Die juristische Presseschau vom 1. März 2016: NPD-Ver­bots­ver­hand­lungen starten / Hoeneß ent­lassen / His­to­ri­sches Urteil in Gua­te­mala

01.03.2016

Justiz

LG Neubrandenburg – Auschwitz-Prozess: Der Prozess gegen den ehemaligen SS-Sanitäter Hubert Zafke, der aufgrund seiner Arbeit im KZ Auschwitz wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 3.681 Fällen angeklagt ist, begann am Montag mit einer Vertagung. Nach einem Notruf am Wochenende bezeichnete eine Ärztin den 95-Jährigen wegen verschiedener Krankheitssymptome, unter anderem suizidaler Absichten, als weder transport- noch verhandlungsfähig. Der Prozessbeginn hatte sich schon zuvor als schwierig gestaltet, nachdem von verschiedenen Seiten befürchtet worden war, das Gericht wolle das Verfahren am liebsten einstellen. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Nebenklage hatten in der Folge einen Befangenheitsantrag gestellt. Es berichten spiegel.de (Benjamin Schulz) und die taz (Klaus Hillenbrand).

LG Augsburg zu Uli Hoeneß:Nach genau der Hälfte seiner Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren ist der frühere Präsident des FC Bayern München Uli Hoeneß aus der Haft entlassen worden. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg hatte Hoeneß' Antrag auf vorzeitige Entlassung im Januar stattgegeben und dabei unter anderem berücksichtigt, dass er sich stets in die Gemeinschaft der Gefangenen integriert habe, meldet spiegel.de.

LG Berlin zu Facebook: Weil die Social Media-Plattform Facebook ein Gerichtsurteil aus 2012 nicht ausreichend umgesetzt hat, mit dem Urheberrechten der Nutzer Rechnung getragen werden sollte, wurde das Unternehmen durch das Landgericht Berlin zu einer Geldbuße von 100.000 Euro verurteilt. In den Allgemeinen Geschäftbedingungen hatte sich Facebook umfangreiche Rechte an Inhalten verschafft, die Nutzer auf der Plattform hochladen, meldet tagesschau.de. Die Klausel sei nach wie vor nicht ausreichend verändert worden, entschied das Gericht auf einen Antrag der Verbraucherzentrale Bundesverband.

LG Ansbach – psychisch erkrankter Todesschütze: Vor dem Landgericht Ansbach hat unter weitgehendem Öffentlichkeitsausschluss der Prozess gegen einen mutmaßlichen Amokschützen begonnen, der im Juli vergangenen Jahres zwei Menschen aus einem Auto heraus erschossen haben soll. Da er aufgrund einer paranoiden Schizophrenie wohl für nicht schuldunfähig gehalten werden wird, will die Staatsanwaltschaft seine Unterbringung in der Psychatrie bewirken. Hinterbliebe kritisieren, dass er trotz Verhaltensauffälligkeiten zwei Sportwaffen besitzen durfte, berichtet die Welt (Cathérine Simon).

VG Karlsruhe zu ehrenamtlichem Richter: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat einen ehrenamtlichen Richter von seinem Amt entbunden, nachdem er fremdenfeindliche Inhalte über Facebook verbreitet hatte, meldet lto.de. Mit einem rassistischen Post habe er gegen das Gebot zur Achtung der Menschenwürde verstoßen. Darüber hinaus bestünden auch Zweifel an seiner Verfassungstreue, weil er sich als "Bürger des Deutschen Reichs" und "kein Personal der Firma BRD" bezeichnet habe.

LG Berlin zu dauerhafter Arbeitnehmerüberlassung: Das Landgericht Berlin hat die Klage einer dauerhaft überlassenen Zeitarbeitnehmerin abgewiesen, mit der diese Schadensersatz von der Bundesrepublik Deutschland wegen der (bewusst) nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der Zeitarbeitsrichtlinie 2008/104/EG forderte. Konkret ging es um den Ersatz der Vergütungsnachteile, die sie gegenüber den Stammbeschäftigten des Kunden hatte. Das Gericht erkannte jedoch keinen für eine Entschädigung wegen Nichtumsetzung von EU-Recht erforderlichen offenkundigen Verstoß des Gesetzgebers, wie Rechtsanwältin Kira Falter und Rechtsanwalt Alexander Bissels auf dem Handelsblatt-Rechtsboard ausführlich erläutern.

StA Köln – Steuerhinterziehung: Die Staatsanwaltschaft Köln hat Amtshilfe von Luxemburg gewährt bekommen und die Geschäftsräume eines Unternehmens durchsucht, mit dem etwa fünfzig Briefkastenfirmen zusammenhängen sollen. Es geht um Steuerhinterziehung durch Transfers in andere Länder, unter anderem Panama; auf die Spur waren die Ermittler durch den Ankauf einer Daten-CD vor zwei Jahren gekommen. Bemerkenswert ist, dass sich die Luxemburger Behörden bislang Rechtshilfeersuchen im Zusammenhang mit Steuerverfahren verweigert hatten, berichtet die SZ (Hans Leyendecker/Klaus Ott).

Todesurteile sowjetischer Militärtribunale bis 1947: Die FAZ (Daniela Münkel) stellt das Buch "Todesurteile Sowjetischer Militärtribunale gegen Deutsche (1944–1947)" (Hrsg: Andreas Weigelt u.a.) vor. Bis 1947 ergingen 3.301 Todesurteile gegen Deutsche, überwiegend wegen Taten im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Diktatur; 2.542 davon seien auch vollstreckt worden. Das auf umfangreicher Forschung beruhende Buch wertet die ermittelten Fälle von Todesurteilen quantitativ und qualitativ aus, insbesondere hinsichtlich der Verurteilten, ihrer Funktion, der Haft- und der Urteilsgründe.

Thomas Fischers neues Buch: Mit dem Buch "Im Recht" stellt das HBl (Heike Anger) die "Einlassungen von Deutschlands bekanntestem Strafrichter" vor, der erst nach dem Traum vom Rockstar-Dasein und verschiedenen Nebenjobs zum Jurastudium gekommen sei. Das Buch enthält eine Auswahl Fischers Kolumnen auf zeit.de und greife auch aktuelle Themen auf.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. März 2016: NPD-Verbotsverhandlungen starten / Hoeneß entlassen / Historisches Urteil in Guatemala . In: Legal Tribune Online, 01.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18646/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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