Demos auf dem Campus, Prüfungsanfechtung, Hochschulwahlen

Was machen Juristen an der Uni?

von Hanna WeißerLesedauer: 4 Minuten

Nach dem Referendariat an die Uni zurück? In praktisch jeder Universität arbeiten angestellte Juristen, häufig gibt es ganze Rechtsabteilungen. Hanna Weißer hat sich dieses Berufsbild genauer angesehen. 

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Universitäten und Hochschulen nehmen vielfältige öffentliche Aufgaben wahr, sind aber gleichzeitig auch große Verwaltungsapparate mit vielen Fachabteilungen und angestellten Mitarbeitenden. Diese unterfallen unterschiedlichen Rechtsregimen, so arbeiten etwa Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes oder auf Basis von Dienst- oder Werkverträgen angestellte Personen in der Uni. Diese hochkomplexe Struktur spiegelt sich auch in den vielfältigen Rechtsbereichen wider, mit denen die dort angestellten Jurist:innen konfrontiert sind.  

Jurist:innen können an Universitäten in verschiedenen Bereichen angestellt sein, beispielsweise in Prüfungsämtern, dem Dekanat oder aber in eigenen Rechtsabteilungen, die praktisch alle Universitäten eingerichtet haben. Die Rechtsabteilung der Humboldt-Universität zu Berlin beschäftigt beispielsweise sechs Mitarbeitende, die Goethe-Universität in Frankfurt sogar zehn. 

Kurz gesagt sind Universitätsjurist:innen umfassend für die gerichtliche und außergerichtliche Interessenvertretung der Universität zuständig. Die Fallgestaltungen sind "so bunt wie das Leben", wie es ein Mitglied der Rechtsabteilung der Universität zu Köln formuliert. Die Rechtsberatung von Studierenden gehört in aller Regel allerdings nicht zu ihrem Aufgabenbereich. Studierende können sich aber mit Rechtsfragen, die das Prüfungsrecht betreffen, an die Prüfungsämter oder ihre jeweilige Fakultät wenden.  

Klassische "Inhouse-Tätigkeit" 

An Universitäten fällt regelmäßig klassische "Inhouse-Tätigkeit" an. Ähnlich wie Unternehmensjurist:innen vertreten angestellte Jurist:innen an Universitäten die Uni in Arbeits- oder Beamtenrechtsstreitigkeiten sowie in Personalvertretungsangelegenheiten. Vorgelagert sind sie auch an der Ausgestaltung der Arbeitsverträge beteiligt und kommunizieren mit den Personalräten. 

Hinzu kommt allgemeines Vertrags-, Leistungsstörungs- und Schadensersatzrecht, wie es auch in Unternehmen anfällt, etwa bei Streitigkeiten um Werk- und Kaufverträge oder bei der Abwicklung von Schadensfällen. Auch das Datenschutzrecht und Steuerrecht sind eher allgemeine Rechtsgebiete, mit denen sich Jurist:innen an Universitäten ebenfalls auseinandersetzen müssen. Die internen Rechtsabteilungen bearbeiten zudem Haftungsfragen sowie (Unfall-)versicherungsrechtliche Angelegenheiten.  

Es gibt aber auch Rechtsgebiete, die sehr universitätsspezifisch sind und sich außerhalb der Hochschulen kaum finden. Hierzu gehört insbesondere das Hochschulverfassungs- und Prüfungsrecht. Dabei geht es auch um die Einführung, Änderung und Aufhebung von Studiengängen sowie Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Zugang zur Universität und der Immatrikulation. Hierunter fällt auch die Bearbeitung von Studienplatzklagen, insbesondere bei Studiengängen mit begrenzten Kapazitäten, etwa in Medizin. Die Rechtsabteilungen der Universität arbeiten auch Prüfungsordnungen sowie Richtlinien und Satzungen, etwa Gebührenordnungen, aus. Vor allem im Prüfungsrecht vertreten die Universitätsjurist:innen die Interessen der Universität in Widerspruchsverfahren und in Klageverfahren vor den Verwaltungsgerichten. 

