Korrektes Schreiben im Jurastudium

Die Sprache beherr­schen

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten

Schadenersatz oder Schadensersatz? Dass oder das? Komma oder nicht? Auch Jurastudenten sind nicht immer fit, wenn es um korrektes Schreiben geht. Sabine Olschner hat Tipps gesammelt, wie sich Orthografie und Grammatik verbessern lassen. 

„Die Spannbreite der Rechtschreibkenntnisse bei Jurastudierenden ist groß. Sie reicht von ,makellos‘ bis ,entsetzlich‘“, sagt Professor Dr. Michael Germann, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Staatskirchenrecht und Kirchenrecht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Während seiner Jahre an der Universität hat er bereits zahlreiche Seminar- und Examensarbeiten bewertet. Dabei achtet er auch auf Rechtschreibung und Zeichensetzung. „Unter meinen Kollegen gibt es wahrscheinlich auch welche, die Fehler weniger penibel anstreichen“, sagt Germann. Für ihn aber gehören richtige Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den formalen Gesichtspunkten, die eine Prüfungsarbeit erfüllen muss. „Wenn es zu viele Fehler sind, merke ich das im Gutachten auch an“, erklärt der Professor. Bei Bedarf finden Studierende Kommentare wie etwa „Die Dichte der Rechtschreibfehler ist hoch“ oder „Inhaltlich sehr gut, aber sehr viele Kommafehler.” 

Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung sowie das Setzen von Kommas sind laut Dr. Dirk Hallenberger die häufigsten Probleme, über die Studierende stolpern. Der Lehrbeauftragte für das Seminar „Rechtschreibung und Zeichensetzung“ am Schreib-Lese-Zentrum der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster gibt jedes Semester zahlreichen Studierenden aller Fachrichtungen Tipps für korrektes Schreiben. Die Kommasetzung stößt bei den meisten Seminarteilnehmenden auf großes Interesse, sagt er: „Die Anzahl der Kommas in einem Text ist meist weitgehend richtig, aber sie stehen häufig an der falschen Stelle“, so Hallenbergers Beobachtung. Dass seit der Rechtschreibreform Mitte der 1990er-Jahre vielfach mehrere Schreibweisen für ein Wort möglich sind und Kommas in manchen Fällen gesetzt werden dürfen, aber nicht mehr müssen, führe bei vielen Studierenden zu Verwirrung.  

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Haus- und Seminararbeiten: Den Duden benutzen

Hallenbergers Rat für alle, die eine Haus- oder Seminararbeit abliefern müssen: immer einen Duden parat haben und ihn regelmäßig nutzen. „Vorn im Buch gibt es eine gute Übersicht zu den wichtigsten Rechtschreib- und Zeichensetzungsregeln“, erläutert der Lehrbeauftragte. „Je öfter man sich diese anschaut, umso besser kann man sie sich merken.“  

Hallenbergers zweiter Tipp: Unbedingt die automatische Rechtschreibkorrektur des Textverarbeitungsprogramms nutzen. „Viele kennen sie nicht oder schalten sie sogar aus“, so seine Erfahrung, dabei sei sie sehr hilfreich. Weil die deutsche Sprache komplex ist, kommt aber auch dieses Hilfsmittel ab und an an seine Grenzen. Ein Beispiel für einen Fehler, den die Rechtschreibkorrektur nicht erkennt: „Das verfassen eines Gutachtens ist notwendig.“ Das Wort „verfassen“ wird als Verb normalerweise kleingeschrieben, muss aber in diesem Kontext großgeschrieben werden – das sieht nicht jede automatische Rechtschreibkorrektur. 

