"Andere haben Bananenbrot gebacken, ich habe angefangen, zu malen"
LTO: Herr von Bennigsen, Jura und Kunst ist ja doch eine eher ungewöhnliche Kombination. Woher kommt Ihre Begeisterung für Kunst?
Moritz von Bennigsen: Kreativ war ich schon immer. Schon früh interessierte ich mich auch sehr für Musik und spielte viele Jahre Klavier. Auch Kunst hat mich schon immer begeistert, aber früher habe ich nur Kunstwerke in Museen bestaunt und nicht selbst gemalt. Erst in den letzten Jahren habe ich begonnen, selbst zu malen und meine eigene kreative Vision umzusetzen.
Wie kam das?
Wie viele andere auch, habe ich während der Corona-Pandemie ein neues Hobby für mich gefunden. Seit Januar 2021 arbeite ich bei Taylor Wessing und verbrachte aufgrund zahlreicher Einschränkungen viel Zeit zuhause. Während viele nach der Arbeit Bananenbrot backten, begann ich, meine kreative Seite zu entdecken und fing an zu malen. Ich fuhr in den Baumarkt, habe mir Leinwand, Farbe und Spachtel gekauft und habe die Küche kurzerhand in mein kleines Atelier verwandelt. Teilweise sah es hier aus wie auf einer Baustelle und ich musste die Küche zweimal neu streichen – aber das war es wert. Nachdem ich angefangen hatte, erzählte ich meinen Freunden aus dem Referendariat davon. Die waren ziemlich überrascht, weil sie gar nicht wussten, dass ich male. Ich zeigte ihnen meine ersten Werke – und schon hatte ich die ersten drei Aufträge erhalten.
Von der Küche ins Atelier
Irgendwann sind Sie dann aber von der Küche in ein Atelier umgezogen.
Ja, es hat sich rumgesprochen und ich bekam immer mehr Aufträge und bin drangeblieben. Allerdings waren meine Möglichkeiten in der Küche beschränkt, so dass ich mit einer Freundin ein Atelier in Hamburg gemietet habe. Von da an entwickelte sich alles weiter. Ich teilte Fotos meiner Werke auf Social Media, und auch in der Kanzlei und im Freundeskreis stießen meine Bilder auf großes Interesse. So nahm alles seinen Lauf.
Wie kommt Ihre Kunst bei den Kolleginnen und Kollegen an?
Total gut. Die Rückmeldungen sind durchweg positiv, was mich natürlich sehr freut. In den Wohnungen und Büros vieler Kollegen hängen mittlerweile auch schon meine Bilder – und das ist natürlich das größte Kompliment für einen Künstler. Viele finden es auch spannend, dass ich neben dem Anwaltsberuf eine Leidenschaft verfolge, in der ich wirklich aufgehe. Und für mich ist die Kombination aus beidem ideal. Ich mag den Kontrast zwischen der strukturieren Welt des Anwaltsberufs mit all seinen Gesetzen und der Kunst, in der ich mein eigenes Ding machen kann. Kunst ist für mich ein Ausdrucksmittel von Freiheit geworden.
"Als Anwalt begleite ich große Datenschutzprojekte"
Bei Taylor Wessing arbeiten Sie als Professional Support Lawyer. Welche Aufgaben haben Sie da?
Inhaltlich bin ich im Datenschutzrecht tätig und begleite große Datenschutzprojekte, in denen ich vor allem Prozessoptimierungen, Vertragsprüfungen und -anpassungen sowie Vertragsverhandlungen und Risikobewertungen durchführe.
Die Bezeichnung als "Support Lawyer" ist etwas irreführend. Tatsächlich hatte ich vom ersten Tag an direkten Mandantenkontakt und konnte eigenständig arbeiten.
Sie haben sich bewusst für diesen Weg entschieden und wollten kein Associate werden.
Ja, ich finde Projektarbeit sehr spannend. Zum einen, weil man mit vielen verschiedenen Menschen zusammenarbeitet und den Austausch schätzt. Zum anderen passen mir die Arbeitszeiten einfach besser. So habe ich eine anspruchsvolle Tätigkeit, aber auch genügend Flexibilität und eine gute Work-Life-Balance. Früher habe ich in Vollzeit gearbeitet, jetzt sind es 80 Prozent. Freitags habe ich frei.
Ursprünglich habe ich die Stunden reduziert, um mehr Zeit für meinen berufsbegleitenden Master of Business Administration zu haben, den ich vergangenes Jahr abgeschlossen habe. Seitdem bin ich bei der Vier-Tage-Woche geblieben und widme mich jetzt freitags der Kunst.
Wie würden Sie Ihre Kunst beschreiben?
Ich würde sie als abstrakt-moderne Kunst beschreiben. Ich versuche, mit unterschiedlichen Materialien, Alltagsgegenständen und Farben zu arbeiten. Aufbrechende Strukturen und Kontraste sind prägende Elemente in meinen Werken. Und das Werk braucht immer einen gewissen "Kick". Damit will ich ausdrücken, dass man nicht immer nur in seinem Alltagstrott stecken muss, sondern auch mal den Schritt wagen sollte, etwas Neues auszuprobieren.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Bilder?
Ich lasse mich wirklich überall inspirieren – vor allem von meiner Umwelt und der Natur. Wenn ich zum Beispiel einen Sonnenuntergang mit all seinen Farben sehe, denke ich oft darüber nach, wie ich diese Eindrücke in einem Bild umsetzen kann.
