Wie Anwälte in 120 Sekunden überzeugen
Der erste Eindruck zählt – auch wenn es um Mandantenakquise geht. Stellen Sie sich vor, Sie begegnen auf einer Netzwerkveranstaltung, bei einer Fachmesse oder zufällig im Aufzug den/die Head of Legal eines für Sie interessanten Unternehmens, welches noch nicht von der Kanzlei betreut wird, oder andere potenziell relevante Mandanten.
Sie sollten das Beste aus der Situation rausholen. Denn Sie haben nur diese eine – häufig auch nur kurze – Gelegenheit, sich als Anwältin bzw. Anwalt mit Ihrer Expertise, Ihrer Arbeit und Ihren persönlichen Qualitäten vorzustellen. Hinterlassen Sie dabei einen guten Eindruck, wird Ihr Gegenüber entsprechend reagieren und etwa um einen Folgetermin bitten. Wenn Sie aber erst überlegen und umständlich nach der passenden Formulierung suchen, brauchen Sie in der Regel zu lang.
Natürlich kann man sich nicht vorab auf sämtliche Situationen einstellen. Dennoch können Sie Ihre Kurzvorstellung – auch Elevator Pitch genannt – vorbereiten und regelmäßig üben.
Elevator Pitch: Selbstpräsentation in zwei Minuten
Ein Elevator Pitch dauert nach dem Grundprinzip maximal 120 Sekunden. Doch wie sollen Sie sich selbst und Ihr Know-how in dieser kurzen Zeit umfassend darstellen? G ar nicht! Denn darum geht es in solchen Situationen nicht. Es geht vielmehr um grundsätzliche Informationen, relevante Details und um etwas Interessantes, Persönliches, Innovatives, was das Gegenüber neugierig macht und ihm bzw. ihr im Kopf bleibt.
Die meisten Pitches scheitern nicht an mangelnder Performance, sondern an den falschen oder zu umfangreichen Inhalten. Damit Sie den richtigen Fokus setzen, sollten Sie die folgenden Tipps beherzigen.
Tipp 1: Versetzen Sie sich in Ihr Gegenüber
Ein erfolgreicher Elevator Pitch verlangt einen Perspektivwechsel. Interessiert sich das Gegenüber für ihre Inhalte? Sprechen Sie tatsächlich die für diese Person(-en) relevanten Aspekte an? Beschäftigen Sie sich damit, welche Themen die Mandanten interessieren und welche Erkenntnis die betreffende Person mitnehmen will. Welche (rechtlichen) Fragen beschäftigen die jeweilige Branche –und welche Lösung bieten Sie bzw. Ihre Beratung?
Sammeln Sie Ihre Ideen mit Blick auf Ihre Expertise, persönlichen Qualitäten, besonderen Kenntnisse oder praktischen Erfahrungen zunächst auf Post-its. Denn auf diese Weise sind Sie in Ihrer Struktur wie auch bei den einzelnen Aspekten maximal flexibel.
Machen Sie sich auch bewusst, dass je nach Zuhörer:in unterschiedliche Perspektiven notwendig sind. Konzentrieren Sie sich bei der Entwicklung Ihrer Pitch-Struktur auf verschiedene Gegenüber, so dass Sie im entscheidenden Moment mehrere Geschichten oder Beispiele zur Hand und damit diverse Anknüpfungspunkte haben.
Tipp 2: Klare Zielsetzung und präzise Kommunikation
Mit der Perspektive auf Ihr Gegenüber haben Sie einen wesentlichen Filter für die Auswahl der relevanten Inhalte und damit der jeweiligen Story oder des konkreten Beispiels. Damit ist es jedoch nicht getan.
Der zweite wichtige Punkt bei der Vorbereitung Ihrer Pitch-Struktur ist Ihr persönliches Ziel.
Grundsätzlich sollte das Ziel eines Elevator Pitches klar sein. Im besten Fall interessiert sich ihr Gegenüber für Sie als Anwältin bzw. Anwalt und Ihre Beratungsangebote interessiert.
Dennoch scheitern viele Pitches an einer unklaren Zielsetzung. Sie sollten sich deshalb immer die Frage stellen, was Sie mit dem konkreten Gespräch erreichen möchten. Was soll Ihr Gegenüber im besten Fall am Ende tun bzw. wie wollen Sie mit der betreffenden Person verbleiben? Wollen Sie sich mit Ihrem Gegenüber noch einmal zu einem bestimmten fachlichen Thema ausführlich austauschen oder dieser Person Ihr Beratungsangebot in einem Folgetermin vorstellen? Soll diese Sie zu einem bestimmten Networking-Event einladen oder mitnehmen oder Sie in ihrem Umfeld an eine konkrete Person weiterempfehlen?
Denn je nach Ziel unterscheiden sich Inhalte bzw. Dramaturgie Ihrer Kurzvorstellung.
