Die juristische Presseschau vom 11. Februar 2014: Auftakt im Porsche-Prozess – Freizügigkeit und Schweiz – Wulff erinnert sich

11.02.2014

Schlechte Aussichten für Hedgefonds. Zum Auftakt im Porsche-Prozess äußert sich das Gericht skeptisch. Außerdem in der Presseschau: europarechtliche Freizügigkeit und die Schweiz, Selbstanzeigen und Steuerhinterziehung, keine Befangenheit beim BVerwG, Erinnerungen eines Bundespräsidenten a.D., freiwillig in Den Haag und eine Ausreden-Sammlung.

Thema des Tages

LG Stuttgart – Porsche: Der Autohersteller Porsche scheiterte an der Übernahme des Konkurrenten VW. Bei der juristischen Aufarbeitung scheint der beklagten Porsche-Holding dafür mehr Erfolg beschieden. Über den Auftakt im Verfahren über eine milliardenschwere Schadensersatzforderung mehrerer Hedgefonds vor dem Landgericht Stuttgart berichten Handelsblatt (Martin W. Buchenau) und FAZ (Susanne Preuß). Die Vorsitzende Richterin Carola Wittig habe die klägerische Argumentation "zerpflückt" und "erhebliche Prozessrisiken" ausgemacht. Es sei zweifelhaft, ob Pressemitteilungen kausal für die Anlageentscheidungen von Profis seien, jedenfalls könnten Spekulationen mit Aktienkurse wohl nicht den Inhalt von Offenbarungspflichten eines Unternehmens begründen. Der Bericht der taz (Kai Schöneberg) macht auf weitere Verfahren im Zusammenhang eines "der spektakulärsten Wirtschaftskrimis der Autogeschichte" mit einem Gesamtstreitwert von mehr als fünf Milliarden Euro aufmerksam, am Landgericht Braunschweig etwa seien weitere fünf Klagen anhängig.

In einem Kommentar bezeichnet Joachim Jahn (FAZ) es als "Geschäftsmodell" von Hedgefonds, es nach Fehlspekulationen "bei der Justiz" zu versuchen. Auch wenn die bisherigen Verfahren nicht nicht erfolgversprechend scheinen, werde wohl erst der Bundesgerichtshof oder gar "die Europarichter in Luxemburg" darüber entscheiden, "wie weit Angreifer im Übernahmepoker mit offenen Karten spielen müssen."

Rechtspolitik

Freizügigkeit: In Frage und Antwort-Form gibt die FAZ (Werner Mussler/Hendrick Kafsack) in ihrem Wirtschafts-Teil einen Überblick zu den europarechtlichen Konsequenzen der erfolgreichen Volksabstimmung zur Zuwanderung in der Schweiz. So müsste eine Kündigung des Freizügigkeitsabkommens mit der EU gemäß der vereinbarten "Guillotine-Klausel" auch zur Kündigung der anderen zwischen der Eidgenossenschaft und der EU vereinbarten Verträge führen. Der Bericht der SZ (Daniel Brössler/Javier Caceres) macht darauf aufmerksam, dass ein Konflikt bereits vor der mit drei Jahren bemessenen gesetzlichen Umsetzungsfrist ansteht: Für das neueste EU-Mitglied Kroatien würden bislang nicht die Freizügigkeitsregeln der EU-Bürger gelten. Eine Unterzeichnung des entsprechenden, "fertig ausverhandelten" Abkommens mit dem Land sei nach der Abstimmung fraglich, gleichzeitig könne die EU die Diskriminierung eines Mitgliedsstaates nicht hinnehmen.

Nach Thomas Kirchner (SZ) müsse die EU der Schweiz "in der gebotenen Deutlichkeit klarmachen", dass die Verabschiedung von der Arbeitnehmerfreizügigkeit, einem "Pfeiler der Integration" und "eine Art europäisches Heiligtum", nicht akzeptiert werden könne. Dabei müsse auf den "erhobenen Zeigefinger" verzichtet werden, diffuse Modernisierungs-Ängste, für die Ausländer als Sündenböcke herhalten müssten, existierten schließlich "überall in Europa."

Datenschutz: In ausdrücklicher Fortsetzung der vom Präsidenten des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), angestoßenen Debatte über persönliche Freiheit im Informationszeitalter fordert Juli Zeh (FAZ) im Feuilleton des Blattes ein "klar formuliertes digitales Grundrecht", dass "personenbezogene Daten unter die alleinige Verfügungsgewalt des Einzelnen stellt" und ein der körperlichen Unversehrtheit oder dem Privateigentum vergleichbares Schutzniveau besitzt.

Selbstanzeige: In einem Kommentar bezeichnet Donata Riedel (Handelsblatt) die Selbstanzeige als "Brücke" zwischen Steuer- und Strafrecht. Ersteres verpflichte die Bürger zur Offenlegung sämtlicher Einkünfte, letzteres jedoch beinhalte den Grundsatz, dass niemand sich selbst belasten müsse. Wolle man die Selbstanzeige abschaffen, hätte aus Verfassungsgründen auch für Steuerhinterzieher das Zeugnisverweigerungsrecht zu gelten.

Für die Beibehaltung des Instruments plädiert auch Rechtsanwalt Karsten Randt (FAZ) in einem Gastbeitrag für den Geldanlagen-Teil der Zeitung. Gerade die Vielzahl der aktuell eingehenden Anzeigen beweise, dass die Betroffenen "den Weg zurück in die Steuerehrlichkeit einschlagen" wollten, darüber hinaus müsse aber sichergestellt werden, dass die "Spielregeln" zur Wahrung des Steuergeheimnisses eingehalten werden.

Steuerhinterziehung: In einem Gastbeitrag macht sich Henryk M. Broder (Welt) Gedanken zur Steuerhinterziehung. Die "allgemeine Hysterie der letzten Tage" beweise, dass auch aufgeklärte Gesellschaften ohne Sündenböcke nicht auskämen, "aufgrund der herrschenden Political Correctness" treffe es nun nicht mehr "die üblichen Verdächtigen", sondern eben "Steuersünder." Im staatlichen Umgang mit diesen heilige der Zweck die Mittel, dabei machten sich die Betroffenen keines Verstoßes gegen die Zehn Gebote, "der Grundlage aller Gesetze" schuldig, sie verletzten nurmehr einen Teil des Gesellschaftsvertrages zwischen Regierten und Regierenden. Den gleichen Vorwurf müssten sich aber auch letztere gefallen lassen, wie zahlreiche, vom Autor benannte Beispiele von Verschwendungen öffentlicher Gelder belegten.

Diäten: Einen Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen, der die Höhe der Bezüge von Bundestagsabgeordneten künftig an denen von Bundesrichtern orientieren soll, begrüßt Claus Hulverscheidt (SZ) als "prinzipiell richtig." Dass der Entwurf mit einem solchen für ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung verknüpft werde, sei dagegen "geradezu unselig." Hier entstünde der ungewollte Eindruck, dass gegen Korruption nur eine bessere Bezahlung helfe.

Elektronische Verkündung: In einem Gastbeitrag erläutert der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Patrick Breyer (lawblog.de) den Vorschlag seiner Piraten-Fraktion, künftig auch die elektronische Verkündung von Gesetzen zuzulassen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. Februar 2014: Auftakt im Porsche-Prozess – Freizügigkeit und Schweiz – Wulff erinnert sich . In: Legal Tribune Online, 11.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10948/ (abgerufen am: 13.05.2024 )

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