Nebenjob im Referendariat

Mehr als nur Geld

Gastbeitrag von Dr. Jana KarrasLesedauer: 5 Minuten

Ein Nebenjob im Referendariat stockt nicht nur die Finanzen auf. Wer Steuern und Zeit im Blick hat, sammelt Erfahrungen und knüpft wichtige Kontakte, meint Jana Karras. So gelingt der spätere Berufseinstieg leichter.

Die juristische Ausbildung dauert in Deutschland mit am längsten. Während frühere Mitschüler, die sich für andere Studiengänge entschieden oder bereits einen Beruf erlernt haben, längst arbeiten und Geld verdienen, müssen angehende Volljuristen zunächst das zweijährige Referendariat absolvieren, ehe sie auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Abgesehen davon, dass sie sich oft von Nichtjuristen die Frage anhören müssen: "Wann bist du endlich mit deinem Studium fertig?", stellt sich auch die praktische Herausforderung, wie man die finanzielle Situation in diesen zwei Jahren bewältigt.

In Städten wie München, Frankfurt oder Berlin reicht die Unterhaltsbeihilfe im Referendariat bei Weitem nicht aus, um die Lebenshaltungskosten zu decken – erst recht nicht, wenn man teure Kommentare, Lehrbücher oder Repetitorien für das Examen finanzieren muss. Referendare sind dort deshalb oft auf einen Nebenjob angewiesen. In vielen kleineren Städten, insbesondere im Osten Deutschlands, lassen sich die Referendariatszeiten hingegen auch ohne Nebentätigkeit überbrücken. Darüber hinaus besteht mitunter ein Anspruch auf Wohngeld, der die finanzielle Situation eines Referendars zusätzlich entlasten kann.

Ein Nebenjob während des Referendariats ist dabei allerdings nicht nur eine Möglichkeit, mehr als das absolute Minimum zum Leben zu haben, sondern bringt auch berufliche Vorteile mit sich. Man sollte aber einige Dinge beachten. 

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Regeln und Grenzen der Nebentätigkeit

Die Nebentätigkeit ist in den meisten Bundesländern anzeigepflichtig. Das heißt, sie muss grundsätzlich vor Beginn dem zuständigen Oberlandesgericht gemeldet werden. Darüber hinaus sind sowohl zeitliche als auch finanzielle Beschränkungen zu beachten. In der Regel darf die Nebentätigkeit acht bis zehn Wochenstunden nicht überschreiten. Außerdem gelten in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Zuverdienstgrenzen, bis zu deren Höhe das Nebeneinkommen nicht auf die Unterhaltsbeihilfe angerechnet wird. Einen Überblick über die Regelungen in den einzelnen Bundesländern findet Ihr hier.

Dieses Nebeneinkommen ist allerdings nicht mit dem Ausbildungszusatzgehalt in der Rechtsanwalts- und Wahlstation zu verwechseln. Häufig sind die Vorschriften der jeweiligen Landesbeamtengesetze und Landesnebentätigkeitsverordnungen in Bezug auf den Zuverdienst während der Ausbildung vergleichsweise großzügig, und beide Einkommensarten lassen sich miteinander kombinieren.

Darüber hinaus kann die Nebentätigkeit versagt, befristet oder mit Auflagen verbunden werden, wenn sie die Ausbildung während des Referendariats beeinträchtigt. Dabei orientieren sich die zuständigen Stellen – je nach Bundesland – an den Ergebnissen des ersten Staatsexamens und/oder an den Noten in den zurückliegenden Ausbildungsabschnitten des Vorbereitungsdienstes. Häufig gilt als Faustregel, dass man mindestens sieben Punkte im jeweiligen Ausbildungsabschnitt erreichen muss. Wird diese Note unterschritten, kann die Nebentätigkeit untersagt werden.

Ab wann muss man Steuern zahlen?

Wer einen Nebenjob parallel zum Referendariat aufnimmt, sollte Folgendes beachten: Beträgt der monatliche Verdienst lediglich den Umfang eines Minijobs (ab dem 1. Januar 2025: 556 Euro), bleibt er steuer- und sozialversicherungsfrei. Überschreitet man diese Zuverdienstgrenze, fällt der Nebenjob dagegen in die Steuerklasse VI, was eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung nach sich zieht. Da in Steuerklasse VI keinerlei Freibeträge vorgesehen sind, wird jeder verdiente Cent besteuert.

