VGH Baden-Württemberg bestätigt Schließungen*: Im Bor­dell wird zu schwer geatmet

09.06.2020

Die Bordelle in Baden-Württemberg müssen wegen der Corona-Pandemie auch weiterhin geschlossen bleiben. Obwohl die Betreiberinnen versprachen, nur Körpermassagen durchführen zu lassen, sei das rechtmäßig, meint der VGH.

Wer in Baden-Württemberg ein Bordell aufsuchen will, dürfte in den nächsten Tagen auch weiterhin vor verschlossenen Türen stehen. Die verordnete Schließung der Freudenhäuser erhielt der Verwaltungsgerichtshof (VGH) des Landes trotz Eilanträgen zweier Betreiberinnen aufrecht (Beschl. v. 04.06.2020, Az. 1 S 1617/20, 1 S 1629/20).

Die Betreiberinnen hatten sich mit ihren Anträgen gegen eine Verordnung der Landesregierung gewandt, welche die vorübergehende Schließung aller Bordelle im Land aufgrund der Corona-Pandemie vorschrieb. Sie hatten ein Hygiene-Konzept vorgelegt, welches statt des üblichen Geschlechtsverkehrs Körpermassagen vorsah, die unter Beachtung aller Hygienerichtlinien erbracht werden sollten. Der Abstand zwischen den beiden Personen betrage während der Sitzung natürlich weniger als 1,5 Meter, gaben die Betreiberinnen zu. Es finde aber nur ein eingeschränkter Körperkontakt und kein sonstiger Sex statt. Zudem werde die Massage mit Einmal-Handschuhen ausgeführt, Kunden und die "Sexbegleiterin" müssten zudem stets eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Angesichts dieses Konzeptes sah man die Ungleichbehandlung gegenüber etwa Piercing- und Tattoostudios als ungerechtfertigt an, die mit vergleichbaren Hygiene-Vorgaben öffnen dürften.

Den VGH vermochte man damit allerdings nicht zu überzeugen. Dazu wies er zunächst noch einmal auf die nach wie vor bestehenden Gesundheitsrisiken aufgrund des Coronavirus hin. Gerade die Ereignisse der vergangenen Wochen, etwa in Einrichtungen für Asylbewerber, bei religiösen Veranstaltungen und in fleischverarbeitenden Betrieben, hätten gezeigt, dass eine schnelle Verbreitung des Virus nach wie vor möglich sei.

VGH traut Bordellbesuchern nicht

Richtig interessant wurde dann aber die Begründung des 1. Senats, weshalb Bordelle anders zu behandeln seien als bspw. Tattoostudios. So hätten die Betreiberinnen selbst eingesehen, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern bei den vorgeschlagenen Modell nicht eingehalten werden könne. Das ist zwar auch bei anderen Berufen der Fall, deren Ausübung erlaubt ist. Allerdings gehe es bei der Prostitution regelmäßig gerade um das Herstellen eines engsten Körperkontakts, der zu einer deutlich gesteigerten Atemaktivität führe, wodurch erhöhte Infektionsrisiken zu befürchten seien. Denn durch die gesteigerte körperliche Aktivität und Atemfrequenz sei zu befürchten, dass verstärkt Aerosole ausgestoßen würden, die - zumal in geschlossenen Räumen - als eine Hauptinfektionsquelle gelten. Hinzu kommt nach Auffassung der Richter, dass in denselben Räumlichkeiten von denselben Prostituierten regelmäßig täglich mehrfach wechselnde Kunden bedient würden, was der Verbreitung einer Infektion zusätzlich Vorschub leisten könne.

Ein weiterer Grund, der die Schließung nach Meinung des Gerichtshof rechtgfertigt, ist auch die Rückverfolgung der Infektionsketten, die als wichtiges Präventionsinstrument gilt. Diese sei hier aber nicht so einfach zu bewerkstelligen wie in anderen Betrieben, so der VGH. Zwar sah das Konzept der Betreiberinnen auch vor, dass die Namen und Kontaktdaten der Kunden notiert und für vier Wochen gespeichert würden. Allerdings sei das nicht realistisch, da zahlreiche Kunden von Prostitutionsbetrieben ihre Besuche dort verheimlichen wollten. So könne eine zuverlässige und lückenlose Rückverfolgung der Infektionsketten kaum gelingen.

Vor diesem Hintergrund sah man der 1. Senat es als legtitim an, die Schließung der Bordelle aufrecht zu erhalten und lehnte die Eilanträge ab. Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

mam/LTO-Redaktion

* In der Überschrift und im Text hieß es zunächst "Verfassungsgerichtshof (VerfGH). Es handelt sich aber um einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs (VGH). Korrigiert am 10.06.2020 um 12:25

Zitiervorschlag

VGH Baden-Württemberg bestätigt Schließungen*: Im Bordell wird zu schwer geatmet . In: Legal Tribune Online, 09.06.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41847/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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