Die juristische Presseschau vom 1. März 2016: NPD-Ver­bots­ver­hand­lungen starten / Hoeneß ent­lassen / His­to­ri­sches Urteil in Gua­te­mala

01.03.2016

Vor dem BVerfG beginnen am heutigen Dienstag die Verhandlungen über das NPD-Verbot. Außerdem in der Presseschau: Hoeneß ist frei, CETA bekommt unabhängiges Gericht und Guatemala verurteilt Vergewaltiger.

Thema des Tages

BVerfG – NPD-Verbotsverfahren: Zum Verhandlungsbeginn beim Bundesverfassungsgericht im NPD-Verbotsverfahren gibt die taz (Christian Rath) Antworten auf wichtige Fragen. Zentrale Punkte des Verfahrens sind der Prüfungsmaßstab des Gerichts und die "Staatsfreiheit" der Partei. Nachdem das letzte Verbotsverfahren 2003 scheiterte, bestätigt der Bundesrat nun, dass keine V-Leute mehr Vorstandsposten innehaben. Wie erläutert, liege darin aber gleichzeitig das Problem, dass wesentliche Informationen eher die Führungspersonen haben, so dass mit dem Abschalten der V-Leute weniger Belege für die Gefährlichkeit der Partei vorliegen könnten. Zudem weist lto.de (Pia Lorenz) darauf hin, dass ein Verbot auch an der Unbedeutsamkeit der Partei scheitern könnte – denn falls die NPD tatsächlich den EGMR anrufen sollte, müsse hierbei dargelegt werden, dass eine Verwirklichung verfassungsfeindlicher Ziele auch tatsächlich in Frage komme. Wie das Handelsblatt berichtet, äußert Bundesjustizminister Maas, auch im Falle eines Verbots der NPD bleibe der Rechtsextremismus in Deutschland gefährlich. Den Richter am Bundesverfassungsgericht Peter Müller porträtiert die FAZ (Reinhard Müller).

Im Leitartikel in der WELT meint Torsten Krauel, Karlsruhe solle ein drittes Verbotskriterium einführen – und die NPD dafür verantwortlich machen, wenn sie zu Gewalttaten ihrer Anhänger schweigt, die die Menschenwürde verletzen.

Hintergründe zu Parteiverboten in der Bundesrepublik Deutschland fasst die BerlZ (Christian Bommarius) zusammen, eine Zusammenstellung von Aktivitäten der NPD gibt spiegel.de (Christina Hebel/Benjamin Braden/Martin Jäschke).

Rechtspolitik

CETA: Im Rahmen der nachträglichen Verhandlungen über das bereits 2014 ausgehandelte Abkommen CETA hat Kanada die Reformvorschläge der EU-Kommission für einen neuen, unabhängigen Gerichtshof akzeptiert, an dem Investorenschutzklagen verhandelt werden soll. Die Vorschläge waren Ende vergangenen Jahres eigentlich für das TTIP-Abkommen zwischen der EU und den USA vorgelegt worden, nachdem die vorgesehenen Schiedsgerichte massiv kritisiert worden waren. Die Annahme der Gerichtsvereinbarung in der CETA-Überarbeitung wird nun auch als starkes Signal für TTIP gewertet, berichten die FAZ (Hendrik Kafsack) und die SZ (Alexander Mühlauer).

Lobbyisten im Bundestag: An diesem Dienstag tritt die neue Regelung über die Vergabe von Hausausweisen für den Bundestag in Kraft, nach der nur noch die Bundesverwaltung, also Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU), die Ausweise vergeben darf. Zuvor hatten die Fraktionen dies in einem geheimen Verfahren erledigt, weshalb viele Firmenvertreter Dauerausweise erhalten hatte. Der Tsp (Jost Müller-Neuhof) erläutert die Neuregelung und resümiert, dass in Zukunft eher weniger als mehr Transparenz herrschen wird – etwa weil Verbände weiterhin Ausweise erhielten und manche Lobbyisten nun von den Fraktionen unter der Zuordnung zu einem "Verband" bei der Bundesverwaltung gemeldet würden. Karl-Heinz Büschemann (SZ) nennt die Debatte um die Ausweise scheinheilig, da Lobbyisten zwar "unbequem" und "manchmal gefährlich" seien, aber "zur politischen Debatte" gehörten.

Privacy Shield: Angesichts der am Montag veröffentlichten Dokumente zu dem geplanten Datentransfer-Abkommen zwischen der EU und den USA bemerkt die taz (Eric Bonse), dass nach wie vor diverse Ausnahmen enthalten sind, bei denen eine Massenüberwachung der Daten zulässig sein soll, unter anderem Terrorismusabwehr und Cybersicherheit. Das Abkommen war notwendig geworden, weil der Europäische Gerichtshof den Schutz von Daten insbesondere vor staatlicher Überwachung durch die US-Behörden nicht für gesichert hielt. Svenja Bergt (taz) bezeichnet die Vorschläge als "schwach".

Sexualstrafrecht: Heide Oestreich (taz) kritisiert, dass nach den Vorkommnissen in Köln zwar eine Verschärfung des Sexualstrafrechts vielfach befürwortet worden sei, Bundesjustizminister Heiko Maas aber seinen Gesetzentwurf zur Reform nicht weiter anpasste, obgleich damit die Straflosigkeit vieler Übergriffe bestehen bleibe. Das Problem des Sexualstrafrechts sei, dass der Begriff der sexuellen Selbstbestimmung nicht konsequent ernst genommen werde. Denn eine Vergewaltigung liege nicht schon dann vor, wenn die betroffene Person den Geschlechtsverkehr ablehne, vielmehr müsse sie sich aktiv wehren oder in einer (eng definierten) schutzlosen Lage befinden.

Urheberrechtsreform: In einem Gastbeitrag in der FAZ befasst sich Verlagsleiter Andreas Rötzer mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Urheberrechts, mit dem die Rechte der Urheber gegenüber den Verwertern gestärkt werden sollen. Insbesondere für Schriftsteller in Publikumsverlagen bedeute die Novelle jedoch eine Verschlechterung, weil sie das Vertrauen zwischen Autor und Verleger störten und ein langfristiges, "symbiotisches" Verhältnis hier von großer Bedeutung sei. Die Sachlage sei zu komplex, um sie auf einfache Regeln herunterzubrechen, die für eine Vielzahl verschiedener Konstellationen gelten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. März 2016: NPD-Verbotsverhandlungen starten / Hoeneß entlassen / Historisches Urteil in Guatemala . In: Legal Tribune Online, 01.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18646/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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