Musik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Wenn ich im Atelier bin – ich bin tatsächlich am liebsten allein dort – läuft immer Musik, von klassischer Musik bis Rock/Pop. Freunde sagen mir manchmal auch, dass man an meinen Bildern sieht, welche Musik ich gehört habe
"Mit der Kunst kann ich Menschen verbinden"
Mittlerweile bekommen Sie nicht nur viele Aufträge für Bilder, sondern hatten auch Ihre erste Solo-Ausstellung in einer Bank in Hamburg. Wie war dieser Moment für Sie?
Sehr besonders und überwältigend. Das lag vor allem daran, dass so viele Menschen Anteil daran genommen haben – Familie, Freunde, Bekannte. Viele haben sogar noch weitere Leute mitgebracht.
Ich verbinde ohnehin gerne Menschen. Auch in der Kanzlei bringe ich gerne Anwältinnen und Anwälte, Referendarinnen und Referendare, wissenschaftliche Mitarbeitende und Praktikantinnen und Praktikanten aus ganz unterschiedlichen Abteilungen zum Mittagessen zusammen. Es ist schön, dass ich auch durch die Kunst Menschen verbinden kann. Bei meinen Ausstellungen, die oft eine besondere Atmosphäre schaffen, entsteht ein Raum, in dem sich die Menschen nicht nur über Kunst, sondern auch über ganz persönliche Themen austauschen können. Und auch das Feedback bedeutet mir viel. Viele wussten vorher auch gar nicht, dass ich diese beiden Seiten habe, also Anwalt und Künstler bin.
"Andere gehen nach der Arbeit zum Sport, ich ins Atelier"
Wie bekommen Sie beides zeitlich unter einen Hut?
Auf jeden Fall durch ein gutes Zeitmanagement. Aber mein Umfeld, also meine Frau, meine Familie und Freunde, aber auch mein Arbeitgeber machen viel aus. Die Rolle als Professional Support Lawyer ist dafür ideal. Meistens gehe ich zwischen 18 und 19 Uhr aus der Kanzlei und fahre dann zwei- oder dreimal pro Woche ins Atelier, wenn andere zum Beispiel zum Sport gehen. Das hilft mir auch, nach der Arbeit in der Kanzlei den Kopf freizubekommen. Natürlich muss man aber auch auf sich achten, dass man immer die richtige Balance findet und sich nicht übernimmt. Zum Beispiel habe ich während des Masters die Kunst etwas reduziert, da lag der Fokus eben auf dem Master. Da muss man dann die richtigen Prioritäten setzen.
Haben Sie schon Pläne für die Zukunft? Also lieber Anwalt oder Künstler – oder weiterhin beides?
Da will ich mich noch nicht festlegen. Im Moment mag ich die Kombination aus beidem. Ich will einfach alles auf mich zukommen lassen und mich nicht von vornherein einschränken. Ich schätze es sehr, dass ich meiner Leidenschaft nachgehen kann, ohne den Druck zu haben, ein Bild verkaufen zu müssen. Unter Druck entstehen zumindest bei mir keine schönen Kunstwerke. Was mir jedoch auch wichtig ist, ist die Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Die Interaktion und der Austausch im Anwaltsberuf geben mir eine andere Perspektive und bereichern mein kreatives Schaffen. Wenn ich komplett auf die Künstlerschiene gehen würde, würde mir auch etwas fehlen.
“Sich selbst und seinen Werten treu bleiben”
Sie haben gesagt, dass Sie gerne Menschen verbinden und mit ihnen ins Gespräch kommen. Was möchten Sie anderen Menschen mitgeben?
Man sollte nicht immer nur in festen Grenzen denken, sondern auch den Mut haben, etwas Neues auszuprobieren – so war es auch bei mir. Natürlich kann man immer den gewöhnlichen und einfachen Weg gehen, aber oft führt nur der Mut, neue Wege zu gehen, zu persönlichem Wachstum. Wichtig ist, sich selbst und seinen Werten immer treu zu bleiben und auf sich vertrauen. Vor fünf Jahren hätte ich auch nicht gedacht, dass ich irgendwann Anwalt und Künstler bin. Doch manchmal braucht es einfach diese Zufälle im Leben, die uns eine neue Inspiration und Leidenschaft entdecken lassen, die wir dann verwirklichen. Und plötzlich entstehen Dinge, die man vorher gar nicht für möglich gehalten hat.
Zum Schluss fragen wir immer gerne nach Empfehlungen für Bücher, Filme, Podcasts oder Serien. Haben Sie eine für uns?
Am meisten geprägt hat mich das Buch "Bewusstheit" von Christian Bischoff. Da geht es um Werte und Stärken, und wie man diese sowohl im Beruf als auch im Privatleben einsetzt. Es geht auch darum, herauszufinden, welche Visionen man hat und wo man hinwill. Das hat mich sehr inspiriert. Ich habe es nach dem zweiten Examen gelesen, und vielleicht war es genau dieser Impuls, der mich motiviert hat, es mit der Kunst zu versuchen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Moritz von Bennigsen ist seit Januar 2021 Professional Support Lawyer im Hamburger Büro von Taylor Wessing. Vor einigen Jahren hat er sich daneben unter dem Künstlernamen "Mo Kristen" selbstständig gemacht. Er hat ein Atelier in Hamburg und präsentiert seine Bilder regelmäßig bei Ausstellungen.
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