Dienstfahrrad
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Das Rad für den Job

Gastbeitrag von Julia Simon2025 M05 20, Lesedauer: 5 Minuten

Obstkorb und flexible Arbeitszeitmodelle waren gestern, mit dem Sommer kommt das Dienstfahrrad-Leasing. Finanziell hat es für alle Beteiligten Vorteile, solange potenzielle Ausfälle vertraglich geregelt sind.

In Zeiten von steigendem Umweltbewusstsein, Urbanisierung sowie dem Wunsch von Mitarbeitern, nicht nur erfolgreich im Beruf, sondern auch mental und körperlich gesund zu sein, gewinnt das Dienstfahrrad-Leasing immer mehr an Bedeutung: Waren es Ende 2019 noch 0,4 Millionen geleaste Fahrräder, so stieg ihre Anzahl bis Ende 2023 auf 1,9 Millionen.

Für Arbeitgeber bietet sich mit diesem Angebot eine Möglichkeit, im Kampf um Fachkräfte – in dem Obstkorb und flexible Arbeitszeitmodelle schon lange nicht mehr reichen – zu punkten, ohne tief in die Tasche greifen zu müssen. Neben dem Ziel, Fachkräfte zu gewinnen, erhoffen sich viele Unternehmen von nichtmonetären Vergütungsbestandteilen wie dem Dienstfahrrad-Leasing auch eine stärkere Mitarbeiterbindung zumindest für die Dauer des Leasingverhältnisses.

Damit das Modell für Mitarbeiter und Arbeitgeber reibungslos funktioniert, sollten jedoch bestimmte arbeitsrechtliche Aspekte beachtet werden.

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Leasing, Nutzungsüberlassung und Finanzierung

Ausgangspunkt in den Vertragsbeziehungen beim Dienstfahrrad-Leasing ist der Leasing-Rahmenvertrag zwischen Arbeitgeber und einem der vielen Leasinganbieter. Haben sich Arbeitgeber und Leasinganbieter im Rahmenvertrag über die allgemeinen Leasing-Bedingungen geeignet, sucht sich der Mitarbeiter ein Fahrrad oder E-Bike bei einem kooperierenden Fachhändler aus. Dieses kann er individuell nach seinen Wünschen konfigurieren.

Über das konkrete Fahrrad schließen Arbeitgeber und Leasinganbieter einen separaten Einzel-Leasingvertrag, insbesondere zu Leasingdauer und Höhe der monatlichen Leasingrate. Zudem empfiehlt es sich für Arbeitgeber, parallel dazu einen Nutzungsüberlassungsvertrag mit dem Mitarbeiter abzuschließen hinsichtlich der Finanzierung, der Rechte und Pflichten sowie dem Umgang mit Störfällen.

Finanzierung durch Arbeitgeber oder Gehaltsumwandlung

Für die Finanzierung kommen zwei Modelle in Betracht, über die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern ein Dienstfahrrad zur dienstlichen und privaten Nutzung gewähren können:

Die erste Variante ist die vollständige Finanzierung des Leasings durch den Arbeitgeber. Dieser kommt für die monatlichen Leasingraten auf und gewährt seinem Mitarbeiter das Dienstfahrrad zusätzlich zu seinem regulären Gehalt zur dienstlichen und privaten Nutzung. In diesem Fall kann der Mitarbeiter das Dienstfahrrad nach § 3 Nr. 37 Einkommensteuergesetz (EstG) bis derzeit 31. Dezember 2030 steuerfrei nutzen. Der Arbeitgeber spart bei diesem Modell die Lohnnebenkosten und kann die Leasings- und Versicherungsraten sowie Inspektions- und Wartungskosten als Betriebsausgaben absetzen.

In der Praxis ist allerdings die zweite Möglichkeit – die Gehaltsumwandlung – verbreiteter. Bei diesem finanziert der Mitarbeiter das Leasing selbst über eine sogenannte Entgeltumwandlung und verzichtet für die Dauer des Leasings auf einen Teil seines Bruttolohns in Höhe der monatlichen Leasingrate. Für diese Variante gilt zwar keine Steuerbefreiung, allerdings ist auch dieses Modell steuerbegünstigt: Auf die Leasingraten fallen keine Lohnsteuer und Sozialabgaben an. Infolge des Einbehalts der Leasingrate von dem Bruttolohn sinkt zudem das zu versteuernde Einkommen des Mitarbeiters. Als Ausgleich für die Gehaltsumwandlung in einen Sachbezug muss der Mitarbeiter jedoch den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung versteuern. Dies sind für Fahrräder, die seit dem 1. Januar 2020 bis derzeit 31. Dezember 2025 geleast werden, aber nur 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises.

Sollte ein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, der keine Entgeltumwandlung vorsieht, ist Arbeitgebern gut damit geraten, das Einverständnis des Mitarbeiters in die Entgeltumwandlung schriftlich festzuhalten.  