Hallenbergers Tipp Nummer drei: Wichtige Arbeiten vor der Abgabe ausdrucken und auf dem Papier Korrektur lesen. „Am Bildschirm sieht man oft nicht alle Fehler“, weiß der Dozent. Noch besser sei es, den Text nicht nur selber zu lesen, sondern auch jemand anderen Korrektur lesen zu lassen. Das können zum Beispiel Freunde oder Kommilitonen sein. Wer wirklich sichergehen will, dass die Arbeit fehlerfrei ist, kann sich auch ein professionelles Lektorat gönnen. Da die juristische Sprache ganz speziell ist, sollten Studierende darauf achten, dass der Lektor oder die Lektorin fachlich versiert ist: Nur wer sich mit den Rechtswissenschaften auskennt, weiß um die Feinheiten, auf die es bei juristischen Texten ankommt. Während in anderen Fachbereichen zum Beispiel Wortwiederholungen durch Synonyme ersetzt werden können, um Abwechslung zu schaffen und um die Texte lesbarer zu machen, ist es in juristischen Texten oft unvermeidlich, einen einzigen bestimmten Begriff zu verwenden, weil ein Synonym eine ganz andere Bedeutung haben kann.  

Lektorat heißt nicht Ghostwriting 

Ein Dienstleister, der Lektorate auch für juristische Arbeiten anbietet, ist die Studi-Lektor GmbH. „Juristische Arbeiten werden bei uns nur von Juristen korrigiert“, sagt Koordinatorin Karen Wienefeld. „Die kennen sich mit genau solchen Details in der Sprache aus.“ 

Wichtig ist es laut dem Hamburger Dienstleister, dass nur Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion korrigiert werden und bei Bedarf etwas bei der Formatierung unterstützt wird. „Wir gehen beim Lektorat stilistisch behutsam und mit Augenmaß vor. Inhaltlich dürfen wir aber in die Arbeit nicht eingreifen. Fachliche Kommentare sind nicht zulässig“, sagt Wienefeld. Sie kenne viele andere Dienstleister, die als Ghostwriter offen anbieten, auch inhaltliche Korrekturen vorzunehmen – oder gleich die gesamte Arbeit zu verfassen. „Ich wundere mich, dass sie dieses illegale Vorgehen so öffentlich kommunizieren“, sagt sie. „Und ich finde es ungerecht gegenüber Studierenden, die wirklich aus eigener Kraft ihre Arbeit geschrieben haben.“  

 Insgesamt beobachtet Wienefeld eine zunehmende Nachfrage nach juristischem Lektorat. Die Qualität der abgelieferten Arbeiten ist dabei ganz unterschiedlich: „Die einen wollen wirklich eine perfekte Arbeit abgeben, da finden sich nur ein paar Kommafehler. Die anderen sind offenbar noch nicht so fit in der deutschen Grammatik und Rechtschreibung, da gibt es mehr zu tun.“  

Fällt man wegen schlechter Rechtschreibung durch? 

Professor Germann weist zusätzlich darauf hin, dass Studierende mit einer diagnostizierten Lese-Rechtschreib-Schwäche einen Nachteilsausgleich beantragen können. „Das kann bei Klausuren der Einsatz einer Rechtschreibprüfung am Rechner sein oder mehr Zeit für das Verfassen einer Arbeit.“  

Wirken sich Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler eigentlich auch auf die Benotung aus? „Die inhaltliche Qualität einer Arbeit steht bei der Bewertung natürlich an erster Stelle“, betont Germann. „Aber wenn der Inhalt noch so perfekt ist, die Arbeit jedoch vor formalen Fehlern wimmelt, kann ich einfach keine Höchstnote vergeben.“  

Eine ganze Notenstufe wird eine Arbeit wegen vieler Rechtschreib- und Grammatikfehler aber normalerweise nicht nach unten bewertet, versichert der Professor. „Keiner fällt allein wegen schlechter Rechtschreibung oder Zeichensetzung durch.“ Wichtig ist ihm das Thema jedoch allemal: „An Rechtschreibung und Zeichensetzung erkenne ich Sorgfalt und die Fähigkeit, die Sprache zu beherrschen – Eigenschaften, die für angehende Juristen von Bedeutung sind.“  

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