Bewerbung auf die Anwaltsstation

Nutzt sie!

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten

Ein großer Teil des Referendariats ist die Anwaltsstation. Wie sollte eine entsprechende Bewerbung aussehen? Sabine Olschner hat sich umgehört und kommt zu dem Ergebnis: Wer’s gut macht, kann nicht selten gleich den ersten Job finden.

Die Bewerbung auf einen Platz für die Anwaltsstation kann schon mal eine gute Übung sein für die Zeit nach dem Zweiten Staatsexamen, wenn die „richtige“ Bewerbung um eine feste Stelle ansteht. Daher sollten Referendarinnen und Referendare sich ausreichend Mühe geben, wenn sie sich bei einer Kanzlei vorstellen wollen – denn je nach Beliebtheit des Anwaltsbüros schläft die Konkurrenz natürlich nicht.  

Bei der Großkanzlei Gibson Dunn zum Beispiel gehen für die rund 15 Referendarplätze pro Jahr 60 bis 70 Bewerbungen ein. In der Regel sind in den Büros in München und Frankfurt am Main jeweils zwei bis drei Referendare gleichzeitig im Einsatz. „Um Planungssicherheit zu haben, sollten Bewerbungen bis spätestens drei Monate vor Beginn der Anwaltsstation eingehen, gern auch früher – am besten sobald der Zeitpunkt für die einzelnen Stationen feststeht“, erklärt Associate Alexander Klein, der in Frankfurt für die Auswahl der Referendare zuständig ist.  

Rechtsanwalt Dirk Streifler, Partner der kleinen Kanzlei Streifler & Kollegen in Berlin, sieht es mit dem Zeitpunkt der Bewerbung nicht ganz so eng. „Teilweise bewerben sich Kandidaten schon ein Jahr im Voraus, andere sind ganz spontan. Da Referendare bei uns in aktuelle Fälle eingebunden werden, benötigen wir nicht viel Vorlaufzeit, daher nehmen wir sie auch kurzfristig auf, wenn es passt.“ Mehr als drei Referendarinnen oder Referendare auf einmal kann aber auch seine Kanzlei nicht betreuen.

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Bitte keine Bewerbung auf Papier

Die Bewerbungswege unterscheiden sich je nach Kanzleigröße. Ein Anschreiben in Papierform erwartet heutzutage keiner mehr. E-Mail - oder bei größeren Kanzleien auch der Kontakt über ein Karriereportal mit Online-Formularen - ist State of the Art.  

„Wir erwarten bei der Bewerbung auf einen Referendarplatz das gleiche Niveau wie bei einer späteren Festanstellung“, sagt Alexander Knauss, Geschäftsführender Partner der mittelständischen Kanzlei Meyer-Köring. Das heißt: aussagekräftiges Anschreiben, Abiturzeugnis, die Noten aus dem Ersten Staatsexamen, eine Übersicht der Noten aus dem Studium und einen Lebenslauf, aus dem zum Beispiel Auslandsaufenthalte oder relevante Nebenjobs ersichtlich sind.  

„Lebensläufe müssen nicht geradlinig sein“, betont Knauss. „Ich finde es viel spannender, wenn der Bewerber Besonderes vorweisen kann – auch wenn es dadurch zu Brüchen im Lebenslauf kam. Solange er oder sie diese Brüche erklären kann, sehe ich darin kein Problem.“  

Interesse am Rechtsgebiet der Kanzlei ein großer Bonus

Was sich alle drei befragten Kanzleien wünschen, ist ein Interesse an den Rechtsgebieten der Kanzlei, bei der man sich bewirbt. „Idealerweise haben sich die Bewerber schon in Praktika, als wissenschaftliche Hilfskraft oder im Schwerpunktstudium mit unseren Rechtsgebieten beschäftigt“, sagt Simon Wörrlein, der die Referendarauswahl bei Gibson Dunn in München betreut. Streifler wählt Referendarinnen und Referendare aber auch danach aus, ob für die gewünschten Rechtsgebiete aktuell genügend Fälle in der Kanzlei vorhanden sind.  

Im Motivationsschreiben sollte zudem klar werden, warum sich jemand für diese bestimmte Kanzlei entschieden hat und warum er oder sie in einer großen, mittelständischen oder kleinen Kanzlei arbeiten möchte. Anschreiben nach dem Gießkannenprinzip lehnen alle Ansprechpartner ab.  

Wer später auch Anwalt werden will, punktet besonders

Klein ist es außerdem wichtig, dass die Bewerberinnen und Bewerber nach dem Zweiten Staatsexamen auch den Anwaltsberuf anstreben. „Das Referendariat ist für Gibson Dunn ein wichtiges Recruitinginstrument, daher nehmen wir natürlich lieber Kandidaten, die für uns auch als potenzielle spätere Associates in Frage kommen.“

Wer die Kanzlei mit seiner Bewerbung überzeugen konnte, wird in der Regel zum Vorstellungsgespräch eingeladen – in Corona-Zeiten eventuell auch per Videokonferenz. „Im Gespräch klären wir die Erwartungshaltung beider Seiten ab“, erklärt Streifler. „Wir sprechen darüber, was unserer Ansicht nach die Referendare leisten sollten und was sie als Gegenleistung von uns erwarten können.“  

Bei Gibson Dunn treffen die Bewerber auf drei Associates und einen Partner, mit denen sie über ihren Lebenslauf, ihre Motivation und ihre künftigen Pläne sprechen. Die eine oder andere fachliche Frage kann sich unter Umständen auch ergeben. „Wir beurteilen die fachliche Qualität der angehenden Juristen eher danach, wie gut ihre Leistungen im Referendariat sind“, sagt hingegen Knauss. Da viele Partner der Kanzlei mit Standorten in Bonn und Berlin aus dem eigenen Bestand kommen, ist es Knauss besonders wichtig, dass die Chemie stimmt und man sich auch eine langfristige Zusammenarbeit vorstellen kann.  

Und was ist mit Tauchen?

Und wie schaut es mit der heiklen Frage nach dem Tauchen in der Anwaltsstation aus? „Bei uns wird das Thema oft aktiv von den Bewerbern angesprochen“, sagt Klein. „Da wir wissen, wie entscheidend die Note aus dem Zweiten Examen für die künftige Karriere ist, sind flexible Arrangements möglich.“ So kommen Referendare zum Beispiel am Anfang der Anwaltsstation häufiger in die Kanzlei und reduzieren ihre Arbeitszeit, wenn die Prüfung näher rückt.  

Auch Knauss hat Verständnis für die examensnahen Referendarinnen und Referendare, gibt allerdings zu bedenken, dass die Arbeit in der Kanzlei sehr sinnvoll für die Prüfungsvorbereitung sein kann. „Im Examen wird erwartet, dass die Prüflinge aus Akten Sachverhalte erschließen und Lösungen erarbeiten – und genau das lernen sie in einer Kanzlei und nicht am heimischen Schreibtisch.“ Zudem haben die Referendarinnen und Referendare in den Kanzleien häufig Zugriff auf juristische Literatur und Datenbanken, was ebenfalls bei der Examensvorbereitung sehr hilfreich ist.

Es gibt also Einiges zu klären im Bewerbungsprozess um eine Referendarstelle in einer Kanzlei. Damit beide Seiten mit der Zusammenarbeit zufrieden sind und es nicht zu Enttäuschungen kommt, sollte die Bewerbung also nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wer es gut macht, kann nicht selten sogar gleich den ersten Job klarmachen.

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