegel meldet, wird die Kommission dabei Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren androhen, wenn die EU-Richtlinie nicht bald umgesetzt wird.

Die taz (Wolf Schmidt) fasst den Bericht, der bereits auf der Homepage des FDP-Europapolitikers Alexander Alvaro zu lesen ist, zusammen. "Die EU-Kommission will bei einer Überarbeitung ihrer Vorgaben deshalb prüfen, ob die Zahl der zugriffsberechtigten Behörden eingeschränkt und die Speicherfristen verkürzt werden können." An der umstrittenen Pflicht zur Datensammlung will die Kommission aber festhalten.

Heribert Prantl (SZ) warnt in seinem Leitartikel davor, das Thema aus Überdruss zu ignorieren. Er fordert die Bundesregierung auf, die Richtlinie bis auf Weiteres nicht umzusetzen und notfalls entsprechende Zwangsgelder als "Preis der Freiheit" zu bezahlen. Zumindest solle die Bundesregierung auf die Überarbeitung der Richtlinie Einfluss nehmen, statt sich in dieser Frage selbst zu blockieren.

Dagegen betont BKA-Präsident Jörg Ziercke im Interview mit dem Handelsblatt (Rüdiger Scheidges), dass Wirtschaftskriminalität ohne Vorratsdatenspeicherung kaum aufzuklären sei. Nach einer internen BKA-Statistik gingen derzeit 85 Prozent aller polizeilichen Anforderungen von Verkehrsdaten ins Leere, weil die Provider die Daten bereits gelöscht haben.

Weitere Themen

"Der Verfassungsbruch" heißt das neueste Buch von Hans Herbert von Arnim. Der Rechtsprofessor und Parteienkritiker aus Speyer beschäftigt sich darin mit der Finanzierung der Parlamentsfraktionen, die er als "institutionellen Missbrauch" wertet, wie er im Interview mit der FAS (Stefan Tomik) erklärt. Von Arnim kritisiert die Höhe der staatlichen Zuschüsse, deren mangelnde Kontrolle und dass zu viele Abgeordnete neben ihrer Diät noch Funktionszulagen erhalten.

Rechtsanwalt David Schneider-Addae-Mensah hat vorige Woche beim Bundesverfassungsgericht ein Urteil gegen die Zwangsmedikation von Straftätern in der forensischen Psychiatrie erstritten. Im Interview mit der taz (Christian Rath) erklärt er, dass das Urteil bundesweit gelte. Wenn sich Ärzte und Richter nicht an den vorläufigen Stopp der Zwangsbehandlung hielten, werde er sie anzeigen. Es sei humaner, auf eine Behandlung zu verzichten, als eine Zwangsbehandlung durchzuführen.

Der Spiegel prüft, ob die Justiz im Umgang mit Jan O., dem mutmaßlichen Doppelmörder von Bodenfelde, Fehler gemacht hat. Jan O. hatte Bewährungsauflagen gebrochen, die Staatsanwaltschaft aber keinen Sicherungshaftbefehl beantragt,  obwohl die Polizei dies angeregt hatte. Am Ende wird der ehemalige Leiter der Mordkommission zitiert: "Keiner hat vorhersehen können, was passiert ist."

Am OLG Stuttgart beginnt im Mai der Prozess gegen Ignace Murwanashyaka, dem Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch vorgeworfen werden. Von Deutschland aus soll der Akademiker Massaker von Hutu-Milizen im Kongo befehligt haben. Die FAS (Markus Frenzel) schildert den Hintergrund des Verfahrens.

Wolfgang Kaden (SpOn) fordert härtere Strafen für Kartellsünder. "Bußgelder allein schrecken nicht ab, das können nur strafrechtliche Folgen tun: die Drohung mit dem Knast." Deutschland solle sich am Beispiel der USA orientieren.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte vorige Woche den Abschluss befristeter Verträge durch eine verfassungskonforme Auslegung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes erleichtert. Frühere Zeitverträge stehen einer Einstellung nicht mehr entgegen, wenn sie länger als drei Jahre zurückliegen. Die FAZ (Corinna Budras) hat Stimmen zu dieser Entscheidung gesammelt. Arbeitgeber begrüßen die gestiegene Flexibilität, Gewerkschaften kritisieren die Ausweitung prekärer Arbeitsverhältnisse.

