Die juristische Presseschau vom 8. - 10. November 2014: Gesetzliche Regelung der Suizidhilfe - Urteile zum GDL-Streik - Verfassungsbeschwerde wegen Pflegenotstands

10.11.2014

Die rechtliche Handhabung der Suizidhilfe wird am Donnerstag im Bundestag debattiert. Außerdem in der Presseschau: Der Tatbestand der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung soll reformiert werden, BVerfG gegen Heimunterricht, BVerwG bestätigt Aufenthaltserlaubnispflicht für türkische Kinder und Jugendliche, Arbeitsgerichte erklären GDL-Streik für verhältnismäßig und wie ein Arbeitnehmer 4.000 Navis klaute.

Thema des Tages

Suizidhilfe: An diesem Donnerstag debattiert der Bundestag über die rechtliche Regelung der Suizidhilfe, meldet unter anderem die Montags-taz und fasst die Vorschläge der Abgeordnetengruppe um Peter Hintze (CDU) zusammen, die für eine liberale Regelung eintritt. Straffreie Suizidhilfe soll danach bei volljährigen und einsichtsfähigen Personen möglich sein, die an einer unheilbaren Krankheit leiden, die unumkehrbar zum Tode führt und unter dieser Krankheit leiden. Zudem soll eine umfassende Aufklärungspflicht über alternative Behandlungsmöglichkeiten bestehen.

Im Interview mit dem Spiegel (Christiane Hoffmann/Peter Müller, Vorabmeldung) sagte Hintze, dass er nicht auf einer gesetzlichen Regelung bestehen werde, wenn die Ärztekammer das Berufsrecht ändere und entsprechende Möglichkeiten für Ausnahmesituationen vorsähe. Ferner begrüßt er den Vorschlag von Parteikollgen, die organisierte Suizidhilfe zu verbieten. In einem ausführlichen Beitrag stellt der Focus (Petra Hollweg u.a.) die aktuelle Rechtslage und die Positionen von Sterbehilfevereinen und Ärzten dar. Helene Bubrowski (Montags-FAZ) kritisiert, dass der Selbstmord der US-Amerikanerin Brittany Maynard in den USA benutzt werde, um für die Legalisierung der Suizidhilfe zu werben und beschäftigt sich mit dem Konzept der Würde. Unter dem Begriff würden unterschiedliche Konzepte gefasst, sodass die Bundestagsdebatte "den Begriff der Würde nicht überstrapazieren" solle.

Rechtspolitik

Sexualstrafrecht: Die Justizminister der Länder haben auf der Herbstkonferenz vom letzten Donnerstag beschlossen, Opfer von Vergewaltigung und sexueller Nötigung besser zu schützen. Justizminister Heiko Maas (SPD) habe eine baldige Reform angekündigt, berichtet der Spiegel (Melanie Amann/Ann-Katrin Müller, Vorabmeldung) und lto.de. Es gehe um die Erfassung von Fällen, in denen das Opfer beispielsweise "nein" sagt, aber keine Gegenwehr leistet. Die WZ (Peter Kurz) stellt zudem die aktuelle Gesetzeslage und die Diskussionen rund um die Reformforderungen zusammen. Anna von Gall und Cara Röhner kommen auf verfassungsblog.de zu dem Schluss, dass die deutsche Rechtslage weder mit der Entscheidung des Ausschuss der Frauenrechtskonvention der Vereinten Nationen im Fall R.P.B. v. the Philippines noch mit der Istanbul-Konvention vereinbar ist.

Wolfgang Janisch (Samstags-SZ) kommentriert: "Das 'Nein' der Frau zum Geschlechtsakt in ein effektives Verbot zu übersetzen, muss das Bestreben einer Zivilisation sein, die den Schutz der Menschenwürde zum Fundament erklärt hat."

EU-Ausländer: Mit den geplanten Einschränkungen des Freizügigkeits-Rechts in Großbritannien und Deutschland beschäftigt sich die FAS (Corinna Budras). Während das Vorhaben der Briten, eine Höchstgrenze einzuführen, eine Änderung der Verträge nötig machen würde, sei der deutsche Gesetzentwurf europarechtskonform. Dieser sehe eine Beschränkung des Aufenthaltsrecht für arbeitssuchende EU-Bürger auf sechs Monate vor. Zudem verweist die Autorin auf die am Dienstag erwartete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall der Rumänin Dano, der in Deutschland Sozialleistungen verweigert wurden.

Verbraucherstreitigkeiten: Die Montags-FAZ (Joachim Jahn) schildert einen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Schaffung von Schiedsstellen für Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern. Der Entwurf gehe auf eine EU-Richtlinie zurück, die die Schaffung einer Möglichkeit zur Wahrnehmung von Verbraucherrechten im außergerichtlichen Verfahren fordert. Das Verfahren werde nicht verpflichtend und für die Verbraucher kostenlos sein. 

Tarifeinheit: Die Professoren Gregor Thüsing und Justus Haucap diskutieren in der Montags-SZ den Gesetzentwurf zur Tarifeinheit, den die Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) Ende Oktober vorgelegt hat. Der Entwurf sei wegen der Koalitionsfreiheit des Art. 9 Grundgesetz problematisch und führe nicht zum gewünschten Ziel. Stattdessen sollen Regeln für die Arbeitsniederlegung eine Berücksichtigung von Interessen Dritter vorsehen, wie etwa in Frankreich, wo ein Streik vorher angekündigt werden muss.

Steuerverwaltung: Laut Montags-SZ (Claus Hulverscheidt) hat die steuerpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lisa Paus, vorgeschlagen, im Kampf gegen Steuerhinterzieher und –trickser eine Spezialeinheit der Bundesregierung einzurichten, die für die Überprüfung von Steuerbescheiden zuständig sein soll. Langfristig würden die Grünen planen, für die Steuererhebung und-prüfung eine Bundessteuerverwaltung einzurichten.

Frauenquote: blog.beck.de (Markus Stoffels) stellt ein Gutachten des Rechtsprofessors Kay Windthorst vor, der den Gesetzentwurf zur Einführung einer Frauenquote für börsennotierte Unternehmen begutachtet hat. Für die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstandes ergeben sich "Bedenken im Hinblick auf Konsistenz, Bestimmbarkeit und praktischer Realisierbarkeit der Zielvorgaben". Zudem sollte die starre Quote um eine Härtefallklausel ergänzt werden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. - 10. November 2014: Gesetzliche Regelung der Suizidhilfe - Urteile zum GDL-Streik - Verfassungsbeschwerde wegen Pflegenotstands . In: Legal Tribune Online, 10.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13751/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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