Mindestlohn in der juristischen Ausbildung

Bargeld lacht?

von Christian OberwetterLesedauer: 4 Minuten
Am Freitag hat der Bundesrat dem Mindestlohn seinen Segen erteilt, ab dem 1. Januar 2015 gibt es deutschlandweit wenigstens 8,50 Euro brutto. Es sei denn, es gibt sie nicht, weil eine der zahlreichen Ausnahmen greift. Welche davon gerade für Jurastudenten und Referendare relevant sind, erläutert Christian Oberwetter.

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Jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin hat gemäß § 1 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns. Allerdings sind im Gesetz Ausnahmen vorgesehen, die sich vor allem auf Personen in einer Ausbildung beziehen.  Zwar sind Praktikanten nicht generell vom Mindestlohn  ausgeschlossen. Nach § 22 Abs. 1 Nr.1 MiLoG steht ihnen allerdings dann kein Anspruch auf den Mindestlohn zu, wenn sie ein verpflichtendes Praktikum auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten.** Jedes Bundesland hat seine eigene Juristenausbildungsordnung, in der die praktische Studienzeit und der juristische Vorbereitungsdienst explizit geregelt sind. Jurastudenten, die während ihrer Studienzeit Pflichtpraktika ableisten müssen, profitieren also nicht von der neuen Lohnuntergrenze. Und auch die sogenannte Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare, die je nach Bundesland knapp über bzw. unter 1.000 Euro  brutto liegt, muss nicht auf ca. 1.480 Euro angehoben werden, die einer Vollzeitbeschäftigung mit Mindestlohn entsprächen.

Für Nebenjobs gilt der Mindestlohn, für Referendarstationen nicht

So weit, so einfach. Die Beschäftigungspraxis vor allem in Anwaltskanzleien während der Ausbildung sieht jedoch komplexer aus. Mancher Student empfiehlt sich während der praktischen Studienzeit für eine dauerhafte Tätigkeit in der Kanzlei, die er regelmäßig auf Basis eines Minijobs ausübt.  Solche Tätigkeiten sind keine Pflichtpraktika im Sinne des § 22 MiLoG, so dass die Anwälte ihre Geldbörse wohl in vielen Fällen etwas weiter werden öffnen müssen, als das bisher der Fall war. Bei der Arbeit von Referendaren kann es komplizierter werden. Einfach sind die Fälle, in denen die zukünftigen Volljuristen während ihres Referendariats eine Nebentätigkeit in einer Kanzlei ausüben. Hier muss der Mindestlohn gezahlt werden. Nicht unüblich ist jedoch, dass Referendare während ihrer Anwaltsstation ein zusätzliches Salär erhalten, um sich etwas mehr einzubringen, als man es gemeinhin erwarten könnte. Hier wurde bislang oft ein pauschales Gehalt für den zusätzlichen Einsatz gezahlt, ohne, dass konkrete Stundenvorgaben gemacht worden wären. Da die Arbeit beim Anwalt jedoch als Teil der juristischen Ausbildung vorgesehen ist, greift der Mindestlohn hier nicht. Die Tätigkeit müsste an sich überhaupt nicht entlohnt werden, sondern ist als Teil der Referendarsausbildung ganztägig zu erbringen. Ist ein Referendar also im Nachhinein mit seinem Salär unzufrieden, könnte er allenfalls für geleistete Überstunden den gesetzlichen Mindestlohn einfordern, denn diese gehen über das hinaus, was als Teil der juristischen Ausbildung ohnehin zu leisten ist, und entsprechen insofern eher einer Nebentätigkeit.

Bis zu zwei unbezahlte Praktika

Wenn es um Geld geht, sind Juristen häufig findig darin, Gesetze zu umgehen. Wer durch Winkelzüge den Mindestlohn ausschließen will, ist allerdings schlecht beraten. Nach § 3 MiLoG sind Vereinbarungen, mit denen der Mindestlohn unterschritten wird, unzulässig.  Einen Ansatzpunkt für sparsame Advokaten könnte  § 22 Abs.1 Nr.3 MiLoG bieten, wonach Mindestlohn nicht für bis zu dreimonatige* berufs- oder hochschulbegleitende Praktika geleistet werden muss. Eröffnet das den Weg für Drei-Monats-Praktika*, die dann immer wieder – möglicherweise nach einer gewissen Frist – erneuert werden? Diese Umgehung wird es nicht geben, denn das Gesetz sieht vor, dass Mindestlohn dann gezahlt werden muss, wenn mit demselben Auszubildenden bereits vorher ein Praktikumsverhältnis solcher Art bestanden hat. Das bedeutet andererseits, dass es möglich ist, einen Studenten nach einer verpflichtenden praktischen Studienzeit noch für bis zu drei Monate* gratis zu  beschäftigen. Nicht zu empfehlen ist die Flucht in "Freie Mitarbeiter"-Verträge. In der  Regel üben Studenten und Referendare im Rahmen einer Nebentätigkeit keine freie Tätigkeit aus, sondern sind weisungsgebunden und in die Betriebsorganisation eingebunden und somit Arbeitnehmer gemäß MiLoG. Der Mindestlohn wird die Nebeneinkünfte der Juristen in Ausbildung nicht explodieren lassen. Viele werden im Rahmen einer Nebentätigkeit bereits jetzt einen Stundenlohn beziehen, der 8,50 Euro beträgt oder sogar darüber liegt. Die Referendare werden weiterhin mit ihren ca. 1.000 Euro Unterhaltsbeihilfe und etwaigen Nebenverdiensten bzw. Stationsgehältern auskommen müssen. Es bleibt also dabei: Wie immer wird am Ende des Geldes noch ziemlich viel Monat übrig sein. Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Berlin und Hamburg. * Anm. d. Red.: Hier stand zunächst, dass die Obergrenze für Praktika bei 6 Wochen läge. Korrigiert am 23.07.2014, 18:14. ** Anm d. Red.: Hier war zunächst eine veraltete Entwurfsfassung zitiert worden. Korrigiert am 31.07.2014, 15:10.

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