Der Spiegel analysiert die Perspektiven von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der FDP. Nachdem sie den Sturz von Parteichef Westerwelle befördert und gleichzeitig Wirtschaftsminister Brüderle vor demselben bewahrt habe, könnte Leutheusser-Schnarrenberger bald mehr als stellvertretende Parteivorsitzende werden. Sie habe auch "gute Chancen, demnächst die liberale Bundestagsfraktion zu führen", so der Spiegel. Voraussetzung wäre, dass die Amtsinhaberin Birgit Homburger den Landesvorsitz in Baden-Württemberg verliert.

Vermutlich in dieser Woche wird die EU-Kommission einen Vorschlag zur Einführung von Frauen-Quoten in Unternehmensführungen vorstellen. Die Welt (Dorothea Siems) zitiert den Rechtsexperten des Centrums für Europäische Politik, Klaus-Dieter Sohn, der eine Verletzung der Vertragsfreiheit befürchtet. Vermutlich würde zunächst eine Quote mit Öffnungsklauseln für bestimmte Branchen beschlossen. Wie in seinem Urteil zur Versicherungswirtschaft könnte jedoch der EuGH derartige Öffnungsklauseln als gleichheitswidrig kippen, befürchtet Sohn.

In der vergangenen Woche hatte das Jugoslawien-Tribunal in Den Haag den kroatischen General Ante Gotovina wegen Verfolgung und Vertreibung von Serben zu 24 Jahren Haft verurteilt. Karl-Peter Schwarz (FAZ) stellt nun einen Bezug zur Vertreibungspolitik in Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg her. Generell gelte: "Gewalt gegen Zivilisten mit dem Ziel, sie zum Verlassen der Heimat zu bewegen, ist nicht zu rechtfertigen."

Mit der neuen ungarischen Verfassung, die heute beschlossen werden soll, beschäftigt sich Andreas Zielcke (SZ). Sie erinnere an die Idee einer konservativen Revolution. Zwar bekenne sie sich zu Demokratie, Rechtsstaat und Republik, verlange aber, dass jede Verfassungsbestimmung im Sinne eines vorangestellten "nationalen Bekenntnisses" ausgelegt werden müsse. Indem viele wichtige Gesetze nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden können, sichere sich die Regierungspartei Fidesz auch dann Einfluss, wenn sie nicht mehr an der Macht sei.

Den Machtverfall einer Staatspartei beschreibt dagegen die FAZ (Rainer Hermann). Das Hohe Verwaltungsgericht in Ägypten hat die ehemalige Partei von Ex-Staatschef Hosni Mubarak NDP für aufgelöst erklärt, obwohl sich diese umbenannt und eine neue Führung  gegeben hatte. Die Vorwürfe: Die Partei habe den Geheimdienst benutzt, um in anderen Parteien für Konflikte zu sorgen. Außerdem hätten NDP-Funktionäre ihre Stellung missbraucht, um sich zu bereichern.

Michael Braun (taz) kommentiert das italienische Strafurteil gegen mehrere Thyssen-Krupp-Manager. Bis zu sechzehneinhalb Jahre Haft wegen Totschlags wurden in Turin gegen die Verantwortlichen einer Brandkatastrophe verhängt, die 2007 sieben Menschenleben forderte. Es seien die nötigen Investitionen in Sicherheit und Brandschutz unterlassen worden. Braun führt das harte Urteil auf drei Faktoren zurück: In Italien empöre man sich mehr über Arbeitsunfälle als in Deutschland, die Einstufung als Totschlag habe die ansonsten kurzen Verjährungsfristen ausgehebelt, außerdem sei ein deutsches Unternehmen schuld gewesen.

Morgen gibt es eine neue LTO-Presseschau.

Zitiervorschlag

Dr. Christian Rath, Legal Voices - Die LTO-Presseschau: Schnell informiert den Tag beginnen . In: Legal Tribune Online, 18.04.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3059/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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