Die juristische Presseschau vom 02. September 2015: EGMR zu Lam­pe­dusa – BVerfG rettet Zen­sus­-Daten – klau­ende Poli­zisten

02.09.2015

Justiz

BVerfG zu Zensus-Daten: Daten aus dem Zensus-Verfahren dürfen vorerst nicht gelöscht werden, entschied das Bundesverfassungsgericht auf Eilantrag des Berliner Senats hin. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Bevölkerungserhebung im Jahre 2011 methodische Ermittlungsfehler aufweise und deswegen eine geringere Einwohnerzahl ergebe – dies hatte weniger Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich bedingt. Etwa 1.000 weitere Kommunen haben aus den gleichen Gründen Rechtsmittel eingelegt. SZ (Wolfgang Janisch), FAZ (Joachim Jahn) und tagesschau.de schildern die Begründung des Gerichts.

LVG Mecklenburg-Vorpommern zu NPD-Besuch: Das Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern erlaubt NPD-Landtagsabgeordneten, die Zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge zu besuchen. Der Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte ein entsprechendes Verbot ausgesprochen. Die Verfassungsrichter argumentierten, er habe damit die Selbstinformations- und Kontrollrechte der Abgeordneten verletzt. Dies meldet spiegel.de.

OLG München – NSU-Prozess: Ausführlich spricht spiegel.de (Gisela Friedrichsen) über Beate Zschäpes neuen Pflichtverteidiger Mathias Grasel, dessen besondere Stellung im Verfahren und seine bisherige Erfahrung als Strafverteidiger.

Annette Ramelsberger (SZ) beanstandet den gerichtlichen Umgang mit Rechtsradikalen. So müssten die Zeugen im NSU-Prozess, "die sich an nichts erinnern wollen", keiner Ordnungsstrafe oder ähnlichen Sanktion, "nicht einmal einer scharfen Ermahnung" entgegen sehen – eine "Ermutigung" für die Rechten. Sie würden ebenso durch Richter gestärkt, die bei ihren Entscheidungen "rassistischen Hass" als Tatmotiv nicht erkannten.

OLG Celle – IS-Rückkehrer: spiegel.de (Julia Jüttner) informiert über das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Celle gegen zwei IS-Rückkehrer wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Einer solle sich als Kämpfer, der andere als Selbstmordattentäter dem Islamischen Staat angeschlossen haben. Die Angeklagten geben an, sie seien zwar im IS gewesen, allerdings nicht, um sich dessen Kämpfen anzuschließen.

LG Duisburg – Loveparade: Das Landgericht Duisburg sieht für die Klage des Feuerwehrmannes wegen des Loveparade-Unglücks keine Aussicht auf Erfolg. Dieser zog vor Gericht, da er seit seinem Einsatz auf der Loveparade 2010 wegen psychischer Belastungsstörungen arbeitsunfähig ist. Der Vorsitzende Richter erklärte, der Schaden sei der eigenen Berufswahl zuzurechnen, der Kläger sei zudem nicht unmittelbar betroffen gewesen. Am 5. Oktober wollen die Richter endgültig entscheiden, wissen SZ (Bernd Dörries), FAZ (Reiner Burger) und spiegel.de (Wiebke Ramm).

LG Dortmund – Kik: Die Anwälte des Textilunternehmens Kik haben beim Landgericht Dortmund beantragt, die Schadensersatzklage von Angehörigen der Opfer des Fabrikbrands auf Schmerzensgeld abzuweisen. Es gebe keine Haftungsgrundlage, da das Unternehmen Ali Enterprises, welches im betreffenden Fabrikgebäude produzierte, rechtlich selbstständig sei. Das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte unterstützt die Kläger und argumentiert, transnationale Unternehmen müssten auch die Arbeitsbedingungen bei ihren ausländischen Zulieferern verantworten. Die SZ (Caspar Dohmen), FAZ (Christine Scharrenbroch) und Handelsblatt (Florian Kolf) schreiben über das Verfahren.

Zugang zu Entscheidungen: Ab Januar 2016 dürfen auch andere kommerzielle Weiterverwender gleichberechtigt über Urteile der Bundesgerichte verfügen. Die taz (Christian Rath) berichtet jetzt auch von dem Vergleich des Datenbankbetreibers LexXpress mit der Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesverfassungsgericht, und skizziert den justiziellen Verlauf des 15 Jahre dauernden Rechtsstreits. Auch lto.de (Tanja Podolski) beschreibt die Hintergründe der außergerichtlichen Einigung.

StA Wuppertal – Schariapolizei: Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat den "Scharia-Polizisten" Sven Lau und sieben weitere wegen Verstößen gegen das versammlungsrechtlich vorgeschriebene Uniformverbot angeklagt. Ein Neunter solle sich wegen Beihilfe verantworten. Die Angeklagten könnten mit Haftstrafen von bis zu zwei Jahren rechnen, weil sie bei einer unangemeldeten Versammlung Westen mit der Aufschrift "Shariah Police" trugen, meldet focus.de.

Versammlungsverbot Heidenau: Ein Rechtsstaat muss gegen Fremdenfeindlichkeit vorgehen und seine Werte durchsetzen, konstatiert Reinhard Müller (FAZ) anlässlich der Ereignisse um Heidenau, wie auch des NPD-Verbotsverfahrens. Eine Gefahr für den Rechtsstaat sei es allerdings, wenn Versammlungen verboten und damit Grundrechte eingeschränkt würden, weil es an Polizisten mangele. Gefährlich sei es auch gegen Mindermeinungen vorzugehen – auch rechte Demonstranten müssten ihre Meinungs- und Versammungsfreiheit ausüben können. 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 02. September 2015: EGMR zu Lampedusa – BVerfG rettet Zensus-Daten – klauende Polizisten . In: Legal Tribune Online, 02.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16777/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

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