Die juristische Presseschau vom 5. November 2014: EGMR zu Abschiebungen nach Italien – Tücken des "Berliner Testaments" – Nichtraucherschutz und E-Zigaretten

05.11.2014

Recht in der Welt

EGMR zu journalistischer Sorgfalt: Journalisten müssen nicht mit Sanktionen rechnen, wenn sie Informationen verbreiten, deren Unrichtigkeit oder Nichtbeweisbarkeit sich im Nachhinein herausstellt. Sie müssen allerdings in gutem Glauben und unter Beachtung der journalistischen Sorgfalt über eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse berichtet haben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied am gestrigen Dienstag, dass sich auch ein Privater auf diese journalistische Sorgfalt berufen kann. Voraussetzung für die Anwendung dieses privilegierten Sorgfaltsmaßstabs auf Nicht-Journalisten ist allerdings die Beteiligung an einer Debatte von öffentlichem Interesse. Dies berichtet blog.lehofer.at (Hans Peter Lehofer).

Frankreich - Neuer Straftatbestand: Das französische Parlament verabschiedete am gestrigen Dienstag einen Gesetzentwurf, welcher vorsieht, einen Produzenten wegen Betrugs zu bestrafen, wenn dieser absichtlich die Lebensdauer seiner Produkte verringert. Der Vorschlag bedarf noch der Zustimmung des Senats. Frankreich will damit unter anderem den Energiebedarf verringern. Deutschland hat bisher keine äquivalente Regelung. Die taz (Jacques Pezet) setzt sich mit dem französischen Gesetzentwurf auseinander.

Großbritannien – Leipzig "gewinnt" KWL-Prozess: Klaus Heininger, ehemaliger Geschäftsführer der Kommunalen Wasserwerke Leipzig, hat 2006 und 2007 ohne die Zustimmung der Aufsichtsgremien riskante Verträge mit der Schweizer Bank UBS geschlossen. Wegen Verlusten aus den Geschäften mit KWL forderte die Bank 350 Millionen Euro von der Stadt Leipzig. Das oberste britische Zivilgericht, der High Court of Justice in London, wies am gestrigen Dienstag eine Klage von UBS gegen die Stadt Leipzig ab. Es erklärte die hoch riskanten Finanzgeschäfte zwischen den Parteien für nichtig. Dem Geschäft lag unter anderem die Bestechung von Heininger zugrunde. Leipzigs finanzielle Handlungsfreiheit hätte bei Erfolg der Klage von UBS erheblich gelitten. Über den komplexen Fall berichten die FAZ (Thiemo Heeg), Die Welt (Sven Eichstädt) und bild.de (Erik Trümper).

Spanien – Unabhängigkeit gestoppt: Das Verfassungsgericht in Madrid beschloss am gestrigen Dienstag, dass ein unverbindliches Unabhängigkeitsreferendum Kataloniens unzulässig sei. Die Madrider Zentralregierung hatte wegen des katalanischen Vorhabens eine Verfassungsklage eingereicht. Die Regierung in Barcelona plant dennoch, die Befragung durchzuführen. Dies berichten Die Welt und rp-online.de.

Südafrika – Pistorius: Die Staatsanwaltschaft hat am gestrigen Dienstag Berufung im Fall Oscar Pistorius eingelegt. Als Grund dafür gab sie das zu geringe Strafmaß sowie den Schuldspruch an. Oscar Pistorius wurde zu fünf Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung an seiner Freundin verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hingegen geht von Mord aus und forderte mindestens zehn Jahre Freiheitsstrafe. Ob die Berufung zugelassen wird, ist unklar. Dies meldet spiegel.de.

Sonstiges

Düsseldorf - Emoticon ":D" als Marke: Die Stadt Düsseldorf hat sich das Emoticon ":D", welches für Lachen steht, als Gemeinschaftsmarke eintragen lassen. Die Rechtsanwältin Valeska Töbelmann schreibt für lto.de über die Legitimität und die rechtlichen Konsequenzen einer solchen Eintragung. Das deutsche Patent- und Markenamt hat hinsichtlich der Zulässigkeit des Düsseldorfer Vorhabens noch nicht entschieden.

Tücken des "Berliner Testaments": Die SZ (Catrin Gesellensetter) beschäftigt sich ausführlich mit dem sogenannten "Berliner Testament". Dieses gemeinschaftliche Testament sieht in der Standardvariante vor, dass sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Die Abkömmlinge erhalten ihren Nachlass erst nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten. Diese Regelung sei trotz vermehrter Verwendung selten die beste und aus verschiedenen Gründen anfällig. Probleme können sich aus den Pflichtteilsansprüchen etwaiger Abkömmlinge, aus der Bindungswirkung der Verfügung und wegen einer möglichen höheren Besteuerung ergeben. Es werden zudem steuerlich sinnvollere Alternativen aufgezeigt.

Das Letzte zum Schluss

Der angeklagte "Gentleman": Dem bereits vorbestraften Mandanten wurde vorgeworfen eine Frau angegriffen und verletzt zu haben. In der Hauptverhandlung echauffierte sich der Angeklagte über die ihm vorgeworfene Tat. Seinem Strafverteidiger flüsterte er zu: "Die Vorwürfe sind eine Frechheit. Ich war das nicht. Sie können dem Gericht ruhig sagen, dass ich nur Männer schlage!" Der Anwalt besann sich jedoch und teilte dem Gericht diese vermeintlich sinnvolle Information nicht mit. Der Angeklagte wurde wohl auch so freigesprochen. Von der "frechen" Anklage berichtet kanzleiundrecht.wordpress.com (Joachim Müller).

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. November 2014: EGMR zu Abschiebungen nach Italien – Tücken des "Berliner Testaments" – Nichtraucherschutz und E-Zigaretten . In: Legal Tribune Online, 05.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13709/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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