Halten Sie eine bestimmte Information zu Ihrer Person bzw. Ihrem (Beratungs-)Angebot oder ein Argument zu Ihrem fachlichen Thema für unerlässlich, müssen Sie dieses deutlich herausstellen. Ist es das nicht, sprechen Sie es nur in einem Nebensatz an. Wichtig ist auch, wie Sie mit Ihrem Gesprächspartner verbleiben. Wenn es für den weiteren Kommunikationsverlauf auf einen ausgewählten Aspekt (etwa Ihre Weiterempfehlung an eine konkrete Person) oder ein bestimmtes Datum (etwa Ihr gewünschter Jobwechseltermin) ankommt, braucht es dafür eine klare Kommunikation. Wollen Sie Ihren Pitch unverbindlicher beenden, haben Sie Raum für einen anderen Punkt.
Tipp 3: Finden Sie einen Gesprächseinstieg, der Ihnen die Aufmerksamkeit sichert
Menschen entscheiden rasch und intuitiv, ob es sich lohnt zuzuhören. Haben Sie Ihr Gegenüber nicht "gecatcht", sinkt die Aufmerksamkeit schnell und die Gedanken schweifen ab. Deshalb braucht es einen dramaturgisch geschickten Einstieg von drei bis fünf Sätzen, der neugierig macht. Das kann etwa ein interessantes Beispiel aus Ihrer beruflichen Praxis, eine persönliche Geschichte, eine neugierig machende Fragestellung, ein klares Statement oder ein aktuelles Studienergebnis sein, dass Ihre nachfolgenden Inhalte untermauert. Sammeln Sie auch hier Ihre Ideen auf Post-its.
Tipp 4: Der letzte Eindruck bleibt
So wichtig wie ein aufmerksamkeitsstarker Start ist auch der Abschluss. Verzichten Sie daher auf Standardsätze wie "Wie schön, dass wir uns zufällig getroffen haben".
Auch hier kommt es wieder auf Ihr persönliches Ziel an. Sie wollen das Gespräch zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzen oder einen neuen Termin zur Vorstellung Ihres Beratungsangebotes ausmachen? Dann sollte der letzte Satz eine starke Schlussbotschaft, bspw. mit Verweis auf die Zahl oder den Fakt vom Gesprächseinstieg, oder einen klaren "Call-to-Action" wie "Lassen Sie uns doch bei einem gemeinsamen Mittagessen in das Thema XY noch weiter einsteigen. Was sagen Sie dazu?" enthalten, so dass Ihr Gegenüber weiß, was sich dieser merken oder tun soll.
Tipp 5: Entwickeln Sie die Storyline – und üben Sie Ihren Pitch
Nachdem Sie die einzelnen Punkte gesammelt haben, schreiben Sie ein "Drehbuch" für Ihren Elevator Pitch. Nutzen Sie dafür Ihre Post-its.
Beginnen Sie mit einer starken Botschaft, neugierig machenden Frage oder spannenden Story. Wird diese direkt auf den Punkt gebracht und gut erzählt, erzeugt sie nicht nur das gewünschte Bild im Kopf Ihres Gegenübers und weckt Emotionen. Sie erreichen dadurch auch, dass man Ihnen genau zuhört und sich – anders als bei bloßen Fakten – für Sie und Ihre Themen interessiert.
Gestalten Sie nun die weitere Story. Welche Informationen zu Ihrer Expertise oder Persönlichkeit ergeben Sinn und sind zugleich für Ihr Gegenüber relevant? Welche Beispiele oder Argumente untermauern diese in wenigen Sätzen? Welchen Mehrwert oder Nutzen bieten Sie mit Ihrer Expertise? Stehen Sie für ein bestimmtes Thema oder sind Sie auf eine Branche spezialisiert? Finden Sie für Ihre Kurzvorstellung die passende, emotionalisierende Kernbotschaft. Halten Sie diese eher pointiert. Packen Sie nicht zu viel in diese hinein. Schließlich soll Ihr Gegenüber sich für Ihr Know-how interessieren und Sie als Person näher kennenlernen wollen.
Enden Sie mit einer starken Schlussbotschaft oder einer konkreten Handlungsaufforderung. Klären Sie den nächsten Schritt und verabschieden Sie sich wertschätzend.
Ihr Pitch steht? Dann proben Sie diesen. Und zwar so lange, bis er sitzt und zugleich natürlich rüberkommt. Das, was Sie sagen, darf nicht wie auswendig gelernt erscheinen. Pitchen Sie gegenüber vertrauten Personen und ruhig immer wieder etwas abgewandelt. Nutzen Sie deren Feedback, um Ihren Elevator Pitch immer weiter zu verfeinern. Dann sitzt er in den entscheidenden 120 Sekunden, in denen es darauf ankommt.
Die Anwältin Dr. Anja Schäfer ist Expertin für Networking & Female Leadership in Kanzleien und Host vom "Juristinnen machen Karriere!"- Podcast. Als Karriere-Mentorin unterstützt sie schwerpunktmäßig Anwältinnen und Unternehmensjuristinnen in puncto Personal Branding, Netzwerkaufbau und Sichtbarkeit. Für Juristinnen veranstaltet sie regelmäßig Networking-Events, wie am 4. April 2025 den fünften virtuellen "Juristinnen netzwerken … TAG".
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2025 M03 13
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