Die juristische Presseschau vom 24. bis 27. Dezember 2016: Streit um Sicher­heit / Face­book in der Kritik / BGH ent­scheidet zu VW-Über­nahme

27.12.2016

Nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt wird die Debatte um rechtspolitische Konsequenzen fortgesetzt. Außerdem in der Presseschau: Facebook steht in der Halbjahres-Kritik und der BGH weist Klagen gegen Porsche ab.

Thema des Tages

Anschlag in Berlin: Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt will Innenminister Thomas de Maizière sicherheitspolitische Reformen vornehmen, die unter anderem eine erleichterte Videoüberwachung öffentlicher Plätze durch die Polizei, den vermehrten Einsatz elektronischer Fußfesseln und die schnellere Abschiebung von "Gefährdern" beinhalten, wie die Dienstags-FAZ (Johannes Leithäuser) und zeit.de berichten. Bereits am vergangenen Freitag hatte Bundesjustizminister Heiko Maas Beratungen mit dem Innenministerium über rechts- und sicherheitspolitische Konsequenzen angekündigt, melden lto.de, das Dienstags-Hbl (Jan Hildebrand) und die WamS (Manuel Bewader).

Die CSU hat in einem Positionspapier unter anderem einen neuen Abschiebehaftgrund bei Vorliegen einer "Gefahr für die öffentliche Sicherheit" gefordert, berichtet spiegel.de. Mit diesem Abschiebehaftgrund beschäftigt sich die Dienstags-taz (Christian Rath) und zweifelt an dem Sinn dieser Forderung. Eine Abschiebehaft könne nur angeordnet werden, wenn sich das Heimatland zur Aufnahme bereit finde, was bei dem mutmaßlichen Attentäter Anis Amri ohnehin nicht der Fall gewesen sei. Joachim Käppner (Dienstags-SZ) kritisiert die Position der CSU, welche nicht zu einer sachlicheren Debatte beitrage. Niemand "sollte so tun, als ließe sich völlige Sicherheit garantieren", schreibt er.

Die Dienstags-SZ (Ronen Steinke) beantwortet einige Fragen, die in der Öffentlichkeit vielfach im Zusammenhang mit dem Anschlag in Berlin gestellt werden. Insbesondere wird erklärt, was der Begriff "Gefährder" meint und warum diese Einstufung allein für eine Haftanordnung noch nicht ausreichen könne, weshalb das präventive Einsperren die Unschuldsvermutung umkehre, und wie der europäische Datenaustausch zwischen Sicherheitsbehörden geregelt ist.

Rechtspolitik

Entschädigung der Opfer: Eine "fatale Lücke" im Opferentschädigungsgesetz (OEG) verhindert, dass den Opfern des Anschlags in Berlin und deren Angehörigen Entschädigungen zustehen, berichten spiegel.de (Sven Weiland) und focus.de. Das OEG sei nicht anzuwenden auf tätliche Angriffe, die mit einem Kraftfahrzeug begangen werden.

Facebook: Facebook hat seinen halbjährlichen Transparenzbericht veröffentlicht, wie die Dienstags-SZ (Jannis Brühl) und lto.de berichten. Nach eigenen Angaben werden häufiger volksverhetzende oder jugendgefährdende Inhalte eingeschränkt. Das Unternehmen war stark in die Kritik geraten, derartige Inhalte nicht schnell genug zu löschen. Zusätzlich verweist die Dienstags-SZ auf die Ideen zu einem neuen Gesetz, das Facebook und andere Anbieter stärker in die Pflicht nehmen soll, mit Ermittlungsbehörden zu kooperieren und die Veröffentlichung von Falschnachrichten zu unterbinden.

Facebook war außerdem wegen der schlechten Arbeitsbedingungen von Arvato-Mitarbeitern in Deutschland, die für das Löschen von Gewalt befürwortenden oder hasserfüllten Inhalten verantwortlich sind, in die Kritik geraten. Geändert habe sich an diesen Bedingungen aber bisher nichts, so die Dienstags-SZ (Till Krause/Hannes Grassegger). In dem Bericht kommt Arbeitsrechtler Raphael Callsen von der Kanzlei DKA zu Wort. Er hält Schadensersatzklagen gegen Arvato für möglich.

Gerüchte und Lügen: Das Bundesinnenministerium will noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr ein "Abwehrzentrum gegen Desinformation" einrichten, das beim Bundespresseamt angesiedelt sein soll. Damit solle der Verbreitung sogenannter "Fake News" begegnet werden, berichten der Spiegel (Horand Knaup u.a.), die Samstags-FAZ (Axel Weidemann) und lto.de.

Steuerrecht: In einem Interview mit dem Dienstags-Hbl (Volker Votsmeier) plädiert Rudolf Mellinghoff, Präsident des Bundesfinanzhofs,  für mehr steuerliche Pauschalen und Freibeträge. Eine "Entschlackung" des aktuellen Steuerrechts hielte er zwar für sinnvoll, die Berücksichtigung einzelner Fallgestaltungen sei aber eine wesentliche Ursache des komplizierten Steuerrechts. Er äußert sich außerdem zum Steuerrecht auf EU-Ebene, insbesondere zu der Forderung der EU gegen Apple. 

In einem Gastbeitrag fasst die Steuerberaterin Martina Ortmann-Babel im Dienstags-Hbl die wichtigsten steuerrechtlichen Änderungen für das Jahr 2017 zusammen.

Roboterautos: Nun berichten auch die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) und die WamS (Nikolaus Doll/Philipp Vetter) über das von der Bundesregierung geplante Gesetz, mit dem die Haftungs- und andere Rechtsfragen zu computergesteuerten Pkws geregelt werden sollen. 

"Kinderehen": Die große Koalition plant eine pauschale Annullierung aller Ehen von geflüchteten minderjährigen Frauen. Weshalb eine solche Vorgehensweise nicht immer dem Kindeswohl diene und eine Prüfung im Einzelfall vorzuziehen sei, erklärt der Spiegel (Dietmar Hipp u.a.).

Kölner Silvesternacht: Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat scharfe Kritik an der juristischen Aufarbeitung der Vorfälle in der Kölner Silvesternacht 2015/16 geübt, wie die Dienstags-taz und zeit.de melden. Es seien zu wenige Täter verurteilt worden und die Verfahren hätten zu lange gedauert. Die Justiz solle "in aller Härte urteilen", forderte de Maizière.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 24. bis 27. Dezember 2016: Streit um Sicherheit / Facebook in der Kritik / BGH entscheidet zu VW-Übernahme . In: Legal Tribune Online, 27.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21598/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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