Zwar wird der Nebenerwerb häufig noch immer geringer besteuert, als wenn man ihn direkt auf die Unterhaltsbeihilfe anrechnet – allerdings kann es bei Steuerklasse VI dennoch zu empfindlichen Steuernachzahlungen kommen. Diese sind für Referendare mit ohnehin begrenztem Einkommen besonders schmerzhaft.

Die gute Nachricht ist jedoch, dass sich durch die Angabe von Ausbildungskosten wie Repetitorien, den Kauf von Kommentaren oder Fachbüchern Nachzahlungen oft vermeiden lassen und man sogar Rückzahlungen erhalten kann. Alternativ kann man auch einen Antrag auf Festsetzung zusätzlicher Vorauszahlungen stellen. Falls dabei zu viel gezahlt wird, lässt sich der überschüssige Betrag über die Steuererklärung wieder zurückholen.

Praxis, Kontakte, Karriere

Trotz des damit verbundenen Aufwands durch Anzeigepflichten und Steuererklärungen bietet das Jobben im Referendariat, insbesondere im juristischen Bereich, nicht zu unterschätzende Vorteile, die weit über das bloße Aufbessern des Einkommens hinausgehen. Ein Nebenjob als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Kanzlei ermöglicht nicht nur, das theoretische Wissen aus Studium und Referendariat praktisch anzuwenden. Es ist auch eine Chance, den Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen und dabei neue Rechtsgebiete kennenzulernen, mit denen man im Studium bislang wenig oder gar nicht in Berührung gekommen ist – und das schon vor der Anwaltsstation.

Praktische Erfahrungen können zudem bei Bewerbungsgesprächen für die Anwalts- und Wahlstationen, aber auch für den ersten "richtigen" Job nach dem Referendariat von entscheidendem Vorteil sein. 

Durch das Jobben neben dem Referendariat kann man sich auch ein berufliches Netzwerk aufbauen. Diese persönlichen Kontakte könnten später als Referenzen dienen oder zu attraktiven Jobangeboten führen. Zudem zeigen sich viele Kanzleien zunehmend flexibel bei den Examensanforderungen, wenn die vorherige Zusammenarbeit bewiesen hat, dass die "Chemie" stimmt. Darüber hinaus erhält man im Kollegenkreis oft hilfreiche Tipps – sei es zur Examensvorbereitung oder zur Gestaltung des Vorbereitungsdienstes allgemein. Gerade ein Nebenjob im Referendariat ist eine hervorragende Gelegenheit, sich potenziellen Arbeitgebern durch Kompetenz, Engagement und Eigeninitiative zu empfehlen – etwas, das im Rahmen eines nur einstündigen Vorstellungsgesprächs häufig schwer zu vermitteln ist.

Ein berufliches Netzwerk aufbauen

Manche Arbeitgeber bieten neben dem Gehalt zusätzliche Vergünstigungen oder Leistungen an: etwa die Übernahme der Kosten für Fortbildungen, Fachbücher oder die Kursgebühren der Examensvorbereitung. Darüber hinaus ermöglicht die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter häufig den Zugang zu Fachkonferenzen, Workshops und internen Netzwerktreffen. So öffnen sich Türen, die sonst verschlossen sind. Gerade Großkanzleien binden ehemalige Mitarbeitende zudem oft in juristische Netzwerke und Alumni-Programme ein, was zusätzliche Möglichkeiten für den beruflichen Austausch und die Karriereentwicklung schafft.

Das Referendariat, die Examensvorbereitung und den Nebenjob unter einen Hut zu bringen, ist zweifellos eine Herausforderung. Gleichzeitig schult es aber genau die Fähigkeiten, die im Berufsalltag unverzichtbar sind: ein effizientes Zeitmanagement, Flexibilität und Durchhaltevermögen. Wer sich neben der finanziellen Entlastung zusätzlich auf fachlicher Ebene weiterentwickelt, kann bereits während des Vorbereitungsdienstes wertvolle Praxiserfahrung sammeln und sein berufliches Netzwerk ausbauen. All das erleichtert nicht nur den Einstieg in den juristischen Arbeitsmarkt, sondern wirkt auch langfristig karrierefördernd – selbst dann, wenn die Examensnote einmal nicht dem ersehnten Prädikat entsprechen sollte.

Dr. Jana Karras ist eine in der Ukraine sowie in Deutschland ausgebildete Juristin. Seit 2015 lebt sie in Deutschland. Sie studierte Rechtswissenschaften in beiden Ländern, arbeitete als Juristin in der Ukraine und promovierte in Deutschland im Bereich Energieeffizienzrecht und Rechtsvergleichung. Derzeit arbeitet sie als wissenschaftliche Referentin beim Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V. und absolviert ihr Referendariat bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. 

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