Elternzeit in der Kanzlei

Macht der Arbeit­geber das mit?

von Dr. Matthias SandmaierLesedauer: 5 Minuten

Eltern haben zwar umfangreiche gesetzliche Ansprüche, was die Elternzeit angeht. Aber lässt sich das in der Praxis durchsetzen, etwa in der Großkanzlei? Mit frühzeitigen Absprachen ist vieles möglich, meint Matthias Sandmaier.

Elternzeit in mehreren Abschnitten, Wiedereinstieg in Teilzeit – Eltern haben inzwischen viele Möglichkeiten, die ersten Jahre mit Kind zu gestalten. Der Gesetzgeber hat den Eltern in den letzten Jahren immer mehr Flexibilität eingeräumt. Den Arbeitgeber stellt das vor nicht geringe personalplanerische Herausforderungen. Gerade in Großkanzleien galt es anfangs als suspekt, Elternzeit zu nehmen und insbesondere für Väter als Zeichen mangelnden Engagements. Inzwischen gilt aber zumindest die Inanspruchnahme der zwei sogenannten "Vätermonate" weitgehend als Standard. Was aber, wenn Eltern eine längere Auszeit oder auch einen stufenweisen Wiedereinstieg mit Teilzeittätigkeit planen? Lässt sich das in der Praxis sinnvoll handhaben?

Die Erfahrung zeigt: Wenn Elternzeit und Teilzeittätigkeiten während der Elternzeit streitig durchgesetzt werden müssen, wird die weitere Zusammenarbeit erheblich belastet. Ein solches Szenario sollte auch aus Sicht des Arbeitgebers möglichst vermieden werden, will man nicht Gefahr laufen, bewährte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aufgrund derartiger Unstimmigkeiten zu verlieren. Außerdem wird eine entsprechend negative Außenwirkung auf Bewerber in einem spürbar engen Arbeitsmarkt nicht förderlich sein, da gerade die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für potentielle Interessenten einen immer größeren Stellenwert besitzt. Zugleich müssen Eltern jedoch auch auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht nehmen, insbesondere, indem sie ihre Pläne rechtzeitig ankündigen.

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Elternzeit in den ersten drei Jahren

Kurz zusammengefasst steht einem Arbeitnehmer nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für jedes Kind bis zur Vollendung des dritten Lebensjahrs ein Anspruch auf Elternzeit zu, der einseitig ohne Zustimmung des Arbeitgebers beansprucht werden kann (§ 15 Abs. 2 S. 1 BEEG). Nimmt der Arbeitnehmer für ein Kind innerhalb der ersten drei Lebensjahre erstmals Elternzeit in Anspruch, muss er dabei verbindlich mitteilen, für welche Zeiträume innerhalb von zwei Jahren die Elternzeit in Anspruch genommen werden soll (§ 16 Abs. 1 S. 2 BEEG). Dies muss mit einer relativ kurzen Vorlauffrist von lediglich sieben Wochen geschehen, wobei der Arbeitnehmer regelmäßig den entsprechenden Antrag nicht deutlich früher stellen wird, da er erst acht Wochen vor Beginn der Elternzeit den besonderen Kündigungsschutz aus § 18 BEEG genießt. Für bis zum 30.06.2015 geborene Kinder kann ein Arbeitnehmer die Elternzeit in den ersten drei Lebensjahren ohne Zustimmung des Arbeitgebers in zwei Zeitabschnitte, für ab dem 01.07.2015 geborene Kinder sogar in drei Zeitabschnitte aufteilen. Eine Verteilung auf weitere Zeitabschnitte ist nur noch mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.

Elternzeit bei älteren Kindern

Zusätzlich wird dies für den Arbeitgeber dadurch verkompliziert, dass Teile des Elternzeitanspruchs durch den Arbeitnehmer auch auf spätere Zeiten zwischen Vollendung des dritten und achten Lebensjahres des Kindes übertragen werden können. Hinzu kommt, dass hier aufgrund von gesetzlichen Übergangsregelungen nach dem Geburtsdatum des jeweiligen Kindes differenziert werden muss: Für bis zum 30.06.2015 geborene Kinder besteht diese Übertragungsmöglichkeit für maximal zwölf Monate des Elternzeitanspruchs und auch nur mit Zustimmung des Arbeitgebers. Für ab dem 01.07.2015 geborene Kinder beträgt der mögliche Umfang der übertragbaren Elternzeitabschnitte insgesamt 24 Monate und eine Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht mehr erforderlich. In diesen Fällen der nach dem 01.07.2015 geborenen Kinder ist allerdings der zeitliche Vorlauf länger, da der Mitarbeiter seinen Elternzeitwunsch für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr spätestens 13 Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich beanspruchen muss.

