Auslandssemester

Deut­sches Recht ist schon beson­ders

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten
Während des Jurastudiums ins Ausland zu gehen, ist ein wenig komplizierter als bei anderen Fächern – schließlich wird jenseits der Grenzen kein deutsches Recht gelehrt. Wer sich etwas anrechnen lassen will, muss sich meist einschränken.

Die meisten deutschen Jurastudenten und Rechtswissenschaftler wählen für ein Auslandssemester die Länder Österreich oder Frankreich. Laut dem Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2013 (aktuellste Zahlen) jeweils rund 1.200 Jurastudenten in einem der beiden Länder an einer juristischen Fakultät eingeschrieben. Das Vereinigte Königreich, die Schweiz und die Niederlande waren zum Beispiel jeweils für nur gut 300 bis 600 deutsche Jurastudenten interessant. Insgesamt studierten 2013 rund 4.400 deutsche Jurastudenten im Ausland. Bei knapp 130.000 an deutschen den deutschen Hochschulen, die die Rechtswissenschaften als Studiengang anbieten, ist das ein sehr kleiner Anteil. "Das größte Problem ist, sich die ausländischen Studienleistungen auf das deutsche Jurastudium anrechnen zu lassen", weiß Carmelo Nucera, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Internationale Beziehungen der juristischen Fakultät der Universität zu Köln. "Ob eine Leistung auf dem Weg zum Staatsexamen hierzulande anrechenbar ist, hängt von den jeweiligen Prüfungsordnungen der ausländischen Universitäten ab. Meistens geht das deshalb nur bei Grundlagenfächern wie Rechtsgeschichte oder -philosophie, bei Vorlesungen im Europa-, im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht."

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Das Auslandssemester: Hauptsache "aufregend, spannend und besonders"?

Viele angehende Juristen nehmen das für einen Aufenthalt an einer fremden Universität aber bewusst in Kauf. Ihnen geht es offenbar ohnehin um ganz andere Dinge: Nach einer Umfrage des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) versprechen sich die meisten vielmehr eine "aufregende und spannende Zeit" sowie "etwas Besonderes zu erleben". Das sind die beliebtesten Gründe dafür ins Ausland zu gehen, dicht gefolgt von dem Wunsch, eine andere Kultur kennenzulernen, die Kenntnisse der Landessprache zu vertiefen oder den Lebenslauf aufpolieren zu wollen. Die Erhebung zeigt auch: Die meisten Studenten gehen – unabhängig von der Fachrichtung – über ein Erasmusprogramm ins Ausland. "Viele deutsche Universitäten haben Partnerhochschulen im Ausland. Wir unterstützen sie beim gegenseitigen Austausch der Studierenden innerhalb Europas", erklärt Markus Symmank, Referatsleiter für Erasmus-Mobilität beim DAAD. "Der ausschlaggebende Vorteil, unser Angebot für einen Auslandsaufenthalt zu nutzen, liegt in der Qualitätssicherung – und zwar für alle Beteiligiten: Es gibt einen Vertrag zwischen entsendender Hochschule, aufnehmender Hochschule und Gefördertem darüber, was genau den Studenten im Ausland erwartet." Erasmus-Studenten genießen auch einen finanziellen Vorteil: Sie erhalten im Ausland eine monatliche Förderung zwischen 330 und 450 Euro – je nach Kaufkraft des Landes, in das sie gehen. Die Hochschulen erhalten dafür ein Budget und entscheiden selber, welche ihrer Studenten sie entsenden wollen. Die Förderung ist auch mit dem Auslands-BAföG kombinierbar. Außerdem entfallen bei den teilnehmenden Erasmus-Hochschulen die Studiengebühren.

Den richtigen Zeitpunkt treffen

Bei der Bewerbung für ein Erasmus-Stipendium unterstützen die internationalen Büros an den Hochschulen beziehungsweise den Fakultäten, wie beispielsweise das Zentrum für internationale Beziehungen in Köln. An anderen Universitäten heißen diese Stellen zum Beispiel auch Akademisches Auslandsamt oder Auslandsstudienberatung. "Die freien Plätze für Erasmus-Stipendien werden an einem einheitlichen Termin für alle Studierenden einmal im Jahr ausgeschrieben, danach erfolgt die Restplatzvergabe", erklärt Nucera. Die Studenten bewerben sich mit einem Motivationsschreiben, ihrem Lebenslauf, den Studienleistungen und Abiturnoten, häufig wird auch der Nachweis von Sprachkenntnissen des Ziellandes erwartet. Die Auslandsämter der Universitäten wählen die Bewerber dann aus und vergeben die Studienplätze. "Je nach Beliebtheit der Hochschule gibt es mehr oder weniger Bewerber. Mann kann bei der Bewerbung mehrere Wunsch-Universitäten angeben. In 95 Prozent aller Fälle bekommen sie von einer der Universitäten eine Zusage", so die Erfahrung des wissenschaftlichen Mitarbeiters aus Köln. Er empfiehlt, schon in den ersten ein bis zwei Semestern zu überlegen, ob ein Auslandsstudium gewünscht ist. "Dann lässt sich der Auslandsaufenthalt optimal ins Studium integrieren." Die meisten Jurastudenten gehen deshalb nach der Zwischenprüfung im fünften Semester ins Ausland, weil danach schon die Vorbereitung auf die erste juristische Prüfung beginnt. Die zweitbeliebteste Variante: Erst den staatlichen Teil des Examens und dann im Ausland studieren, bevor anschließend das universitäre Schwerpunktstudium beginnt.

Vorher mit dem Prüfungsamt absprechen

Natürlich gibt es neben dem Erasmus-Programm weitere Wege, im Ausland zu studieren. Wirkliche Do-it-yourself-Auslandssemester, bei denen sich die Studenten einfach eine Hochschule ihrer Wahl ausgucken und den Aufenthalt vollständig auf sich allein gestellt organisieren, sind allerdings selten, nicht zuletzt wegen der häufig anfallenden Studiengebühren. Zumindest etwas Hilfe holen sich die meisten Interessierten dann doch, die meisten Universitäten haben eine entsprechende Anlaufstelle, die auch gern in Sachen finanzielle Unterstützung berät, zum Beispiel durch Stipendien. Ebenso kann die Anrechnung der Leistungen im Ausland bei selbstorganisierten Aufenthalten schwieriger werden. Die Frage, was womöglich fürs Jurastudium in Deutschland anerkannt werden kann, muss auf jeden Fall – auch im Rahmen von Programmen wie Erasmus – mit dem Prüfungsamt abgeklärt werden. Immerhin: Nach den meisten Prüfungsordnungen können Jurastudenten den Freischuss wegen eines Auslandssemesters nach hinten verlegen. "Der Gesetzgeber privilegiert ein Auslandsstudium", sagt Nucera. "In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel können bis zu drei Auslandssemester bei der Berechnung für den Freischuss unberücksichtigt bleiben." In anderen Bundesländern sind es immerhin zwei Semester.

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