Stipendien nicht nur für Hochbegabte

Chillen in Kali­for­nien

von Marcel SchneiderLesedauer: 4 Minuten
Das Team von mystipendium.de möchte ganz normale Studenten ermutigen, sich um  Stipendien zu bewerben. In Kooperation mit Netzwerkpartnern gibt es dort außerdem Angebote ganz anderer Art - die insbesondere Jurastudenten gerade recht kommen.

Weil die Rechtswissenschaft ein klassischer Studiengang mit doppeltem Examen ist, dessen Noten ganz wesentlich über die berufliche Perspektive entscheiden, lastet auf Jurastudenten ein besonderer Druck. Ein straff durchexerziertes Studium, am besten noch mit Auslandssemester und Prädikat schon im Freiversuch, schaffen die wenigsten. Solche Überflieger haben gute Chancen, bereits im Studium oder als Jungwissenschaftler durch ein traditionelles Stipendium unterstützt zu werden. Doch auch abseits der Begabtenförderung gibt es zahlreiche Programme kleiner und großer Anbieter, die den Durchschnittsstudenten fördern – man muss sie nur finden. Dazu will Dr. Mira Maier beitragen. Sie ist Gründungsmitglied und Geschäftsführerin der Initiative für transparente Studienförderung (ItS), deren bekanntestes Projekt das Onlineportal www.mystipendium.de ist. Abiturienten, Studenten und Doktoranden können sich dort registrieren,  ihre eingegebenen Informationen mit passenden Stipendien matchen lassen und gleich die entsprechende Online-Bewerbung abschicken. Zum Vergleich: Auf der Onlineplattform gibt es 2.300 verifizierte Anbieter, während klassische Stipendien mit den Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung aktuell ausschließlich über nur 13 Begabtenförderwerke verteilt werden.

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"Chancen auf ein Stipendium viel höher als man glaubt"

Den Großteil der registrierten Förderer machen wohltätige Stiftungen aus, doch auch Hochschulen, Städte, Bildungsakademien und Studienwerke sind zahlreich vertreten. Dabei variiert die Art der Unterstützung sehr stark, denn von einmaliger oder monatlicher Finanzspritze bis zum pauschalen Druckkostenbeitrag für die Doktorarbeit ist alles drin. Viele dieser Angebote knüpfen nicht an typische Bedingungen wie die soziale Bedürftigkeit oder sehr gute Studienleistungen an, sondern an ganz bestimmte Ausbildungsziele. So gibt es etwa ein Angebot für Juristen, die schon einige Berufserfahrung gesammelt haben und vielleicht doch noch einen LL. M. draufsetzen wollen. Auch große Firmen und Privatunternehmer bieten ihre Hilfe an, verknüpfen diese aber in der Regel mit sehr viel leistungsorientierteren Voraussetzungen als öffentliche oder wohltätige Förderer.  "Die meisten denken, dass man nur als super-ambitionierter Schüler, Student oder Jungwissenschaftler mit exzellenten Leistungen überhaupt für ein Stipendium in Frage kommt. Dabei werden 41 Prozent der Bewerber erfolgreich vermittelt", sagt Maier. Die hohe Quote erkläre sich vor allem dadurch, dass es viel zu wenige Bewerber gebe und manche Stipendien sehr spezielle, aber an sich recht banale Anforderungen hätten. "Insbesondere viele kleine Anbieter werden ihr Geld mangels Bewerber gar nicht los. Dabei reicht es für eine Förderung manchmal schon aus, wenn man aus der gleichen Stadt kommt wie der Begründer einer Stiftung."

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2/2: Runterkommen in Amerika

Zusammen mit einigen Netzwerkpartnern bietet die ItS auch besondere Stipendien an, die nur eine einzige Voraussetzung haben: eine möglichst originelle Bewerbung per Text oder Video. Aktuell gibt es zum Beispiel das Entschleunigungs- oder das Prüfungsangststipendium, deren Bewerbungsfristen noch bis Ende März laufen. Für die kreativsten Stipendiaten geht es mit Vorbereitungsveranstaltungen und Rundum-sorglos-Paket bis zu sechs Monate nach Kalifornien – jeweils im Wert von mehreren tausend Euro pro Stipendiat. Tempo aus dem Studium nehmen, den Horizont erweitern, abschalten – unter angenehmen Stipendiatsbedingungen dürfte das mit dem Entschleunigen im sonnigen US-Bundesstaat sehr gut funktionieren. Dort seine Prüfungsangst auf magische Art und Weise zu verlieren, wohl eher nicht. Warum es auch bei diesem Angebot in die USA geht, erklärt Maier so: "Prüfungsangst entwickelt sich langsam und akkumuliert sich über die Zeit, wie ein Schneeball, der ins Rollen gerät. Die Wochen im Ausland unterbrechen diesen Prozess zumindest." Das Feedback von Teilnehmern ähnlicher Angebote in der Vergangenheit bestätige, dass sich die deutliche Entlastung in dieser Hinsicht positiv ausgewirkt habe. Generell dürfe Prüfungsangst kein Tabuthema sein.

Steigende Bekanntheit: Stiftungen weiten Angebote aus

Nun ist der Grundgedanke eines Stipendiums der, dem Stipendiaten Unterstützung zukommen zu lassen, damit dieser sich besser auf seine Ausbildung konzentrieren kann. Mit dem Studium direkt  vorankommen werden die Gewinner der angebotenen, eher weniger klassischen Stipendien aber nicht. Vielmehr entscheiden sie sich gerade für eine Bewerbung, um einen Gang runterschalten zu können. Wieso also ermöglichen die ItS und ihre Partner unter erheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand solche Sonderangebote wie die Entschleunigungs- und Prüfungsangststipendien? Natürlich spielt Eigenwerbung eine Rolle. Ihre Motivation ist aber auch eine altruistische: "Durch solche Förderangebote wollen wir das Bewusstsein dafür schärfen, dass man für ein Stipendium nicht zur sogenannten Elite zählen muss. Wir sind vielmehr der Überzeugung, dass jeder Unterstützung gebrauchen kann und auch verdient hat", so Maier. Sie selbst kam in ihrer Zeit als Doktorandin in den Genuss eines Stipendiums, in ihrem Fachgebiet ist sie aber nicht mehr tätig, der Job als Geschäftsführerin füllt sie komplett aus. Arbeiten, damit andere eine ruhige Kugel schieben können – von dieser Idee profitieren sonst nur Rentner nach dem Generationenvertrag. In diesem Fall hat die Arbeit von Maiers Team und über 8.000 ehrenamtlichen Helfern weltweit aber noch einen Zusatzeffekt: "Viele zunächst unbekanntere Anbieter, die über unser Onlineportal zunehmend Bewerber gewinnen, weiten ihre Angebote aus", beschreibt Maier die Tendenz. Damit steigen wiederum die Chancen, auch als Normalo eine Förderung zu erhalten.

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