Diese im Jahr 2015 ergänzten weitergehenden Flexibilisierungen zugunsten der Arbeitnehmerseite führen naturgemäß zu größeren personalplanerischen Herausforderungen auf Arbeitgeberseite. Das gilt erst recht, wenn für mehrere Kinder mehrere Elternzeitansprüche bestehen.

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2/2: Teilzeit während der Elternzeit

Zudem ermöglicht das BEEG nicht nur eine vollständige Auszeit, sondern auch eine Teilzeittätigkeit während der Elternzeit im Umfang von bis zu 30 Stunden pro Woche zu. Dabei gilt grundsätzlich das Konsensmodell: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen sich über den Umfang und die Ausgestaltung der Teilzeittätigkeit während der Elternzeit verständigen.

Nur dann, wenn eine Einigung über die Teilzeittätigkeit während der Elternzeit nicht zustande kommt, kann unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 6 und 7 BEEG der Arbeitnehmer während der Gesamtdauer der Elternzeit maximal zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit verlangen. Ein Anspruch setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG), das Arbeitsverhältnis ununterbrochen länger als sechs Monate besteht (Nr. 2), die Arbeitszeit während der Elternzeit für mindestens zwei Monate auf mindestens 15 und maximal 30 Wochenstunden verringert werden soll (Nr. 3) und dem Anspruch keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen (Nr. 4). Zudem ist der Anspruch auf Arbeitszeitverringerung sieben Wochen (bei Teilzeittätigkeit zwischen dem dritten Geburtstag und der Vollendung des achten Lebensjahrs 13 Wochen) vor Beginn der Teilzeittätigkeit dem Arbeitgeber mitzuteilen.

Hat der Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit nicht innerhalb von vier bzw. acht Wochen abgelehnt, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 15 Abs. 7 S. 5 BEEG). Entsprechendes gilt, wenn die durch den Arbeitnehmer gewünschte Verteilung der Arbeitszeit nicht fristgemäß abgelehnt wird (§ 15 Abs. 7 S. 6 BEEG). Sofern der Arbeitgeber den Antrag auf Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit rechtzeitig ablehnt, kann der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin beim Arbeitsgericht Klage erheben, um den Anspruch durchzusetzen.

Was tun?

Betrachtet man dieses komplexe Gerüst aus Fristen, Aufteilungsmöglichkeiten sowie Teilzeitoptionen variierenden Umfangs und führt sich gleichzeitig vor Augen, dass die Vorstellungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich je nach privater Situation und insbesondere Betreuungsmöglichkeiten erheblich unterscheiden, wird klar, dass es eine Lösung nach "Schema F" nicht geben kann.

Am wenigsten problematisch werden aus Arbeitgebersicht die mittlerweile weitverbreiteten "Vätermonate" sein, die entweder als zweimonatiger Block oder in zwei separaten Monaten (meist während des ersten und zwölften Lebensmonats des Kindes) genommen werden. Auch hier sind rechtzeitig belastbare Vertretungsregelungen zu entwickeln und insbesondere gegenüber den betreuten Mandanten zu kommunizieren. Meist kann allerdings auf die Neueinstellung einer Vertretungskraft verzichtet werden – auch weil während der "Vätermonate" in vielen Fällen der Kontakt der Elternzeitler zum Büro nicht vollständig abreißt.

Komplexer stellt sich die Situation bei längerfristigen Elternzeiten dar, insbesondere wenn diese zunächst mit einer Auszeit beginnen und dann über eine Teilzeittätigkeit ein (stufenweiser) Wiedereinstieg geplant ist. Hier bewährt es sich, die entsprechenden Fragen frühzeitig gemeinsam zu besprechen und einen klaren Fahrplan für die Elternzeit aufzustellen. So kann ein gewisses Maß an Verlässlichkeit für beide Seiten erreicht werden, was die jeweiligen Planungen erheblich erleichtert. Dabei sollten verschiedene Fragen angesprochen werden, etwa die Dauer einer vollständigen Abwesenheit, Betreuungsoptionen zur Ermöglichung einer Teilzeittätigkeit, die Vorstellungen zur Art der Tätigkeit in der Teilzeitphase und nicht zuletzt auch der Erhalt der Mandantenbeziehung. Oft lassen sich so praxistaugliche Lösungen finden – etwa mit einer Tätigkeit aus dem Home Office und flexiblen Arbeitszeiten.

Der Autor Dr. Matthias Sandmaier ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner in der Kanzlei für Arbeitsrecht vangard in München.

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