Weitere Rechtsfragen ergeben sich aus dem Haushaltsrecht und dem Vergaberecht. Hier geht es beispielsweise um Mittelvergaben für Forschungsprojekte sowie Auftragsvergaben. 

Demos auf dem Campus, Hochschulrecht und Wahlen 

Dabei beraten die Rechtsabteilungen sämtliche Organisationseinheiten der Universität, insbesondere das Präsidium, Berufungs- und Promotionskommissionen, Prüfungsausschüsse, Fakultätsverwaltungen und sonstige wissenschaftliche Abteilungen. Die Jurist:innen erstellen Stellungnahmen, Schriftsätze und Entwürfe insbesondere zur Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften. Hier stellen sich beispielsweise Fragen in Promotions- und Habilitationsangelegenheiten, insbesondere bezüglich formeller Voraussetzungen oder des Ablaufs der Verfahren. Auch Fragen zur Deputatsreduktion landen bei den Rechtsabteilungen, wenn Professoren weniger Stunden lehren möchten, um sich für ein oder mehrere Semester vermehrt der Forschung widmen zu können. Eine Reduzierung der Lehrverpflichtung kommt auch in Betracht, damit sie andere Aufgaben, etwa als Gleichstellungsbeauftrage oder Dekan:in, wahrnehmen können. Beratend tätig werden Universitätsjurist:innen auch bei urheberrechtlichen Fragestellungen, beispielsweise zu Publikationen von Universitätsmitgliedern. 

Die Rechtsabteilungen sind aber auch bei weiteren Rechtsfragen rund um die Universität gefragt. So organisieren und prüfen sie in der Regel die Präsidiums- und Hochschulwahlen und beraten etwa zur Zulässigkeit von Demonstrationen auf dem Campus und zu Fragen des Hausrechts. 

Zusammenarbeit mit internen und externen Stellen 

Jurist:innen an Universitäten arbeiten regelmäßig eng mit anderen Fachabteilungen der Universität  zusammen, z.B. in Steuerangelegenheiten mit der Haushaltsabteilung, bei baurechtlichen Fragestellungen mit der Technischen Abteilung und in Personalfragen mit der Personalabteilung. Je nach Sachverhalt kooperieren sie auch mit externen Stellen, etwa der Polizei oder der Versammlungsbehörde.  

Auch eine Zusammenarbeit mit externen Rechtsanwaltskanzleien kann – bei komplexen oder sehr speziellen Fragestellungen mit hohem Haftungsrisiko – vorkommen. Beispiele hierfür können etwa die Privatisierung einer Universitätsklinik oder die Bildung neuer wissenschaftlicher Zentren sein. 

Was muss man mitbringen – und was verdient man? 

Da die Jurist:innen die Universitäten gerichtlich vertreten, braucht man zwingend zwei Staatsexamina für diese Tätigkeit. Notenanforderungen gibt es darüber jedoch regelmäßig nicht, von Vorteil sind allerdings Freude am Arbeiten im Team sowie die Bereitschaft, sich immer wieder auch in gänzlich neue Rechtsgebiete einzuarbeiten. 

Die Vergütung entspricht in etwa der Entgeltgruppe TV-L 13. Auf der ersten Erfahrungsstufe sind das bei einer Vollzeitstelle derzeit etwa 4.188 Euro brutto zuzüglich einer Jahressonderzahlung ("Weihnachtsgeld"). Viele Universitäten haben zwar eigene Tarifverträge, diese weichen aber meist nicht wesentlich vom TV-L ab. 

An vielen Universitäten kann man die Verwaltungs- oder Wahlstation im Referendariat absolvieren. Wer sich für dieses Berufsbild interessiert, kann so einen ersten Einblick erhalten. Eine Anfrage und Bewerbung bei einer Universität in Eurer Nähe, vielleicht ja sogar Eurer alma mater, lohnt sich in dem Fall sicherlich. 

Hanna Weißer ist Volljuristin und promoviert derzeit am Institute for Law and Finance in Frankfurt am Main. 

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