EuGH zur Klage des Landes Berlin nach NS-Wiedergutmachung: Berliner Gericht nicht für in Israel lebende Erben zuständig

11.04.2013

Eine Klage des Landes Berlin gegen die in Israel lebenden Erben eines NS-Verfolgten kann nicht unter Berufung auf EU-Recht von einem Berliner Gericht entschieden werden. Der EuGH urteilte am Donnerstag in Luxemburg, die EU-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen, welche die bereicherungsrechtliche Klage grundsätzlich erfasse, gelte nur für in der EU lebende Personen.

In dem Verfahren, für das nach dem zuständigen Gericht gesucht wird, geht es um ein Grundstück in Berlin, das ein Berliner 1938 verkaufen musste. Es wurde später von der DDR enteignet, mit anderen Grundstücken zusammengelegt und 1997 schließlich vom Land Berlin und der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam verkauft. Das Land Berlin überwies den gesamten Kaufpreis an zehn Erben des einstigen Eigentümers. Später verklagte es diese Erben auf Rückzahlung von etwa 2,5 Millionen Euro, weil es irrtümlicherweise auch den Kaufpreis für jene Grundstücke, mit denen später zusammengelegt worden war, überwiesen hatte.

Die Erben bestritten die Zuständigkeit deutscher Gerichte, weil vier von ihnen in Israel lebten, zwei andere in Spanien und Großbritannien. Auch die deutschen Gerichte entschieden in zwei Instanzen, ihnen fehle die Zuständigkeit nach EU-Recht: Es gehe nicht um Zivilrecht, sondern um öffentliches Recht.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied nun, die EU-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen (EuGVVO) sei durchaus anwendbar (Urt. v. 11.04.2013, Az. C-645/11), da die Klage des Landes Berlin wegen ungerechtfertigter Bereicherung zivilrechtlicher Natur sei. Welches Gericht für die Klage zuständig ist, müsse der Bundesgerichtshof nach deutschem Recht entscheiden.

Nach Auffassung der höchsten EU-Richter gilt die Verordnung über den Gerichtsstand allerdings nicht für die vier in Israel lebenden Erben. Zwar stellte das Gericht fest, dass gemäß der Verordnung eine enge Beziehung zwischen den Klagen gegen die Beklagten bestehe. Doch die Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten zwischen Personen mit Wohnsitz außerhalb des Hoheitsgebiets der Union sei in der Verordnung ausdrücklich und abschließend dahin gehend geregelt, dass sie sich, mit bestimmten Ausnahmen, in jedem Mitgliedstaat nach dessen nationalen Gesetzen richte.

dpa/age/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zur Klage des Landes Berlin nach NS-Wiedergutmachung: Berliner Gericht nicht für in Israel lebende Erben zuständig . In: Legal Tribune Online, 11.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8507/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen