Die juristische Presseschau vom 19. Mai 2016: Dash­cams als Beweis­mittel / Fischer zu Mor­d­re­form / OMT-Urteil Ende Juni

19.05.2016

Justiz

LG Hamburg zu Böhmermann: Nachdem das Landgericht Hamburg Jan Böhmermann verbot, große Teile seines Gedichts erneut vorzutragen, hat dessen Anwalt Christian Schertz beantragt, dass das Gericht Erdogan eine vierwöchige Frist zur Klageerhebung in der Hauptsache setzt. Wenn dieser nun keine Klage einreicht, könne die Verfügung verfallen. Notfalls wolle Schertz bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, denn die Verfügung sei "eklatant falsch", melden focus.de und zeit.de.

Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) gibt die Entscheidung des Landgerichts von vergangenem Dienstag wieder. Der Beitrag betont, die Entscheidung wirke sich nur zwischen den Parteien aus, und er weist zudem darauf hin, dass das Gericht neben der Pressemitteilung auch eine Version des Gedichts veröffentlichte, in der die verbotenen Stellen markiert sind.

Reinhard Müller (FAZ) hält es für möglich, dass das Strafverfahren gegen Böhmermann ähnlich endet. Einen in Satire verpackten Angriff auf andere Grundrechte decke die Verfassung nicht mehr. Medienrechtler Karsten Gulden (infodocc.info) hält das Gedicht für gänzlich unzulässig und meint, das Gericht habe mit der unterschiedlichen Beurteilung einzelner Teile eine klare Entscheidung verpasst. So schaffe das LG keine Rechtssicherheit und mache die "im Ergebnis zu großen Teilen richtige Entscheidung" angreifbar.

Nachlese zu Böhmermann: focus.de (Michael Voltz) skizziert den bisherigen Verlauf des Falls Böhmermann und prüft, ob der Satiriker sich strafbar gemacht hat. Dabei komme es auf eine Abwägung der Grundrechte Erdogans und Böhmermanns und letztlich darauf an, ob das Gedicht Erdogan in seiner Menschenwürde verletze, wofür vieles spräche. Es sei richtig, dass das LG Hamburg die Abwägung für jede Zeile des Gedichts vorgenommen hat.  

"Weshalb wurde der Antrag in Hamburg entschieden?" - "Warum wurden nur bestimmte Teile verboten?" - "Welche Auswirkungen hat die Verfügung auf die Strafverfahren gegen Böhmermann?" zeit.de (Ludwig Greven) beantwortet Fragen rund um die einstweilige Verfügung des Landgerichts.

LG Hamburg als "fliegender Gerichsstand": Udo Vetter (lawblog.de) erläutert, warum Unterlassungsklagen wegen Ehrverletzungen häufig vor dem Landgericht Hamburg landen. "Das Landgericht Hamburg gilt als die sicherste Bank, wenn es darum geht, im Äußerungsrecht für die Kläger zu entscheiden. Also im Ergebnis gegen die Meinungsfreiheit." Dies erlaube eine Ausnahme des Zivilprozessrechts, der "fliegende Gerichtsstand". Diese Regelung sowie das "Hamburger Monopol" gehörten "auf den Prüfstand", so Vetter.

VG Berlin zu veganem Schulessen: Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe eines Vaters, der veganes Schulessen für seine Tochter einklagen wollte, abgelehnt. Er argumentierte, die ethischen Gründe für die Diät stünden religiösen und gesundheitlichen Gründen gleich, berichtet lawblog.de (Udo Vetter). Das Gericht verweist hingegen auf die Möglichkeit des Mädchens, sich eigenes Essen mitzubringen.

"Der Staat garantiert die Freiheit, eigenen Bedürfnissen nachzugehen – aber stillen muss er sie nicht." Jost Müller-Neuhof (Tsp) begrüßt die Berliner Entscheidung: Nicht nur praktische Gründe sprächen dagegen, dass die Schule besondere Essenswünsche berücksichtige. Hinzu komme, dass die Kinder weder gezwungen werden, eine Ganztagsschule zu besuchen, noch werden sie dort zwangsernährt.

LG Dresden zu Kritik an der NPD: Die Zeit (DZ) moniert, die einstweilige Verfügung des Landgerichts Dresden gegen den Wissenschaftler Steffen Kailitz wegen seiner NPD-Kritik sei rechtswidrig. Dass die Kammer dem Einzelrichter Jens Maier die Sache übertrug, verstoße gegen die Zivilprozessordnung und letztlich auch gegen das Grundgesetz. Zudem betont der Beitrag, dass Maier Mitglied der AfD Sachsen ist. Der Anwalt der Zeit (zeit.de hatte Kailitz' Stellungnahme veröffentlicht) hat die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und die Abweisung des Unterlassungsantrags beantragt. Auch SZ (Heribert Prantl) und taz (Sabine am Orde) greifen den Fall auf, der laut  Kailitz' Anwalt ein "echter Justizskandal" sei. Die FAZ (Helene Bubrowski/Justus Bender) gibt neben der Position Kailitz' Anwalts (Kritik als wissenschaftliches Forschungsergebnis) auch den NPD-Anwalt Peter Richter wieder (NPD-Kritik als eigene Bewertung).

BVerfG - OMT: Das Bundesverfassungsgericht wird am 21. Juni sein Urteil zum OMT-Programm der EZB verkünden. Der Europäische Gerichtshof hatte auf Vorlage aus Karlsruhe hin entschieden, dass die EZB innerhalb ihrer währungspolitischen Kompetenz handele. Dessen Prüfung ist allerdings auf EU-Recht begrenzt, daher bestehe insbesondere die Frage, wie das BVerfG mit Blick auf die Identitätskontrolle urteilen werde, meldet die FAZ (hw.).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. Mai 2016: Dashcams als Beweismittel / Fischer zu Mordreform / OMT-Urteil Ende Juni . In: Legal Tribune Online, 19.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19411/ (abgerufen am: 14.05.2024 )

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