Ausscheiden oder langfristige Erkrankung

Besonders zu regeln sind die Sonderfälle – etwa, dass der Mitarbeiter vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, langfristig erkrankt oder Elternzeit nimmt. Zwar gewähren viele Leasinganbieter einen "Arbeitgeber-Schutz" und bieten die Rücknahme des Dienstfahrrads in bestimmten Störfällen an. Allerdings sind oftmals nicht alle Störfälle abgesichert, sodass für Arbeitgeber das Restrisiko besteht, auf einem individuell konfigurierten Dienstfahrrad und den monatlichen Leasingraten sitzen zu bleiben.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht stellt sich u.a. die Frage, ob der Arbeitgeber den Mitarbeiter im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirksam dazu verpflichten kann, den Leasingvertrag samt Zahlung der restlichen Raten zu übernehmen oder ob dies eine unangemessene Benachteiligung des Mitarbeiters darstellt. Für den Fall der Kündigung ist dies für das Dienstfahrrad-Leasings gerichtlich noch nicht entschieden. Allerdings könnte als Orientierung die Rechtsprechung zum Dienstwagen dienen: Nach dem Bundesarbeitsgericht stellt es jedenfalls dann eine unangemessene Benachteiligung dar, wenn der Dienstwagen zurückgegeben wird und der Arbeitgeber die Zahlung der restlichen Leasingraten als Einmalbetrag fordert (BAG, Urt. v. 09.09.2003, Az. 9 AZR 574/02). Derartiges sollte also für ein Dienstfahrrad nicht vereinbar werden. Eine Übernahme des Rades durch den Arbeitnehmer gegen Zahlung der verbleibenden Raten ist jedoch denkbar. In jedem Fall sollte die zu vereinbarende Klausel transparent gestaltet werden und keinen unzulässigen Bleibedruck auf den Mitarbeiter ausüben.

Auch bei ruhenden Arbeitsverhältnissen, etwa während längerer Erkrankungen oder Elternzeit, stellt sich die Frage, wer die Leasingraten übernimmt. Bei Krankheit endet die Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) nach sechs Wochen. Dann scheitert die Entgeltumwandlung ebenso wie in der Elternzeit. Gleichzeitig kann der Mitarbeiter das Fahrrad weiterhin privat nutzen. Kann der Arbeitgeber also den Mitarbeiter verpflichten, auch in diesen Zeiten die Raten zu bezahlen?

Die Rechtsprechung ist nicht einheitlich: Das Arbeitsgericht (ArbG) Osnabrück sah in der Abwälzung der Leasingraten auf den Mitarbeiter eine intransparente Regelung und unangemessene Benachteiligung des Mitarbeiters (Urt. v. 13.11.2019, Az. 3 Ca 229/19). Die entsprechende Klausel war unwirksam und der Arbeitgeber musste die Ratenzahlung tragen.

Anders entschied es das ArbG Aachen: Es sah in der Pflicht zur Erstattung der Leasingraten durch den Mitarbeiter weder eine überraschende Klausel noch eine unangemessene Benachteiligung, die Kosten hatte also der Mitarbeiter zu übernehmen (Urt. v. 02.09.2023, Az. 8 Ca 2199/22). Daher ist Arbeitgebern geraten, Störfälle in den Nutzungsüberlassungsverträgen mit den Mitarbeitern proaktiv, klar und transparent zu regeln.  

Gleichbehandlungsgrundsatz und betriebliche Mitbestimmung  

Bieten Arbeitgeber das Dienstfahrrad-Leasing nur einem bestimmten Kreis an Mitarbeitern an, müssen diese den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Grundgesetz (GG), § 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beachten. Danach bedarf es für eine Ungleichbehandlung eines sachlichen Grundes und diese darf nicht willkürlich sein. Daher müssen Arbeitgeber den Kreis der anspruchsberechtigten Mitarbeiter anhand sachgerechter Kriterien ziehen. In Betracht kommen z.B. Position oder Ablauf der Probezeit.

Sofern Betriebsräte gebildet sind, müssen Arbeitgeber diese einbeziehen. Zwar kann der Betriebsrat die Einführung eines "Rad-Programms" weder einfordern noch erzwingen. Allerdings steht dem Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht, insbesondere nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 10 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), zu und er darf bei der Ausgestaltung mitwirken. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber Nutzungsregeln für den Gebrauch der Diensträder aufstellt und somit das Ordnungsverhalten oder die Lohngestaltung durch das Dienstrad als Vergütungsbestandteil betroffen sind.

Der fröhlichen Fahrt der Mitarbeiter in den Sommer steht also wenig entgegen – die arbeitsrechtlichen Besonderheiten jedenfalls sind überschaubar (und regelbar).  

Die Autorin Julia Simon Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Littler.

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